Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Trotz Meisterschaft Sie sind Bayern-Fan? Mein Beileid!
Der FC Bayern wird doch noch Deutscher Meister. Nur redet davon am Ende eines turbulenten Tages keiner mehr. Ein Kommentar.
Es ist der absurde Schlusspunkt einer durchweg absurden Saison des FC Bayern. Sind Sie zufällig Fan des deutschen Rekordmeisters? Mein Beileid. Denn das Bild, das Ihr Klub am Samstagabend abgegeben hat, ist ein einziges Desaster.
Da werden die Bayern auf den allerletzten Metern doch noch Deutscher Meister, zum elften Mal in Folge wohlgemerkt – aber worüber wird danach gesprochen? Richtig: das Bosse-Beben.
Anders als ursprünglich geplant haben sich die Klub-Verantwortlichen nämlich schon am gestrigen Freitag und nicht erst am kommenden Dienstag getroffen, um die Trennung von Vorstandschef Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidžić zu beschließen. So erklärte es Präsident Herbert Hainer – direkt nach dem 2:1 beim 1. FC Köln, das den Münchnern doch noch die Meisterschaft sicherte.
Ein absoluter Irrsinn – und ein wahres Kommunikationsdesaster gleich mit. Beim FC Bayern scheint momentan nichts – und niemand – mehr sicher zu sein. Sogar der immer so selbstsichere Trainer Thomas Tuchel hat sich offenbar von dieser Ungewissheit anstecken lassen. Auf die Frage im Interview nach der Partie, ob er denn auch in der kommenden Saison Bayern-Trainer sei, antwortete Tuchel süffisant: "Davon gehe ich jetzt mal aus." Volle Überzeugung klingt aber anders.
Müllers Gesichtsausdruck lässt tief blicken
Und die Spieler? Beispiel Thomas Müller: Der Weltmeister, schweißgebadet und freudetrunken, jubelte im Interview bei Sky über die irgendwie doch noch gewonnene Meisterschaft. Wird dann aber von Moderator Sebastian Hellmann darüber informiert, dass Kahn und Salihamidžić gehen müssen. Seine Reaktion: "Das kommt jetzt? Eine Minute nach dem Abpfiff?" Sein Gesichtsausdruck ließ tief blicken.
Später am Abend twitterte Kahn auch noch, dass er nicht nach Köln mitreisen durfte. Bestätigte das bei "Bild": "Mir wurde die Reise zum Spiel nach Köln und der Besuch der Meisterfeier vom Klub untersagt." Bei Sky sagte er dann: "Das war der schlimmste Tag meines Lebens, es mir zu nehmen, mit den Jungs zu feiern." Autsch. Schon rund um die Entlassung von Julian Nagelsmann hatte der Klub ein desaströses, uneiniges Bild in der Öffentlichkeit abgeliefert.
Und das Bild, das der doch eigentlich so ruhmreiche FC Bayern nun am Samstag abgegeben hat, ist ein Spiegelbild einer irrwitzigen, unruhigen Saison, die so in der Vereinsgeschichte noch nicht vorgekommen ist – Meistertitel hin oder her.
Wie es jetzt weitergeht? Die Verantwortlichen, die noch da sind, werden auf einer für Sonntag einberufenen Pressekonferenz das Aus der beiden Bosse gewohnt erklären. Für Kahn ist mit Jan-Christian Dreesen ein Nachfolger schon gefunden, für Salihamidžić werden sie einen finden. Dann wird es in den Urlaub gehen – und sie werden hoffen, dass Ruhe einkehrt. Und vielleicht wird tatsächlich Ruhe einkehren. Was aber bleibt, ist eine Saison, die in die Geschichte des Klubs eingehen wird – und das nicht im positiven Sinne.