Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.
Chrupalla gegen FC Bayern Wenn das der Kaiser noch erlebt hätte

Die AfD verdoppelt bei der Bundestagswahl ihr Ergebnis. Danach stichelt der Co-Parteichef gegen den FC Bayern. Sollte der Klub darauf reagieren?
Uli Hoeneß wurde vor der Bundestagswahl sehr deutlich. Würde ein Spieler des FC Bayern Werbung für die AfD machen, dann "würde ich mit ihm reden und ihn fragen, ob er noch alle Tassen im Schrank hat", sagte der Ehrenpräsident des Rekordmeisters. Die Partei ist für ihn nicht wählbar, daran ließ er keinen Zweifel. Dass das nicht jedem gefallen würde, nahm Hoeneß in Kauf.
Wie sehr das offenbar die AfD-Spitze ärgerte, zeigte sich am Montag nach der Wahl. Da erzählte Co-Parteichef Tino Chrupalla, er habe von zwei Nationalspielern und ehemaligen Spielern des FC Bayern München Glückwünsche zum Wahlergebnis bekommen – später korrigierte er, es seien zwei ehemalige Nationalspieler gewesen. Namen nannte er keine. Auch Chrupalla weiß, dass es so etwas wie ein Wahlgeheimnis gibt. Süffisant fügte er dann noch hinzu: "Von daher auch viele Grüße an Uli Hoeneß."
AfD gegen den FC Bayern, so klingt es erst mal. Allerdings war seitdem von Uli Hoeneß und dem FC Bayern nichts mehr zu hören. Manche vermuten bereits, die Bayern hätten ihren Kampfgeist verloren. Das führt zu der Frage:
Sollte sich der FC Bayern eine solche Spitze der AfD gefallen lassen?

Ignorieren ist die bessere Reaktion
Der FC Bayern hat in seiner Vergangenheit immer wieder gezeigt: Greift ihr einen von uns an, greifen wir euch an. Dann wurde aus allen Kanonenrohren geschossen, was das Zeug hielt. Meister der Abteilung Attacke: Uli Hoeneß.
Daran jetzt zu zweifeln, weil die Bayern nicht auf eine Spitze von AfD-Co-Boss Tino Chrupalla gegen ihren Ehrenpräsidenten reagieren, besteht kein Grund. Im Gegenteil. Es beweist nur: Manchmal ist ignorieren die bessere Reaktion.
Hoeneß und die Bayern haben es nämlich nicht nötig, sich auf ein Scharmützel mit der in Teilen rechtsextremen Partei einzulassen. Die Aussagen von Chrupalla stehen für sich. Am Ende war er sich ja anscheinend nicht einmal mehr sicher, ob es aktive oder ehemalige Nationalspieler mit Bayern-Vergangenheit waren, die zur Wahl gratuliert haben sollen. Vielleicht war es sogar nur eine Blendgranate, um Hoeneß zu ärgern? Das weiß nur Chrupalla selbst.
Und Hoeneß? Der hat sich klar gegen die AfD positioniert und stets klar zu ihr geäußert – und zwar schon seit Jahren. Daran hat er weder in Reden noch Interviews je einen Zweifel gelassen. Die Bayern haben mit "Rot gegen Rassismus" eine Initiative gegründet, die sich für Vielfalt und gegen Diskriminierung einsetzt. Ein klares Zeichen.
Herrn Chrupalla gefällt das natürlich nicht. Aber damit muss er leben. Das ist Demokratie. Seine Spitze nicht auch noch mit einer Reaktion zu adeln, ist daher genau richtig. Auf diese Art von Aufmerksamkeit hofft die AfD ja nur.

Wo ist die Abteilung Attacke?
Mia san mia. Das ist das Glaubensbekenntnis des FC Bayern. Die Bayern stehen für vieles, und nicht alles davon ist schmeichelhaft. Aber wenn etwas die Babos von der Säbener Straße ausmacht, dann das: Kommt uns ja nicht blöde.
AfD-Lautsprecher Chrupalla landete also den populistischen Abstauber, dass jemand aus dem Dunstkreis des FC Bayern der AfD zum Wahlergebnis gratuliert habe. Ohne Videobeweis kann man das guten Gewissens als durchschaubare Schwalbe einstufen. Chrupalla wollte Bayern-Eminenz Uli Hoeneß einfach einen Ellbogen mitgeben, weil der im Vorfeld der Wahl klar Position gegen die AfD bezogen hatte.
Damit sind wir beim (Elfmeter-)Punkt: So wie man die Bayern seit Erfindung der Bananenflanke kennt, müssten sie jetzt wuchtig zurückgrätschen. Kalle Rummenigge hat schon aus nichtigerem Anlass darüber belehrt, was er sich alles nicht gefallen lässt. Auch Uli Hoeneß hat wegen weit weniger in TV-Sendungen angerufen und jemanden gegen die Werbebande geschimpft. Und wenn das der Kaiser Franz, Gott hab ihn selig, mitbekommen hätte: "Ja gut, sicher, sicherlich, der Chrupalla-Tino, der ist halt ein zweitklassiger Suppenkasper", hört man ihn brummeln, wenn man die Augen schließt.
Gute alte Zeiten. Der FC Bayern München 2025 steckt im Schmollwinkel und lässt zu, dass Deutschland jetzt spekuliert, welche Spieler möglicherweise tatsächlich Chrupalla gratuliert haben. Dessen Satz steht im Raum wie ein Beinschuss. Unbewiesen und provokant. Der größte und erfolgreichste deutsche Verein sollte sich so etwas nicht bieten lassen. Wo ist die Abteilung Attacke? Uli Hoeneß, bitte übernehmen!
Teilen Sie Ihre Meinung mit
Welche Meinung zum Thema haben Sie? Schreiben Sie eine E-Mail an Lesermeinung@stroeer.de
- Eigene Beobachtungen