Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.
Hertha BSC Der größte Bayern-Konkurrent wird eine Überraschung
Neue Stars, früher Trainingsstart: Hertha bläst zur Attacke. Aber kann der Hauptstadtklub wirklich in absehbarer Zeit Bayern-Konkurrent werden? | Der Zweikampf der Woche mit Robert Hiersemann und Florian Wichert.
Ein Schweizer Nationalspieler vom FC Arsenal und zwei deutsche Weltmeister von Paris Saint-Germain und Borussia Dortmund: Hertha BSC spielt unter Trainer Jürgen Klinsmann auf einmal in einer anderen Liga - zumindest in punkto Transferspekulationen. Granit Xhaka hat nach Berater-Angaben längst bei den Bossen des FC Arsenal um die Freigabe für einen Wechsel zum Berliner Bundesligisten gebeten, daneben gelten auch Mario Götze und Julian Draxler als mögliche Hertha-Zugänge.
Was vor wenigen Monaten noch utopisch klang, ist plötzlich ganz normal. t-online.de-Kolumnist Stefan Effenberg: "Trainer Jürgen Klinsmann steht für Veränderung und Aufbruch. Und die Berliner haben dank Investor Lars Windhorst mittlerweile auch die finanziellen Möglichkeiten, um große Namen zu locken." Effenberg kann sich Götze und Draxler sehr gut in der Hauptstadt vorstellen: "Für die beiden wäre es womöglich genau das Richtige, bei Hertha einen völligen Neustart zu wagen – und damit auch in ganz andere Rollen zu schlüpfen, vielleicht als Führungsspieler."
Gerade Klinsmann macht Druck. Als erster Klub startete Hertha schon am gestrigen Sonntag in die Rückrundenvorbereitung. Die Ziele? Extrem hoch. "Dieses Jahr ist mit Sicherheit das Allerwichtigste: Weg vom Abstiegsbereich. Im darauffolgenden Jahr müssen wir angreifen Richtung Europa, das ist einfach jetzt die Zielvorgabe, die ist relativ klar. Und dann hoffe ich, dass wir in drei bis fünf Jahren wirklich um einen Titel mitspielen", so Klinsmann in einem Videochat mit Hertha-Fans. Was zu der Frage führt:
Wird Hertha in absehbarer Zeit Titel-Kandidat und somit Bayern-Konkurrent sein?
Ja, denn Hertha plant schon längst den Großangriff
Bis vor ein paar Wochen traute Hertha BSC trotz des Einstiegs von Investor Lars Windhorst sportlich keiner etwas zu. Doch nun wird immer deutlicher, wo der Weg des Hauptstadtklubs zukünftig hinführt – nämlich in die Spitzengruppe der Bundesliga.
Zum einen hat die Hertha mit Jürgen Klinsmann einen deutschen Fußballhelden als Cheftrainer verpflichtet, der nicht nur charismatisch und intelligent ist, sondern auch extrem ehrgeizig. Solch ein Mann tut sich kein Projekt "Big City Club" an, wenn er nicht daran glaubt.
Zum anderen verfügt der Verein durch den Windhorst-Einstieg über viel Geld. Und wenn ein Bundesligateam in der sonst so mauen Wintertransferphase über Verpflichtungen von Granit Xhaka, Julian Draxler und Mario Götze nachdenkt, ist das ein Zeichen für den sportlichen Großangriff – und damit auch auf die Bayern.
Nun muss man es als Verein noch schaffen, Euphorie in der Stadt zu entfachen. Die Verantwortlichen müssen sich die Frage stellen: Weshalb sollten sich die Berliner künftig für Hertha entscheiden? Die Antwort kann nur der sportliche Erfolg sein. Denn Champions-League-Partien und spannende Spiele gegen Bayern will jeder Fußballfan sehen. Hertha ist auf einem guten Weg.
Nein, Hertha fehlen Knowhow und Stars
Wenn es Jürgen Klinsmann an etwas nicht mangelt, dann sind das Visionen. 2006 wollte er mit Deutschland Weltmeister werden, 2008 mit dem FC Bayern eine titelreiche Ära einleiten und "jeden Spieler besser machen", 2011 kündigte er eine Fußball-Revolution an, die aus den USA eine Weltmacht machen werde. Erreicht hat er davon: nichts. Nun will Klinsmann in "drei bis fünf Jahren" mit Hertha BSC um Titel mitspielen. Raten Sie mal, was daraus wird? Genau. Wieder nichts.
Ein Trainer mit Flausen im Kopf, ein zweifelhafter Investor Windhorst, der sowohl privat als auch mit seiner Unternehmensgruppe 2003 schon mal Insolvenz anmelden musste sowie ein durchschnittlicher Manager Preetz – in dieser Konstellation will der Hauptstadtklub spätestens nächste Saison nach Europa und dann ganz oben angreifen. Selten hat der Begriff Utopie besser gepasst als hier.
Allein der Kader ist qualitativ weiter von der Bundesliga-Spitze weg als Ersatztorwart Kraft von der Nationalmannschaft. Da werden auch Transfers von Xhaka, Götze UND Draxler noch lange nicht ausreichen. Will Hertha wirklich an die Spitze, braucht es Geduld – und Knowhow von jemandem wie Ralf Rangnick. Der weiß, wie man einen Verein mit Geld dorthin bringt, wo Hertha hin will.
Wer hat Recht?
Im "Zweikampf der Woche" kommentieren wöchentlich Florian Wichert (Stellvertretender Chefredakteur bei t-online.de) und Robert Hiersemann (Head of Fußball und Sport) aktuelle Fußball-Themen. In dieser Woche geht um die Zukunft von Hertha BSC – auch als Podcast zum Hören und kostenlosen Abonnieren bei Apple, Spotify, Google, Deezer, Podigee und in jeder Podcast-App.
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- Im „Zweikampf der Woche“ kommentieren wir wöchentlich ein aktuelles Fußballthema. Sehen Sie den Schlagabtausch regelmäßig auch im Video – am Montag und manchmal auch Dienstag ab 19.30 Uhr im Rahmen der „Sport1 News“ bei Sport1 oder ab Montagnachmittag hier oben im Artikel.