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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Das unschlagbare Real Madrid Eine Urgewalt schockt die Bayern
Während der FC Bayern mit der Schiedsrichterleistung hadert, jubelt Real Madrid über eine erneute Finalteilnahme. Auch nach der Ära mit Benzema bleibt der stolze Klub eine Urgewalt im europäischen Fußball.
Von Minute eins an im Rückspiel des Champions-League-Halbfinals gegen die Bayern war Real Madrid das dominante Team. Vor den Augen des feurigen Heimpublikums im Estadio Santiago Bernabéu sah das Kräfteverhältnis zwischen Madrid und den Bayern komplett anders aus als noch im Hinspiel, als der deutsche Rekordmeister über weite Phasen der Partie mehr Spielanteile für sich beanspruchen konnte.
6. Runde
Dienstag, 10.12.
Doch das 2:2 in der Allianz Arena, welches auch aufgrund zweier Fehler von Bayerns Innenverteidiger Kim Min-Jae zustande kam, war eher ein Erfolg für Real Madrid. Für das Rückspiel hatte sich Cheftrainer Carlo Ancelotti, der sich in den Jahren 2016 und 2017 die Zähne am Trainerjob bei den Bayern ausbiss, kleinere taktische Kniffe überlegt. Wobei nichts davon überraschend kam.
Madrid bespielte vorrangig die linke Seite, wie man es eigentlich schon jahrelang tut. Einst kurbelte Toni Kroos zusammen mit Linksverteidiger Marcelo im Rücken von Cristiano Ronaldo das Spiel über links an. Ein paar Jahre später waren es Luka Modrić und Karim Benzema. Mittlerweile kommen Jude Bellingham und Vinícius Júnior über die linke Außenbahn. Die Namen haben sich verändert, die individuelle Qualität ist weiterhin enorm hoch.
Instinktives Zusammenspiel zwischen den Brasilianern
Generell lebt Real Madrid wie schon in der ersten Amtszeit von Carlo Ancelotti sowie anschließend unter der Leitung seines vormaligen Assistenten Zinédine Zidane von der individuellen Klasse des Kaders. In der Offensive etwa gibt es zumeist keine klar vorgezeichneten taktischen Schemen. Stattdessen finden besonders die beiden brasilianischen Angreifer Vinícius und Rodrygo instinktiv ins Zusammenspiel.
Angekurbelt wird der Spielaufbau weiterhin von Kroos, welcher eine recht ähnliche Rolle für die deutsche Nationalmannschaft während der EM im Sommer ausfüllen soll. Viele Jahre agierten Kroos und Modrić zusammen im zentralen Mittelfeld, oftmals unterstützt vom defensivstarken Casemiro. In diesen Tagen ist es in der Regel Kroos, der in der Startelf steht und dort zunächst an der Seite eines physisch starken Sechsers wie Aurélien Tchouaméni aufläuft, während Modrić für die Schlussphase reinkommt. Beide Routiniers können aus den Halbräumen immer noch das Spiel mit ihren gut gewichteten Pässen gestalten. Kroos hat gegenüber Modrić den Vorteil, dass er im Gegenpressing mehr Durchschlagskraft mitbringt. Das bekamen auch die Offensivspieler der Bayern bei Konterversuchen zu spüren, als Kroos des Öfteren in den Laufweg hineinging und einen Angreifer ausbremste.
Eine banale Erfolgsformel
Interessanterweise läuft der Erfolg Ancelottis ein Stück den Trends im europäischen Spitzenfußball zuwider. Der 64-jährige Italiener, der bereits in den Nullerjahren eine Erfolgsära bei der AC Milan prägte, lässt kein ausgeklügeltes Pressing spielen und er gestaltet auch den Spielaufbau seines Teams nicht explizit unvorhersehbar. Für gewöhnlich weiß jeder Gegner, was von Madrid zu erwarten ist. Aber die Ansammlung von Ausnahmekönnern macht es trotzdem für jedes Team, inklusive Manchester City und Bayern München, die in dieser Champions-League-Saison von Madrid eliminiert wurden, schwer, die richtigen Gegenmittel zu finden.
Kroos neutralisierte zusammen mit Tchouaméni das Mittelfeldzentrum der Bayern, während bei eigenem Ballbesitz das Spielgerät regelmäßig zu Vinícius ging, damit dieser Eins-gegen-Eins-Situationen suchen konnte. Es wirkt fast zu banal, um erfolgreich zu sein. Aber Madrids Credo unter Präsident Florentino Pérez lautet schon seit Jahrzehnten, die besten Spieler der Welt zu versammeln und mit einem Starensemble den Trophäenschrank zu füllen. In manchen Jahren gelang das nicht, aber Pragmatiker Ancelotti ist wohl der perfekte Trainer für einen Weltklub wie Real Madrid, der wie kein anderer für fußballerische Simplizität steht.
- Eine Beobachtung und Analyse des Spiels