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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Einblicke ins Training Wie Coutinho die Stimmung beim FC Bayern verändert
Coutinho steigt beim FC Bayern ins Mannschaftstraining ein. Das freut vor allem Robert Lewandowski. Während Jerome Boateng schmollt, gehen drei Youngster bei der Suche nach einer neuen Hierarchie voran. Eindrücke vom Rekordmeister.
Es war eklig nass am Dienstag in München. Keine Spur von Hochsommer an der Säbener Straße. Stattdessen: Dauerregen und frische 19 Grad. Es passte ins Bild beim FC Bayern nach dem vermasselten Bundesliga-Start (2:2 gegen Hertha BSC).
FC Bayern: Robert Lewandowski wirkt gelöst
Eigentlich. Denn: Die Atmosphäre war bestens. Mutmaßlicher Grund: Die Ankunft von Leihspieler und Superstar Coutinho (FC Barcelona), der erstmals mit den Kollegen trainierte, was gerade bei Robert Lewandowski augenscheinlich für einen Stimmungsumschwung sorgte – der polnische Stürmer wirkte gelöst wie lange nicht.
Tags zuvor hatte Sportdirektor Hasan Salihamidzic schließlich angedeutet, dass der brasilianische Neuzugang bereits am Samstag beim FC Schalke (18.30 Uhr, im Liveticker) zum Einsatz kommen könnte: "Dr. Müller-Wohlfahrt hat gesagt, dass er topfit ist. Er hat einen Konditionscheck gemacht. Philippe brennt."
Dank Coutinho kann Lewandowski wieder lachen. So war der 30-jährige Pole einen Tag vor seinem 31. Geburtstag auch einer der ersten Bayern-Stars, die auf dem Trainingsplatz erschienen – nach Niklas Süle und Serge Gnabry, noch vor Thomas Müller. Coutinho und Ivan Perisic, der von Inter Mailand ausgeliehene Flügelstürmer, kamen gemeinsam, der gerüffelte Renato Sanches und der wechselbereite Jerome Boateng als letzte Spieler.
FC Bayern: Auch Mickael Cuisance steigt ins Training ein
Trainer Niko Kovac hielt, die Kappe tief ins Gesicht gezogen, eine kurze Ansprache für die Neuen. Neben Coutinho trainierte auch der aus Gladbach verpflichtete Mickael Cuisance (20 Jahre) erstmals mit.
Auffällig: Als sich die Mannschaft warmlief, gingen wieder Gnabry und Süle voran, neben ihnen Lautsprecher Joshua Kimmich, der Kovac laut "Bild" intern kritisiert haben soll. Der Jahrgang von 1995 (Kimmich, Süle, Gnabry) versucht nachweislich, in der Post-Ribéry-Robben-Ära in die Rolle der neuen Anführer hineinzuwachsen.
FC Bayern: Robert Lewandowski lacht viel, Coutinho mit
Es herrschte überraschend gute Stimmung, insbesondere Lewandowski lachte viel, vermutlich erleichtert darüber, dass die von ihm vehement geforderten Top-Transfers endlich da sind. Coutinho lächelte freundlich mit, teils schüchtern zog er bei manchem Zweikampf noch zurück. Vorläufiger Höhepunkt der Gute-Laune-Bayern: David Alaba setzte einen Tunnel gegen Thiago, was dem Strategen spaßige Häme einbrachte.
Als Heilsbringer Coutinho den Ball bei einer Angriffsform mit imaginären Gegenspielern trocken ins kleine Tor einschob, ging dagegen ein Raunen der rund 1.500 Zuschauer über das Gelände. Spürbare Erleichterung nach wochenlangem Rätselraten.
FC Bayern: Javi Martinez ist zurück
Schließlich kehrte auch Javi Martinez nach überstandenen Knieproblemen ins Mannschaftstraining zurück. Der Baske war nach einer Dreiviertelstunde als Erster platt, beugte sich nach vorn, um durchzupusten.
Das Ende der Gute-Laune-Phase begründete schließlich Kovac, als er zur nächsten Angriffsübung bat. Nach der mangelhaften Chancenverwertung gegen die Hertha hat sich der 47-jährige Trainer wohl an eines dieser ungeschriebenen Gesetze erinnert: Wenn deine Mannschaft keine Tore schießt, lass sie im Training viel aufs Tor schießen.
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Kovac wirkt dabei strenger als früher, so smart er öffentlich auch sein mag, wählt er im Umgang mit seinen Spielern einen neuen, härteren Stil. "Tempo, Tempo, Tempooooooo!", brüllte der Kroate über den Platz, "zieh, ziiiiieeeehhh, ziiiieeeehhhh", als Sanches auf das Tor zustürmte. Nach dessen öffentlicher Kritik hatte Kovac den portugiesischen Europameister laut "Bild" per Geldstrafe (10.000 Euro) gemaßregelt. Nun pushte er ihn – auf Deutsch.
Deutsch bleibt die Amtssprache beim FC Bayern
Es ist und bleibt die Amtssprache an der Säbener Straße. Nicht etwa Französisch, da mit Mickael Cuisance der bereits fünfte Franzose neben Kingsley Coman, Corentin Tolisso, Benjamin Pavard und Lucas Hernández verpflichtet wurde. Nicht Spanisch (Thiago und Martinez) und auch nicht Portugiesisch (Coutinho und Sanches). Das gilt selbst für Landsmann Perisic. Einzige Ausnahme: als Coman den Ball flach unten rechts versenkte. Kovac: "Très bien, Coman!" Sehr gut!
Nach einer intensiven Einheit (eineinhalb Stunden) war im Münchner Süden neben unterschiedlichen Deutschkenntnissen der millionenschweren Fußballstars eines greifbar: große Erleichterung. Dass die Bayern nun doch ihre Neuzugänge haben.
Thomas Müller nimmt sich Zeit für die Fans
Lewandowski, der sich vielleicht am meisten freut, ging sogleich in die Analyse mit Kovac und dessen Assistenten Hansi Flick. Sanches und Boateng schritten dagegen als Erste in die Kabine. Am längsten blieb Müller, um als einer der wenigen Spieler Autogramme zu schreiben.
Der Weltmeister muss nach den Last-Minute-Transfers wohl am meisten um seinen Stammplatz fürchten. Gefeiert wurde er von den Fans umso mehr, in einer Gemengelage, in der die Bayern auf dem Spielfeld nach einer neuen Hierarchie suchen.
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