3-4-1-2, ruhiger Spielaufbau, Stürmer-Rotation So soll Tedesco-Fußball bei Schalke funktionieren
Schalkes neuer Trainer Domenico Tedesco ist erst 31 Jahre alt, seine Coaching-Erfahrung im Profibereich beschränkt sich auf elf Zweitligaspiele. Aber: In denen holte er mit Erzgebirge Aue 20 Zähler und schaffte den kaum noch für möglich gehaltenen Klassenerhalt.
Tedesco genießt einen exzellenten Ruf in der Branche. Doch wofür steht der neue Trainer des FC Schalke? Wie sieht Tedesco-Fußball aus?
t-online.de und Spielverlagerung.de erklären, wie der Bundesliga-Neuling taktisch tickt.
In Aue deutete Tedesco bereits an, welche Prinzipien er in fußballerischen Fragen vertritt. Beim Deutsch-Italiener sind – ebenso wie bei Julian Nagelsmann – Einflüsse der Hoffenheimer Schule erkennbar, verbrachte er doch zwei Jahre als Nachwuchscoach bei der TSG. Gewisse Gemeinsamkeiten zwischen beiden sind also nicht überraschend.
Auch lange Bälle sind unter Tedesco erlaubt
Tedesco möchte einen konstruktiven Spielaufbau von seiner Mannschaft sehen – was in der konkreten Umsetzung vor allem eine ruhige Ballzirkulation über die Verteidiger bedeutet. Der Ball soll am besten per Flachpass ins Mittelfeld gelangen. Die Auer Spieler setzten unter seiner Leitung aber auch immer wieder dosiert auf lange Bälle. Das war einerseits der überschaubaren Qualität der Akteure geschuldet, könnte aber andererseits auf Tedescos Pragmatismus hindeuten. Auch Nagelsmann untersagt seinen Spielern nicht, dass sie gelegentlich auf das eine oder andere altmodische Mittel zurückgreifen.
Gelangte der Ball erst einmal nach vorn, war beim FC Erzgebirge das Zusammenspiel zwischen Mittelstürmer und nachrückenden Außenstürmern von großer Bedeutung. Nicky Adler oder Mario Kvesic ließen sich aus dem Zentrum zum Flügel fallen und öffneten Räume für Pascal Köpke oder auch Dimitrij Nazarov.
Bei Schalke wäre ein ähnliches Konstrukt mit Guido Burgstaller in der Mitte und dem bald wiedergenesenen Breel Embolo denkbar. Gerade gegen die vielen mannorientiert verteidigenden Abwehrreihen in der Bundesliga könnten wechselseitige Bewegungen zu Konfusion beim Gegner und freien Zonen für die eigenen Angriffe führen.
Aggressives Pressing und eine ungewöhnliche Grundordnung
In der Arbeit gegen den Ball hob sich Aue schon allein aufgrund der praktizierten 3-4-3- oder 3-4-1-2-Grundordnung gegenüber vielen Zweitligisten ab, die im klassischen 4-4-2 verteidigen. Das Pressing der Sachsen war unter Tedesco aggressiv, aber trotzdem nicht zu ungestüm. Schalke verfügt gewiss über die individuellen Qualitäten, um ein intensives und intelligent angelegtes Pressing spielen zu können. Die fehlende taktische Konstanz in den vergangenen Jahren verhinderte jedoch, dass sich diese Qualität langfristig entfalten konnte. Tedesco müsste also Zeit bekommen, um das Profil zu schärfen.
Dies gilt generell für das „Projekt Tedesco“. Sofern die Verantwortlichen der Königsblauen dem jungen Trainer ohne nennenswerte Meriten vertrauen und seine Fähigkeiten nicht nach den ersten kleinen Misserfolgen direkt in Zweifel ziehen, könnte sich bei Schalke auf lange Sicht eine taktisch gereifte Mannschaft entwickeln. Tedesco hat die Fähigkeiten dafür, aber die Situation im Klub ist derart diffus, dass ein Trainer nur selten in Ruhe auf dem Trainingsplatz oder an der Kreidetafel arbeiten kann. Deshalb ist unklar, ob das Bundesliga-Abenteuer des 31-Jährigen von Dauer sein wird.