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Effenberg über Kimmich: Vereine dürfen keine ungeimpften Spieler mehr kaufen


Meinung
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Kimmichs Zukunft
Die Konsequenzen sind extrem

  • Florian Wichert
MeinungEine Kolumne von Stefan Effenberg

Aktualisiert am 17.12.2021Lesedauer: 6 Min.
Joshua Kimmich stand zuletzt am 6. November gegen Freiburg (2:1) auf dem Platz, verpasste seitdem fünf Bundesliga- und zwei Champions-League-Spiele. Stefan Effenberg traut ihm dennoch zu, den Rückstand und auch den Imageverlust aus den vergangenen Wochen wieder aufzuholen.Vergrößern des Bildes
Joshua Kimmich stand zuletzt am 6. November gegen Freiburg (2:1) auf dem Platz, verpasste seitdem fünf Bundesliga- und zwei Champions-League-Spiele. Stefan Effenberg traut ihm dennoch zu, den Rückstand und auch den Imageverlust aus den vergangenen Wochen wieder aufzuholen. (Quelle: imago-images-bilder)

Kimmich hat seine Impfverweigerung teuer bezahlt. Es gibt allerdings ein noch viel schlimmeres Szenario, das ihm hoffentlich erspart bleibt.

Der FC Bayern ist zum 25. Mal Herbstmeister. Mal wieder vorzeitig. In diesem Fall vor dem letzten Hinrundenspiel heute gegen den VfL Wolfsburg (ab 20.30 Uhr im Liveticker bei t-online sowie hier im Free-TV). Das bedeutet: nichts Neues. Aber es bedeutet auch nichts Gutes. Zumindest für die Bundesliga insgesamt.

Die Hoffnung war groß

Ich lege mich fest: Die deutsche Meisterschaft ist damit entschieden, die Spannung zumindest in dieser Hinsicht raus.

Schade, denn die Hoffnung war vor dieser Saison und damit noch im August groß. Dass Dortmund mit Marco Rose und Erling Haaland ein echter Konkurrent ist. Dass RB Leipzig mit dem selbsternannten "besten Kader aller Zeiten" durchstartet. Dass Borussia Mönchengladbach mit Adi-Hütter-Fußball mal um die Meisterschaft mitspielen kann.

Nur vier Monate später schauen diese Klubs der Realität ins Auge, teilweise einer sehr bitteren.

Der Grund für die Langeweile

Das beste Beispiel ist Leipzig. Vergangene Saison marschierte RB bis ins Pokalfinale, ins Achtelfinale der Champions League und wurde Vizemeister hinter Bayern. Heute hat dieser Vizemeister ungefähr die Hälfte der Punkte von Bayern, liegt auf Platz neun in der Bundesliga und ist in der Champions League schon raus. RB hat bereits einen Trainerwechsel hinter sich und durchlebt eine tiefe Krise.

Der wahre Grund, warum diese Vereine allesamt nach zwei, drei erfolgreichen Jahren abreißen lassen müssen, ist einfach und liegt auf der Hand: Diese Klubs können ihre besten Spieler nicht halten. Der FC Bayern schon.

Leipzig hat vor der Saison Abwehrchef Dayot Upamecano, Kapitän Marcel Sabitzer und sogar Trainer Julian Nagelsmann an Bayern verloren. Im kommenden Jahr wird Christopher Nkunku nicht zu halten sein. Dortmund wird in den kommenden ein, zwei Jahren mit Haaland und Toptalent Jude Bellingham die derzeit besten Spieler verlieren.

Nur zwei Dinge können die Übermacht brechen

Der FC Bayern dagegen hat die Verträge mit Leon Goretzka und Joshua Kimmich verlängert. In Kürze wird sicherlich auch Serge Gnabry unterschreiben. Weitere Topspieler werden folgen.

Die Kluft zwischen Bayern und den Verfolgern ist riesig. Fakt ist aber auch, dass sie nach dem Aus von Dortmund und Leipzig in der Champions League aufgrund der unterschiedlichen Einnahmen noch größer wird. Man darf dabei nicht vergessen, dass Bayern nicht vom lieben Gott mit Geld zugeschüttet wird, sondern sich das Geld mit Leistung verdient.

Nur zwei Entwicklungen können aus meiner Sicht die Übermacht der Bayern beenden.

Lewandowski kann mit 40 noch spielen

Erstens: ein neuer Bundesliga-Modus mit Playoffs (Lesen Sie hier alles zu dem revolutionären Vorschlag von Stefan Effenberg).

Zweitens: ein Abschied oder Karriereende von Manuel Neuer, Thomas Müller und Robert Lewandowski. Solange dieses Trio das Bayern-Trikot trägt und mit Joshua Kimmich und Leon Goretzka eine Achse bildet, wird es keinen anderen Meister geben als Bayern.

Bleibt die Frage: Wie realistisch ist das jeweils?

Punkt eins? Ist leider weiterhin nicht zu erwarten. Und Punkt zwei hat der FC Bayern selbst in der Hand. Stand heute enden die Verträge der drei Spieler 2023. Logisch wäre es, jetzt mit allen drei zu verlängern. Bei Lewandowski würde ich mittlerweile sogar davon ausgehen, dass er mit 40 noch spielen kann, ähnlich wie Zlatan Ibrahimovic. Immerhin ist er mindestens genauso fit, wie es Ibrahimovic in dem Alter war – und in seiner Karriere weitgehend verletzungsfrei geblieben.

"Respekt" ist nicht das richtige Wort

Deshalb hat Karl-Heinz Rummenigge als ehemaliger Vorstandsvorsitzender zuletzt auch durchblicken lassen, was er vermutet: "Der FC Bayern wird sich nicht um Haaland bemühen. Nicht nur aus finanziellen Gründen, sondern einfach aus Respekt und Anerkennung gegenüber Robert Lewandowski."

"Respekt" ist nicht unbedingt das richtige Wort und auch nicht das korrekte Motiv. Ich teile aber inhaltlich die Ansicht, dass der FC Bayern mit Lewandowski planen sollte – und Haaland im Kader dementsprechend überhaupt keinen Sinn ergeben würde.

Noch viele Jahre mit Neuer, Müller und Lewandowski? Das wäre schlecht für die Spannung im Titelkampf der Bundesliga – aber gut für den FC Bayern.

Bloß keine Riesensummen für neue Spieler ausgeben

Zumal dieser sein Geld damit gut anlegen und einen Fehler nicht noch mal begehen würde. Und zwar den, für 40 bis 80 Millionen Euro einen Spieler zu holen, der möglicherweise die hohen Erwartungen dann nicht erfüllen kann.

Corentin Tolisso (40 Mio.) und Lucas Hernández (80 Mio.) sind sicher feine Fußballer – aber ob sie ihre Ablösesummen wirklich wert sind, ist gerade aus heutiger Sicht diskutabel. Besonders in Anbetracht der Erfahrungen während der Pandemie in den vergangenen beiden Jahren.

Da ist das Geld in gut dotierten, aber wohlüberlegten Langzeitverträgen von Spielern, bei denen man weiß, was sie leisten werden, besser aufgehoben. Neben Neuer, Müller und Lewandowski gilt das natürlich in erster Linie für Serge Gnabry, dessen Vertrag ebenfalls 2023 endet. Der Nationalspieler ist zuletzt mit verschiedenen internationalen Topklubs in Verbindung gebracht worden, beispielsweise mit Real Madrid.

Gnabry kann in drei Jahren immer noch gehen

Bayern-Trainer Julian Nagelsmann sagte in dieser Woche und nach dem Gala-Auftritt Gnabrys gegen den VfB Stuttgart (5:0) allerdings: "Ich würde mir nichts sehnlicher wünschen, als dass er verlängert." Er schätze ihn "als Menschen unglaublich und als Spieler sowieso".

Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass solche Worte eine große Bedeutung für einen Spieler haben und eine Entscheidung über die Zukunft sehr wohl beeinflussen. Ich erinnere mich an lobende Worte von Ottmar Hitzfeld in meiner Zeit beim FC Bayern. Das gibt einem das Gefühl, bei dem Verein und dem Trainer genau richtig aufgehoben zu sein und eben nicht wechseln zu müssen.

Um das klar zu sagen: Ich bin überzeugt davon, dass eine Vertragsverlängerung genau das Richtige für Gnabry ist. Wenn er noch mal wechseln möchte, kann er das in drei Jahren und mit dann 29 immer noch tun, so wie David Alaba im vergangenen Sommer.

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Kimmich? Tut mir persönlich leid

Bis dahin kann er an der Seite von Goretzka und Kimmich nach 2020 einen weiteren Champions-League-Titel mit Bayern anstreben. Zumindest wenn Kimmich nun wirklich auf dem Wege der Besserung ist und im neuen Jahr wieder angreifen kann. Ich wünsche ihm, dass es so kommt, nachdem er mit Lungeninfiltrationen in Folge seiner Corona-Infektion bis Jahresende ausfällt.

Joshua Kimmich. Er hat in einem ZDF-Interview vor wenigen Tagen zum ersten Mal ausführlich Stellung genommen zu seiner Impfverweigerung, der Quarantäne, der Infektion und den Folgen. Ein bemerkenswerter Auftritt.

Mir tut es persönlich leid für Kimmich, dass es so gekommen ist, dass er sich infiziert hat. Natürlich ist das auch eine Mahnung an ungeimpfte Spieler, sich nun dringend doch noch impfen zu lassen. Ich würde sogar noch weiter gehen: Vereine dürfen mit diesen Erkenntnissen keine ungeimpften Spieler mehr unter Vertrag nehmen.

Es gibt ein warnendes Beispiel

Der Fall Kimmich hat einfach gezeigt, welches Risiko damit verbunden ist. Selbst wenn er nun zum neuen Jahr zurückkommt, hat er viel Zeit verloren. Viel dramatischer wird es natürlich, wenn es weitere Komplikationen bei der Genesung gibt – und er noch länger braucht.

Ein warnendes Beispiel ist der mehrfache Weltmeister im Ringen, Frank Stäbler. Der infizierte sich im Herbst 2020 mit Corona, verlor zwischenzeitlich 20 Prozent seiner Leistungsfähigkeit und kämpfte monatelang um seinen Olympiatraum sowie seine Karriere. Stäbler arbeitete sogar mit einem Atemtrainer, um wieder möglichst nah an sein ursprüngliches Leistungsvermögen zu kommen – und prophezeit Kimmich nun einen steinigen Weg (Stäblers Aussagen gegenüber t-online finden Sie hier).

Ich habe immer gesagt: Jeder soll das Recht haben, seine eigene Entscheidung in Bezug auf eine Impfung zu fällen – dann aber auch mit den Konsequenzen leben. In so einem Fall sind die natürlich dramatisch. Sie können das Karriereende für einen Sportler bedeuten. Und für einen Verein entsprechend brutale Verluste. Kimmich beispielsweise hat einen Marktwert von 90 Millionen Euro. Wenn er seine Karriere beenden muss, sinkt der auf 0. Und leidtragend ist auch der FC Bayern, dessen Kapital verbrannt ist.

Leistung ist wichtiger als Vorbildfunktion

Das alles wird Kimmich und Bayern hoffentlich erspart bleiben. Im Gegensatz zum Imageverlust. Den hat Kimmich in jedem Fall erlitten. Und der wirft die Frage auf, ob er sich davon wieder erholt. Schließlich galt Kimmich für Fußball-Deutschland und auch mich immer als künftiger Kapitän der Nationalmannschaft und des FC Bayern (Sehen Sie hier die hitzige Diskussion im Zweikampf-der-Woche-Video).

Meine Meinung dazu ist, dass Kimmich sich in diese Lage gebracht hat – sich aber auch selbst wieder daraus befreien wird. Und das wünsche ich ihm auch. Zeit und Leistung – das sind die beiden Faktoren, die Kimmich helfen werden.

Und wenn Kimmich Leistung bringt, kann er weiterhin Kapitän werden. Das ist sicher auch wichtiger als die Vorbildfunktion. Ich werde mich hier nicht zum Oberlehrer aufschwingen, der auf der Vorbildrolle eines Kapitäns herumreitet.

Ich habe selbst nicht immer alles richtig gemacht und war nicht in jeder Situation ein gutes Vorbild. Aber wäre ich kein guter Kapitän gewesen, hätten wir 2001 nicht die Champions League gewonnen.

Transparenzhinweis
  • Stefan Effenberg ist Botschafter des FC Bayern München und sagt dazu: „Ich repräsentiere den FC Bayern, insbesondere im Ausland. Mein Engagement hat keinen Einfluss auf meine Kolumnen bei t-online. Hier setze ich mich weiterhin kritisch und unabhängig mit dem Fußball auseinander — auch und insbesondere mit dem FC Bayern.“
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