HSV lässt BVB keine Chance Slomka sorgt für das Wunder von Hamburg
Als der über Nacht erstarkte Hamburger SV seinen freien Fall in der Bundesliga gestoppt und völlig unerwartet drei Punkte gegen Borussia Dortmund eingesackt hatte, gingen die Profis zum Feiern zu den Fans. Nach zuletzt sieben Liga-Pleiten in Serie waren die wahrlich nicht verwöhnten Anhänger nach dem unverhofften 3:0 (1:0)-Triumph ihres HSV völlig aus dem Häuschen und ließen ihre verschwitzten Lieblinge hochleben. "Der Sieg war in der Höhe sicher nicht verdient, aber ungemein wichtig", sagte der neue Trainer Mirko Slomka, der seinen total verunsicherten Profis einen neuen Geist seit seiner Amtsübernahme zum Wochenanfang eingehaucht hatte.
Adler avanciert zum Rückhalt
Während der total enttäuschende BVB im Kampf um Platz zwei einen bitteren Rückschlag erlitt, rückte der nicht wiederzuerkennende HSV nach dem Coup auf den Relegationsrang vor. "Endlich sind wir mal wieder belohnt worden", meinte Torhüter René Adler, der eine Woche nach seinen beiden Patzern beim 2:4 in Braunschweig plötzlich wieder zum großen Rückhalt im Team wurde.
Vor 57.000 begeisterten Zuschauern in der ausverkauften Hamburger Arena hatten zuvor Petr Jiracek (42. Minute), Pierre-Michel Lasogga (58.) und Hakan Calhanoglu (90.+2) für den neuen HSV getroffen, der im sportlichen Überlebenskampf ein Ausrufezeichen setzte.
"Können stolz auf die Punkte sein"
"Wir haben es aber über weite Strecken in der Defensive gut gemacht und die Mannschaft kann auf diese Punkte stolz sein. Heute war eines von 13 Spielen, und wir werden nie aufhören zu arbeiten", lobte Slomka die Vorstellung seiner Mannschaft.
Von Anfang an war wieder Zug drin im HSV-Spiel. Nach einer Schweigeminute für den kurz zuvor verstorbenen HSV-Kultmasseur Hermann Rieger begannen die von Slomka neu auf- und vor allem eingestellten Hanseaten viel couragierter als zuletzt. Einsatz und Laufbereitschaft stimmten bei den Norddeutschen, bei denen der Nachfolger des glücklosen Bert van Marwijk Verteidiger Dennis Diekmeier (Magen- und Darmprobleme) durch Heiko Westermann ersetzte.
Lasogga leitet Führung ein
"Die große Anteilnahme am Abschied von Hermann Rieger hat uns einen positiven Schub gegeben“, sagte Torschütze Lasaogga nach dem Spiel. "Das war ein sehr gelungenes Spiel. Wir hatten eine schwere Phase, aber auch wenn es komisch klingt, Dortmund kam zur rechten Zeit nach dem Trainerwechsel."
Auch bei seinen freiwilligen Umstellungen hatte der Neue ein glückliches Händchen. Der reaktivierte Tscheche Jiracek war gleich ein Aktivposten und für das wichtige Führungstor zuständig, hinten räumte der fast schon aussortierte Slobodan Rajkovic fast alles ab. Und als Henrich Mchitarjan ungehindert abzog, lenkte Johan Djourou den Schuss in letzter Sekunde zur Ecke. Als alles mit einem Halbzeit-0:0 rechnete, setzte sich der starke Lasogga gegen zwei Borussen durch, seine Flanke nickte Jiracek per Kopf zur umjubelten Führung ein
Rajkovic kann sein Glück kaum fassen
"Es ist wie ein Wunder. Ich habe jeden Tag hart gearbeitet und durfte es heute auf dem Platz zeigen. Ich kann mich nur bei allen bedanken. Beim Klub, beim Trainer, der mir nach langer Zeit die Chance gegeben hat und bei den Fans für den super Support", konnte Rajkovic sein überraschendes Comeback kaum fassen. "Ich war vor dem Spiel nervös, nach den ersten Zweikämpfen aber nicht mehr. Wir müssen diesen Klub mit Leidenschaft in der ersten Liga halten."
Nach der Pause brachte Dortmunds Coach Jürgen Klopp in Marco Reus eine weitere Offensivkraft, doch der Champions-League-Finalist ließ drei Tage vor dem ersten K.o.-Runden-Duell mit Zenit St. Petersburg in Europas Meisterklasse weiter die letzte Konsequenz vermissen. Ganz anders der HSV: Calhanoglu knöpfte Nuri Sahin nahe der Mittellinie das Leder ab, Tolgay Arslan passte auf Lasogga und der schob allein vor Weidenfeller eiskalt zu seinem elften Saisontor ein.
Adler macht Boden gut
Als Nationaltorhüter Adler erst glänzend gegen den für den enttäuschenden Robert Lewandowski eingewechselten Marvin Ducksch (70.) rettete und dann auch noch Lukasz Piszczeks Kopfball ans Kreuzeck lenkte (72.), kochte die Arena. Vor allem im direkten Duell mit Roman Weidenfeller um ein mögliches WM-Ticket konnte der zuletzt schwächelnde Adler überraschend Boden gut machen.
Die Gäste reagierten mit wütenden Angriffen und warfen nun alles nach vorne, doch ihre Aktionen blieben halbherzig oder waren zu ungenau. Der HSV kam zwar kaum noch über die Mittellinie, wehrte sich in der Defensive aber nach Kräften. Als Calhanoglu dann mit einem Flatterball aus fast 40 Metern sogar noch zum 3:0 traf, konnte die HSV-Jubelfeier starten.
Klopp ist restlos bedient
"Ein hochverdienter Sieg des HSV, den wir uns sowas von selber eingebrockt haben. In der Halbzeit haben wir alles ändern wollen. Aber die erste Hälfte hatte dem Gegner gut getan. Das dritte Tor hat Hamburg wohl für die vergangenen Monate entschädigt. Ein sehr bescheidenes Spiel von uns", war BVB-Coach Klopp nach dieser Vorstellung restlos bedient.