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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Gladbach-Sportdirektor Eberl Charterzüge statt Charterflüge? "Diese Diskussionen überrollen den Fußball"
Die Klimakrise ist seit Monaten das zentrale Thema in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Auch im Sport gibt es inzwischen eine Debatte. Sollten die Bundesliga-Klubs auf Charterflüge verzichten und auf Charterzüge setzen?
Im August gab die TSG Hoffenheim stolz bekannt, klimaneutral zu sein. Die Kraichgauer glichen nach eigener Aussage 3.000 Tonnen CO2 aus, die man bis zum Saisonende produzieren würde. "Wir möchten durch unsere Entscheidung für eine Klimaneutralität die Öffentlichkeit und unsere Fans für das wichtige Thema des Klimaschutzes sensibilisieren und zur Aufmerksamkeit für dieses gesamtgesellschaftlich sehr bedeutende Thema beitragen", wird TSG-Geschäftsführer Dr. Peter Görlich auf der Website zitiert.
Im September lobte Bayern-Trainer Niko Kovac Klimaaktivistin Greta Thunberg in der "Welt am Sonntag": "Ich bewundere, was sie sich mit 16 Jahren zutraut. Sie vertritt ihre Meinung vor den wichtigsten Staatsleuten, davor habe ich großen Respekt." Gleichzeitig ergänzte er: "Jeder muss etwas beitragen, damit es unserem Planeten künftig besser geht."
"Wir wissen um unsere Vorbildfunktion"
Bei "jeder" sollten sich auch die Bundesliga-Vereine selbst angesprochen fühlen, meinen Kritiker. Vor allem die Reisen der Klubs fallen da natürlich ins Auge. Für weite Strecken nach Süd- oder Osteuropa in der Champions oder Europa League gibt es kaum eine Alternative. Doch auch bei Bundesliga-Spielen wird die Anfahrt gerne mit dem Charterflugzeug absolviert, wenn die Entfernung mehrere Hundert Kilometer beträgt. Warum nicht Charterzüge?
Gladbach-Sportdirektor Max Eberl hat sich zu dieser Frage auch seine Gedanken gemacht. Schließlich reist er mit seinem Verein oft durch Deutschland und Europa. Ihm ist die Macht des Sports bewusst, gleichzeitig sind die Erwartungen der Öffentlichkeit seiner Meinung nach zu hoch: "Der Fußball hat eine enorme Öffentlichkeit, durch die ihm mittlerweile sehr viel aufgelastet wird. Wir wissen um unsere Vorbildfunktion. Wir wissen auch, dass der Fußball viel mehr Leute erreichen kann, als irgendwelche Initiativen", sagt er im Gespräch mit t-online.de und weist auf das Geleistete hin: "Bei uns können sich junge Kinder entwickeln und zu Profis werden. Sie bekommen die Schule, Pädagogen und Psychologen gestellt. Wir positionieren uns politisch, haben klare Regeln im menschlichen Umgang, wir verbinden Tausende Menschen."
"Wir sind immer noch ein Fußballverein"
Beim Thema Charterflüge ist die Lage jedoch eine andere, meint Eberl: "Der Fußball ist und bleibt ein Spiegelbild der Gesellschaft und die können wir nicht oder nur bedingt ändern. Wir können Hinweise geben, wir können Vorreiter sein und wir können eine Haltung vertreten. Auch in Sachen Klima. Mein Wunsch ist aber, dass der Fußball Fußball bleiben darf. Charterflüge zum Beispiel werden aus Zeit- und Regenerationsgründen gebucht und nicht, weil wir es schöner finden, zu fliegen. Diese Diskussionen und solche wie 'Die Bratwürste sind zu teuer!' oder 'Die Anstoßzeiten sind unfair!' sind es, die den Fußball überrollen. Wir sind immer noch ein Fußballverein."
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Sofern sich also nicht die Bundesliga als Ganze entscheidet, auf Inlandsflüge zu verzichten, wird wohl kaum ein Klub den Anfang machen. Denn das Risiko, aufgrund von geringerer Regeneration schlechte Ergebnisse einzufahren, will wohl kein Verein eingehen.
- Eigene Recherche
- Interview mit Max Eberl