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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Bayern-Neuzugang kämpft gegen Image "Der FC Bayern ist die letzte Chance von Leroy Sané"
Leroy Sané ist der Top-Transfer des FC Bayern und der Hoffnungsträger der deutschen Nationalmannschaft – und kämpft dabei gegen ein Vorurteil an. t-online hat mit Weggefährten gesprochen.
Es war ein spektakulärer Anblick, als Leroy Sané im März 2019 in einer Graffiti-Jacke aus Lammfell am Hotel der Nationalmannschaft in Wolfsburg eintraf. Kosten plus Louis-Vuitton-Rucksack und Luxus-Sneaker: 25.000 Euro.
Top-Transfer des FC Bayern und neuer Superstar der Bundesliga
Kein Zweifel: Das extravagante Auftreten gehört zum 24-Jährigen. Doch jetzt, knapp anderhalb Jahre später, will er augenscheinlich das sein, was viele eigentlich in ihm sehen: Deutschlands größtes Fußball-Versprechen – und mit dem Wechsel zum FC Bayern München soll das klappen. Dazu muss er auch endlich ein Vorurteil entkräften – das ihm seit Jahren anhängt und von dem er sich immer weiter entfernt: Das Image des selbstverliebten "Bling-Bling"-Profis.
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"Der FC Bayern ist die letzte Chance von Leroy Sané, zu zeigen, dass er Weltklasse ist", erklärt Sky-Experte Dietmar Hamann t-online vor dem Bundesliga-Auftakt des deutschen Rekordmeisters gegen Sanés Ex-Arbeitgeber Schalke 04 (Freitag, 20.30 Uhr im Live-Ticker bei t-online). Der gebürtige Münchner Hamann (143 Pflichtspiele für die Bayern) kennt die Erwartungshaltung im FCB-Kosmos. So macht die Sorge die Runde, beim FC Bayern könnte sich nach dem Triple ein Sättigungsgefühl einstellen – ob da Sané dann hineinpasst?
"Er ist kein extrovertierter Typ"
Ist er mit der Aufgabe überfordert? Sané habe im für ihn schwierigen letzten Jahr einen riesigen Entwicklungsschritt gemacht, heißt es in der Branche: Zurück zu sich selbst. Sein Kreuzbandriss habe ihn reflektierter gemacht.
Ein alter Weggefährte kann das "Bling-Bling"-Vorurteil ohnehin nicht nachvollziehen: "Er ist kein extrovertierter Typ", sagt Aytekin Samast, früher Sanés Trainer in der U9 und U10 der SG Wattenscheid 09, zu t-online. "Ich habe ihn im Fernsehen gesehen, wie er mit den Bayern beim Italiener war. Der Leroy hat gelacht, und ich wusste, was er sich gedacht hat: Dass dat alles so kitschig ist. Ich kann mir das richtig gut vorstellen, wie er gesagt hat: 'Mensch, wat is' denn hier los?' Das ist nicht Seins. Leroy ist ein lockerer Typ. Aber gut, er ist bei Bayern und muss da mitgehen."
Die Rede ist vom 3. Juli, als besagte Bayern mit ihrem Top-Transfer ins Restaurant "Guido al Duomo" an die Münchner Frauenkirche gingen. Dinieren in Sichtweite der neuen FC-Bayern-Erlebniswelt, als wollte der Bundesliga-Riese seiner Stadt zeigen: Da ist er!
Kleine Tochter ist für den FC-Bayern-Star das Ein und Alles
Er kommt nicht alleine. Die Geburt seiner Tochter Rio Stella habe ihn ernster gemacht, wird erzählt. Das zwei Jahre junge Töchterchen aus der Beziehung mit dem US-amerikanischen Model Candice Brook (33 Jahre) gilt als sein Ein und Alles. Zudem ist Sané Anfang August noch einmal Vater eines Jungen geworden. Sein Instagram-Account dokumentiert diesen Eindruck.
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"Sané war ein Sonnyboy, ist dann aber Vater geworden. Das trägt zum Reifeprozess bei", erklärte Rekordnationalspieler und Sky-Experte Lothar Matthäus im Interview mit t-online. Ein "Sonnyboy" war er schon als Bub, samt typischem Lockenkopf. "Er war sehr fit, vom Körperbau her weiter als die Gleichaltrigen, auch vom Spielerischen her, wie er Fußball denkt. Er konnte Spielsituationen schon vor einem Abspiel vorausahnen", erinnert sich Samast. "Ich habe immer gesagt, dass er ein ganz Großer wird."
Angstgegner von Borussia Dortmund und Schalke
Laut Samast war der Nationalspieler "schon als Junge ein Führungsspieler durch sein Können und sein Auftreten. Für die gleichaltrigen Spieler der großen Vereine, Schalke, Borussia Dortmund oder Bochum, war er ein regelrechter Angstgegner", sagt er. "Die wussten: Bei Wattenscheid ist einer, auf den müssen wir aufpassen. Gegenüber den Mitspielern war er dagegen immer hilfsbereit und hat Späße mit ihnen gemacht."
Auch Dennis Aogo bestätigt die Eindrücke. "Er ist ein total netter, höfflicher, beinahe schüchterner Junge", sagt der frühere Nationalspieler zu t-online. Aogo war zwischen 2015 und 2016 Sanes Teamkollege bei Schalke, ehe sich Sané Manchester City anschloss. "Ich glaube, dass er immer ein bisschen anders wahrgenommen wird, als er eigentlich ist. Wegen seiner lockeren Gangart, seiner Ausstrahlung, seiner Attitude", sagt der Sky-Experte. In der Kabine sei das ähnlich gewesen: "Er ist locker, macht Witze. Er ist keiner, der arrogant ist oder denkt, dass er der Beste ist. Er war auch außerhalb des Trainings sehr fleißig. Deshalb passt er von seiner Mentalität nach Bayern."
Joachim Löw sortierte ihn im DFB-Team aus
Bis heute ist nicht überliefert, warum Bundestrainer Joachim Löw bei der katastrophalen WM 2018 auf ihn verzichtete. Es hieß, Sané habe seine Ziele aus den Augen verloren.
Typisch? Sein Jugendtrainer Norbert Elgert schrieb in seiner Biografie ("Gib alles – nur nie auf!"): "Leroy ist ein gutaussehender Bursche, der schon damals sehr viel Wert auf sein äußeres Erscheinungsbild legte. Eines Tages schnappte ich ihn mir und forderte ihn auf: Was willst Du wirklich werden? Willst Du Mitglied einer Boygroup sein? Oder Schauspieler? Oder Model? Oder vielleicht doch Fußballprofi?"
Exemplarisch: Einmal verschlief der Ausnahmekönner eine Busabfahrt der Schalker A-Jugend. Seine Mutter Regina Weber, Olympia-Medaillengewinnerin in Rhythmischer Sportgymnastik (1984 in Los Angeles, d. Red.), musste ihn hinterherfahren.
Spott für sein Rücken-Tattoo
Beim folgenden Turnier in Schwäbisch Hall verdonnerte ihn Elgert dann zum Zeugwart. "Bei mir hatte Norbert Elgert erkannt, dass er nicht unbedingt die feinfühligste Art an den Tag legen musste, sondern dass der eine oder andere Tritt in den Hintern helfen würde", schrieb Sané im Grußwort der Biografie. Für Wirbel sorgte der Essener dann wieder im Sommer 2017, als er für den Confed Cup absagte. Sané nutzte die Zeit lieber für eine Nasen-OP und dafür, sich ein riesiges Tattoo auf den Rücken stechen zu lassen.
Pikant: Das Kunstwerk zeigt ihn beim Jubeln, was ihm Spott einbrachte. So schrieb Ex-ManCity-Kollege Raheem Sterling bei Social Media: "Was für ein beschissenes Tattoo. Ich bin Leroy Sané und ich bin in mich selbst verliebt." In Manchester lief nicht alles glatt. So kritisierte ihn Trainer Pep Guardiola auch schon mal wegen lustloser Trainingseinheiten. Jetzt will er es offensichtlich allen beweisen.
Dass er es kann, scheint außer Frage. "Sportlich ist er der Mann für den besonderen Moment", sagt Aogo: "Ich bin gespannt, wie er nach seiner Kreuzbandverletzung bei Bayern einschlagen wird und, ob er die Erwartungen nach solch einer schweren Verletzung erfüllen kann."
Klar ist: Leroy Sané muss beim FC Bayern zeigen, dass er wirklich Deutschlands größtes Fußball-Versprechen ist – und kein "Bling-Bling"-Profi.
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- Instagram: Leroy Sané