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Juventus Turin - FC Bayern: München verschenkt sicheren Sieg


Plötzlich legt Juventus los
Wie die Bayern-Fans das Spiel zum Kippen bringen

Von t-online
Aktualisiert am 24.02.2016Lesedauer: 4 Min.
Die Profis des FC Bayern sind mit dem Remis in Turin offensichtlich nicht zufrieden.Vergrößern des Bildes
Die Profis des FC Bayern sind mit dem Remis in Turin offensichtlich nicht zufrieden. (Quelle: Ulmer/imago-images-bilder)
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Aus Turin berichtet Thomas Tamberg

Ein kleiner Klaps, ein kurzes Ciao und dann trennten sich wieder ihre Wege bis zum Rückspiel am 16. März. So verabschiedete sich Mario Mandzukic von Thomas Müller, während dieser in der Mixed Zone den Journalisten noch Rede und Antwort stand. Wenige Minuten zuvor hatten Juventus Turin und der FC Bayern im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League 2:2 (0:1) gespielt.

Müller warf seinem Ex-Kollegen noch ein gequältes Lächeln hinterher und seufzte leicht: "Ein guter Typ", dieser Mandzukic, "aber auch ein intensiver Gegenspieler". Intensiv waren vor allem die letzten 30 Minuten des Spiels, in denen die Münchner einen bereits sicher geglaubten Sieg noch hergeschenkt hatten. Und so wusste am Ende des Tages niemand so genau, wie er diese Nacht in Turin einordnen sollte.

Neuer: "Mulmiges Gefühl"

Es bleibe ein "mulmiges Gefühl", sagte Torhüter Manuel Neuer, "weil man gedacht hat, hier kann man mit einem perfekten Ergebnis nach Hause fahren." Das sei bitter und deshalb überwiege die Enttäuschung.

Karl-Heinz Rummenigge indes sprach auf dem nächtlichen Bankett der Mannschaft Mut zu. "Wir sollten nicht den Fehler machen und mit diesem Ergebnis hadern, auch wenn wir zwischenzeitlich 2:0 geführt haben", sagte der Vorstandsvorsitzende der Münchner. "Das ist ein sehr, sehr gutes Ergebnis, das uns die Tür für die Qualifikation zum Viertelfinale sehr weit offen hält."

Selten kann man ein Spiel so klar in zwei Abschnitte unterteilen wie dieses Duell der beiden Traditionsklubs. Teil eins ging bis zur 60. Minute. Bis dahin boten die Bayern ein überragendes Spiel, in dem sie Juventus nicht den Hauch einer Chance ließen. David Alaba und Joshua Kimmich bildeten das Innenverteidiger-Pärchen. Arturo Vidal ließ sich als Sechser immer wieder tief zwischen die beiden Abwehrspieler fallen. Dieses Trio erstickte die wenigen Offensivaktionen des Gegners bereits an der Mittellinie. Vorne wirbelten die üblichen Verdächtigen.

Müller und Lewandowski lassen Führung zunächst liegen

Der FC Bayern konnte sich sogar den Luxus erlauben, eine hundertprozentige Torchance liegen zu lassen. Zwei Meter vor dem leeren Tor passte Robert Lewandowski noch einmal quer zu Müller. Doch der Bewegungsablauf des Weltmeisters und das Timing des Kurzpasses stimmten nicht überein.

"Ich dachte natürlich jetzt scheppert’s", kommentierte Müller die Szene. "Aber der Ball kam schräg nach hinten in meinen Rücken. Dann habe ich ihn nicht mehr aufs Tor gebracht. Aber ich hatte auch nicht das Gefühl, dass ich etwas anders hätte machen können. Daher habe ich mich auch nicht geärgert."

Bayern bringen Hexenkessel zum Schweigen

Teamkollege Philipp Lahm schätzt diese Einstellung Müllers. "Er beschäftigt sich nicht mit solchen Situationen und versucht den nächsten wieder reinzumachen. Das ist eine sehr große Stärke von ihm", sagte der Mannschaftskapitän. Müller erzielte dann folgerichtig mit seiner nächsten Chance die Pausenführung (43. Minute). Arjen Robben setzte mit dem 2:0 noch einen drauf (55.). Und auf den Rängen machte sich Resignation breit. Die Bayern hatten den Hexenkessel tatsächlich zum Schweigen gebracht.

"Wir haben Juventus genau so erwartet, wie sie gespielt haben. Unsere Schablone darauf hat sehr gut gepasst. Vor allem in den ersten 60 Minuten", sagte Lahm nach seinem 100. Champions-League-Einsatz. Fast allen Juve-Spielern erging es wie Sami Khedira. Der Mittelfeldspieler kam so gut wie in keinen Zweikampf und rannte bis zur seiner Auswechslung fast nur dem Ball hinterher.

Juve schaltet in den rustikalen Modus

Doch als alles so schön lief, die Elf von Trainer Pep Guardiola sich den Ball nach Belieben hin- und herschob, fingen die Bayern-Fans an, übermütig zu werden und begleiteten jeden Ballbesitz mit einem lauten Olé. Das war exakt in der 60. Minute. Erst die Demütigung auf dem Rasen, dann von den Rängen. Das wollte sich die stolze alte Dame dann doch nicht gefallen lassen. Und Juventus schaltete plötzlich in den rustikalen Kampf-Modus und ließ Qualitäten aufblitzen, die in der Stunde zuvor vermisst worden waren.

"Plötzlich kam Hektik im Stadion auf, die Stimmung wurde intensiver", beschrieb Neuer später diesen Moment. Die Nickligkeiten nahmen zu, es wurde giftiger. Vor allem Mandzukic setzte immer wieder Zeichen. Paulo Dybala (63.) verkürzte auf 1:2. Als Stefano Sturaro (76.) wenig später das 2:2 erzielte, war Juventus plötzlich dem Sieg näher als die Bayern.

Kimmich als tragische Figur

Besonders bitter: An beiden Treffern trug Kimmich eine Mitschuld. Beim ersten Tor leistete er sich einen Stoppfehler, beim zweiten Gegentreffer kam er um eine Haaresbreite zu spät. Dabei hatte der 20-Jährige bis dato eine bärenstarke Partie abgeliefert. Auf der ungewohnten Innenverteidigerposition glänzte er mit tollem Stellungsspiel, gutem Auge und überraschend vielen gewonnenen Kopfballduellen gegen Mandzukic. Der Neuzugang vom VfB Stuttgart musste an diesem Abend zwar Lehrgeld bezahlen, aber die Bayern-Verantwortlichen dürften sich bestätigt fühlen, welch großes Talent Kimmich ist.

Innerhalb kürzester Zeit verloren die Bayern die Ordnung. Einerseits sendeten sie ein Zeichen an Europa, dass sie in dieser Saison die Fähigkeit haben, Großes zu leisten. Andererseits zeigten sie aber auch, dass sie verwundbar sind.

"Das wird ein heißer Tanz in München"

"Eine gute Leistung mit einem ärgerlichen Ergebnis. Es wäre aber auch komisch gewesen, wenn wir Juve im eigenen Stadion 90 Minuten an die Wand gespielt hätten“, zog Müller auf seine Art wieder einmal ein treffendes Fazit. "Wenn man 2:0 vorne ist, fühlt es sich nicht gut an 2:2 zu spielen", musste aber auch der Torjäger zugeben, um dann aber gleich wieder nach vorne zu blicken. "Das wird ein heißer Tanz in München."

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