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Bundesliga-Investoren: Wette ohne Garantie – hat sich die DFL verzockt?


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Streit droht zu eskalieren
Da war es nur noch einer


Aktualisiert am 15.02.2024Lesedauer: 4 Min.
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Ein Fan zündet eine Pyro-Fackel. (Quelle: IMAGO/Neis /Eibner-Pressefoto/imago-images-bilder)
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Nach dem Rückzug des Finanzunternehmens Blackstone kann die DFL bei der Investorensuche nur noch auf das Private-Equity-Unternehmen CVC setzen. Doch wofür steht das Unternehmen überhaupt?

Blackstone ist raus, doch CVC steigt nicht aus. Nach Informationen des Sport-Informations-Dienstes ist in den Verhandlungen für eine strategische Vermarktungspartnerschaft der DFL nicht mit einer Absage des letzten verbliebenen Kandidaten zu rechnen. CVC Capital Partners sei "weiterhin mit vollem Elan bei der Sache" und "vom Deal überzeugt", heißt es.

Die DFL nannte für das Ausscheiden von Blackstone "verschiedene Gründe" für die Entscheidung, ohne konkret zu werden. "Der weitere Prozess wird im vorgesehenen Zeitplan mit CVC fortgeführt", teilte der Ligaverband mit.

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CVC Capital Partners (Symbolbild) (Quelle: IMAGO/CFOTO/imago-images-bilder)

Was ist ein Private-Equity-Unternehmen?

Private-Equity-Gesellschaften wie CVC verwalten meist in Fonds das Geld von institutionellen Anlegern, also etwa Banken oder Versicherungen, und investieren dieses außerhalb der Börsen in Unternehmen. Das heißt, sie stellen den Unternehmen Kapital zur Verfügung und erwerben im Gegenzug Unternehmensanteile und Mitspracherechte. Das tun die Gesellschaften in der Regel, um durch die finanzielle Unterstützung, aber auch durch ihre Erfahrung den Wert des Unternehmens zu steigern und letztlich möglichst gewinnbringend wieder auszusteigen.

Damit ist von ursprünglich einmal fünf Interessenten ausgerechnet nur noch derjenige im Rennen, bei dem die Liga-Funktionäre sogar noch größere Interessenskonflikte gesehen hatten als bei Blackstone. Der Investor ist bereits in Frankreich und Spanien auf ähnliche Weise im Fußball engagiert. Zudem hält CVC 60 Prozent am Wettanbieter Tipico, der als einer der wichtigsten Sponsoren sowohl der DFL als auch von Rekordmeister FC Bayern gilt. Carsten Schmidt, früher Boss bei Pay-TV-Sender Sky und von 2020 bis 2021 CEO von Hertha BSC, soll laut "Sportschau" für das Unternehmen als Berater tätig sein.

CVC-Chef war Berater von Angela Merkel

CVC kaufte 2006 für etwa eine Milliarde US-Dollar auch einen Mehrheitsanteil an der Formel 1 und verkaufte diesen Ende 2016 an Liberty Media für ein Vielfaches. Das Unternehmen ist im Rugby, Volleyball oder Cricket prominent engagiert, 2023 wurde eine strategische Partnerschaft mit der Damentennis-Tour WTA geschlossen.

Derzeit verwaltet CVC fast 200 Milliarden Euro. An der Spitze des Unternehmens in Deutschland: Alexander Dibelius. Der Finanzmanager leitet die Geschicke der Private-Equity-Gesellschaft seit 2015. Zuvor war er von 2004 bis 2015 alleiniger Geschäftsleiter der US-amerikanischen Investmentbank Goldman Sachs, agierte unter anderem als Berater der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Als am vergangenen Freitag Fans von Hannover 96 im Hamburger Volksparkstadion protestierten, geriet auch Dibelius ins Visier der Investoren-Gegner. Plakate mit dem Konterfei des 64-Jährigen sowie denen von Blackstone-Boss Stephen Schwarzman und Hannovers Profi-Geschäftsführer Martin Kind waren jeweils mit einem Fadenkreuz versehen.

"CVC & Blackstone: Marionetten des Sportswashings Saudi-Arabiens", stand unter Dibelius' Konterfei. Beide Unternehmen kassieren Gelder vom saudi-arabischen Staatsfonds PIF, der bereits über mehrere Beteiligungen im Sportbusiness verfügt. Die Stuttgarter Ultragruppierung "Commando Cannstatt" befürchtet durch den potenziellen Einstieg von CVC bei der DFL eine "Investition mit dem Hintergrund des Sportswashing" (worum es beim Thema Sportswashing genau geht, lesen Sie hier).

"An euren Händen klebt Blut!", lautete die Botschaft der Protestierenden beim Auswärtsspiel der Schwaben Anfang Februar in Freiburg. Damit bezog sich die Fanszene auf die Situation der Menschenrechte in Saudi-Arabien, ein Land mit einer der höchsten Hinrichtungsrate der Welt. Die Fanszenen sträuben sich vehement gegen einen Einstieg. Seit Ende des vergangenen Jahres wird protestiert, erst vor allem in Form von Schmähgesängen und Plakaten, mittlerweile vermehrt mit Tennisbällen und anderen harmlosen Gegenständen, die das Spielgeschehen auf dem Rasen blockieren.

Umfrage: Mehrheit der Fans gegen Investoreneinstieg

Laut einer Umfrage mehrerer Sportwissenschaftler in Zusammenarbeit mit der Umfrageplattform "FanQ" lehnen 62 Prozent der befragten Fans einen Investoreneinstieg ab. Auch bei t-online stimmten im Dezember mehr als drei Viertel der Teilnehmer gegen den Deal.

Doch was genau plant die DFL mit CVC? Private-Equity-Unternehmen wie CVC geht es vorrangig um die Steigerung des Unternehmenswertes. Ihre finanziellen Investments sind risikoreiche Investitionen ohne Garantien auf Erfolg. CVC strebt eine Gewinnentwicklung für beide Seiten an. Im Falle der DFL heißt das: Eine Milliarde Euro soll zum Start der Partnerschaft für acht Prozent der Medienrechte-Einnahmen auf 20 Jahre gezahlt werden.

Eine TV-Kamera bei einem Bundesliga-Spiel (Symbolbild).
Eine TV-Kamera bei einem Bundesliga-Spiel (Symbolbild). (Quelle: IMAGO/Eibner-Pressefoto/Florian Wiegan)

Darum geht es beim DFL-Investorendeal

Für eine prozentuale Beteiligung an den TV-Erlösen soll ein Finanzinvestor eine Milliarde Euro zahlen. Aktuell gibt es mit CVC nur noch einen einzigen Interessenten. Der Vertrag soll eine Maximallaufzeit von 20 Jahren haben und bis zum Beginn der Saison 2024/25 unterzeichnet sein. Die Liga will das Geld vornehmlich für den Ausbau ihrer Infrastruktur nutzen. Dazu zählen Digitalisierung und Internationalisierung sowie der Aufbau einer eigenen Streamingplattform. Kritiker fürchten, dass durch den Deal Spiele ins Ausland verlagert werden könnten, der Spieltag weiter aufgesplittet und der Fußball immer teurer werden könnte.

Mit der Finanzspritze möchte die DFL in die Vermarktung investieren, was wiederum über eine Wertsteigerung auch CVC zugutekommen kann. 92 Prozent des künftigen Kuchens wären für die DFL im Idealfall mehr als die 100 Prozent von heute – und CVC könnte mehr als die anfangs gezahlte Milliarde hereinholen. Es ist eine Wette ohne Garantie. Und eine, die im Zweifel auf dem Rücken der DFL und der Vereine ausgetragen werden könnte.

Denn was geschieht, wenn sich die geplante Wertsteigerung nicht ergibt? Die jährlichen Erlöse für die heimischen TV-Rechte der Bundesliga waren bereits bei der vergangenen Rechteperiode rückläufig. Für den kommenden Zeitraum von 2025/2026 bis 2029/2030 ist ebenfalls mit einem Rückgang zu rechnen.

Sollte das angestrebte Geschäftsvorhaben der Profitmaximierung ins Wanken geraten oder gar schrumpfen, müssten Liga und Vereine den Investor entschädigen. Ob dann noch die von der DFL propagierten "roten Linien", die Spiele im Ausland und mehr Anstoßzeiten verhindern sollen, unangetastet blieben, darf zumindest angezweifelt werden. Das von Befürwortern des Deals propagierte Bild des Private-Equity-Unternehmens als das eines gönnerhaften Samariters entbehrt jedenfalls der Realität.

Sowohl CVC als auch das mittlerweile ausgeschiedene Blackstone hatten im Bieterprozess übrigens den schwedischen Rivalen EQT ausgestochen. Das "Manager Magazin" bringt nun ins Spiel, dass die DFL EQT wieder zurück ins Rennen holen könnte, um am Ende doch noch aus zwei Angeboten wählen zu können. Dabei hatte sie EQT noch Mitte Januar aus ihrem Bieterverfahren gestrichen. Sollte dies nicht passieren, blieben zwei Szenarios für die DFL: zum einen das Angebot von CVC, die sich durch den Ausstieg von Blackstone in einer verbesserten Verhandlungsposition befinden (und der DFL gewissermaßen die Pistole auf die Brust setzen können), akzeptieren. Und zum anderen, den Investorenprozess zu stoppen.

Ursprünglich sollte die offizielle Entscheidung bis Ende März fallen – und damit rechtzeitig vor Beginn der Vergabe der Übertragungsrechte für Deutschland und die deutschsprachigen Nachbarstaaten. Einige Klubs, darunter der Karlsruher SC, hatten zuletzt angekündigt, bei einer weiteren Abstimmung mit Nein statt mit Ja zu stimmen. Der 1. FC Köln forderte am Donnerstagabend Berichten der "Sportschau" zufolge eine solche erneute Abstimmung.

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Mitte Dezember hatten noch 24 der 36 Profiklubs bei der Abstimmung über den Einstieg eines Investors mit Ja abgestimmt. Die nötige Zweidrittelmehrheit war somit gerade so erreicht. Hannovers Martin Kind spielte dabei eine zentrale Rolle. Er soll entgegen der Anweisung seines Vereins dafür gestimmt haben. Ohne Kinds Stimme wäre der Deal gescheitert.

Auch wenn der Protest weiterhin anhält und auch einige Profiklubs umschwenken: Einer Neuabstimmung erteilte die DFL trotz der massiven Fan-Proteste eine Absage. Noch.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Mit Material der Nachrichtenagentur Reuters
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