Fußball-WM Fans über Prämien: "Die Vermarktung des DFB ist für den A..."
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.75.000 Euro würde jede DFB-Spielerin für den WM-Titel bekommen. Bei den Herren 2018 wären es 350.000 gewesen. t-online.de wollte wissen, wie Fans zu diesem Thema stehen.
Die Gruppenphase überstanden, das Achtelfinale gemeistert und das Viertelfinale vor der Brust. Die deutsche Mannschaft kämpft bei der WM in Frankreich um den Titel. Frei nach dem Motto "Allez Maximal" (So weit gehen, wie möglich) soll es klappen mit dem dritten WM-Titel für Deutschland.
Und auch wenn das ausgegebene Ziel "nur" die Olympiateilnahme ist: Das "Maximale" ist der Titel – und der würde den Spielerinnen 75.000 Euro pro Person bringen. Eine hohe Summe, die jedoch deutlich unter der liegt, die die deutschen Männer bei der WM 2018 bekommen hätten (350.000 Euro).
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Ohnehin erhält das Siegerteam der achten Frauenfußball-Weltmeisterschaft mit vier Millionen Dollar (umgerechnet 3,55 Millionen Euro) weniger als elf Prozent des Herrenteams bei der WM 2018. Zum Vergleich: 38 Millionen Dollar schüttete die Fifa an den französischen Verband nach dem Titelgewinn der Franzosen in Russland aus.
Bürgermeister: "Beim Tennis ist das viel besser geregelt"
Ein Umstand, der beispielsweise das Team der im Achtelfinale ausgeschiedenen Australierinnen auf den Plan rief, eine Anhebung der WM-Prämien für das komplette Turnier von derzeit 30 Millionen US-Dollar auf 57 Millionen US-Dollar zu fordern. "Ist das zu viel verlangt?", lautete die zentrale Frage der Australierinnen an die Fifa noch vor Beginn des Turniers.
Doch wie sehen die Fans rund um das Turnier in Frankreich dieses Thema? t-online.de hat sich umgehört, bei Deutschen wie Franzosen.
Und sprach beispielsweise mit Jean-Luc Gaudin. Gaudin ist Bürgermeister des kleinen Örtchens Pont-Pean, in dem die deutsche Mannschaft zu Beginn des Turniers in Frankreichs ihre Trainingseinheiten abhielten. Er findet die Differenz der Prämien nicht in Ordnung: "Diese immensen Unterschiede sind nicht gerechtfertigt. Beim Tennis ist das viel besser geregelt. Ob Männer oder Frauen, beide Geschlechter müssen hart arbeiten, um im Sport erfolgreich zu sein", meint der 62-jährige Franzose.
Hintergrund: Wenn bei einem professionellen Tennisturnier Frauen als auch Männer mitwirken, kassieren beide Geschlechter in der Regel dieselben Prämien.
"Frauenfußball hat nicht den öffentlichen Stellenwert"
Diese Ungleichheit sei aber nicht nur im Sport zu sehen. "Das ist ein gesellschaftliches Problem. Bis Männer und Frauen wirklich gleichberechtigt sind, gibt es noch einiges zu tun."
Auch Grundschullehrerin Elodie, Anfang 40, wohnhaft in Bruz (bei Rennes) sieht das gesellschaftliche Problem. Für sie habe der "Frauenfußball leider nicht den öffentlichen Stellenwert wie der Fußball der Männer. Ich finde das sehr ungerecht."
"Es ist kompliziert. Die Grundhaltung gegenüber dem Frauenfußball muss sich grundsätzlich ändern", sagt die Französin – und nimmt dabei auch Journalisten in die Pflicht. "Medien spielen eine zentrale Rolle. Sie müssen mehr über den Frauenfußball berichten, das würde die Popularität steigern."
Sascha Graf, deutscher Lehrer an einer öffentlichen Schule in Bruz, würde es den Frauen wünschen, genau soviel zu verdienen wie die Männer. "Ich fände es auf jeden Fall gerechtfertigt", sagt der 39-jährige und verweist auf allgemeine Gleichbehandlung. "Persönlich denke ich, dass das der DFB zu entscheiden hat – und dass sie dasselbe bekommen sollten wie die Männer. Aber die deutschen Männer spielen wohl etwas mehr Geld in die Kassen."
Denn: "75.000 Euro machen bei einer Spielerin sicherlich deutlich mehr aus, als beispielsweise bei einem Manuel Neuer. Dann kauft der sich halt noch eine neue Wohnung am Ku'damm. Man muss das schon in Relation setzen."
Und auch er verweist auf die mediale Berichterstattung, insbesondere im Vorlauf des Turniers. "Ich lebe hier in Frankreich, bin mit einer Französin verheiratet und wir verfolgen sowohl die deutsche als auch die französische Seite. Im französischen Fernsehen läuft drei Mal mehr Werbung als im deutschen."
DFB-Fan: "Man muss den Frauen-Fußball mehr pushen"
Ein Aspekt, den auch die 19-jährige Luisa und die 20-jährige Lise bemängeln. Beide sind Fans der deutschen Mannschaft, begleiteten diese schon bei der Europameisterschaft in den Niederlanden 2017.
In Frankreich sahen beide das Spiel der deutschen Mannschaft gegen Spanien in Lille, sowie das Duell mit Südafrika in Montpellier. Und auch zum Achtelfinale gegen Nigeria waren beide wieder mit dabei. Deutsche Fans begegneten ihnen auf ihrer bislang einwöchigen Tour allerdings kaum.
"Natürlich sieht man viele Frankreich-Fans. Aber wir haben auch schon etliche USA- oder Australienfans gesehen. Die sieht man, im Vergleich zu deutschen Anhängern, zuhauf. Und das obwohl Deutschland Nachbarland ist.
Für Luisa ist der Grund schnell gefunden. "Die Vermarktung des DFB ist für den A ... Da muss man sich dann auch nicht wundern, wenn so wenige Fans kommen." Und sie ergänzt: "Man muss den Frauenfußball mehr pushen. Es heißt, die Männer bekommen höhere Prämien, weil sie mehr Gelder generieren. Dann muss der DFB einfach mehr investieren."
Auch Susi, 30, findet die Debatte gerechtfertigt. Zwar sei es logisch, dass die Gehälter in den nationalen Ligen unterschiedlich hoch sind. Allerdings müsse die Prämie angepasst werden, da " der Verband sie ja zahle. Und für die gleiche Leistung, nämlich den WM-Titel, sollte es auch das gleiche Geld geben."
Physiker Jan ist etwas anderer Meinung. Wie hoch die Prämie ist, "hängt auch immer davon ab, wer sich die Spiele anschaut", so der 44-Jährige. "Solange weniger Leute zuschauen, gibt es auch weniger Geld. So ist das heutzutage in unserer Gesellschaft und da habe ich kein Problem mit. Ich finde das richtig so."
Ob es die deutschen Damen ins Halbfinale schaffen und damit voraussichtlich die Olympia-Teilnahme 2020 sichern, entscheidet sich am Samstag im Viertelfinale gegen Schweden. Anpfiff ist um 18.30 Uhr. Das Spiel gibt es im Liveticker auf t-online.de.
- Eigene Beobachtungen und Gespräche vor Ort