2. Bundesliga Rensing: Kein Typ für die Bank, eher fürs Abstellgleis
Vielleicht haben sie Michael Rensing beim FC Bayern München einmal zu oft hochgejubelt und ihm damit den Realitätssinn geraubt. Vielleicht ist Rensing aber auch einfach nur ein schwieriger Typ, der sich nichts gefallen lässt. Fakt ist jedenfalls: Nach seinem jüngsten Eklat bei Fortuna Düsseldorf ist der ohnehin schon ramponierte Ruf des Torhüters endgültig dahin. Dabei sollte der Keeper eigentlich eine Welt-Karriere machen, so wie Oliver Kahn, mindestens.
Das hat man Rensing jedenfalls jahrelang beim FC Bayern erzählt. "Jens Lehmanns Nachfolger in der Nationalelf wird auf jeden Fall Rensing und sonst keiner. Da können sich alle anderen auf den Kopf stellen", sagte Hoeneß einmal kurz nach der WM 2006 gegenüber der "Süddeutschen Zeitung".
Schweres Erbe angetreten
Mit solchen Aussagen machte man dem jungen Keeper ein Verbleib in München schmackhaft. Acht Jahre lang hütete der mit 18 Jahren vom niedersächsischen Verein TuS Lingen gekommene Goalie das Bayern-Tor. Geduldig wartete er auf das Karriereende von Kahn. Als es 2008 soweit war, schlug Rensings Stunde.
Mit den Lobeshymnen hielt man den ambitionierten Keeper bei der Stange. Vielleicht wurde ihm etwas zu oft gesagt, dass er ein großes Torwart-Talent sei. "Mein Ziel ist es, eine Ära wie Kahn zu prägen", sagte Rensing großspurig nach nur wenigen Wochen als Nummer eins im Bayern-Tor und fügte noch hinzu: "Wer die Nummer eins bei den Bayern ist und sich, wie ich, in dieser Rolle auch international beweist, wird auch ein Thema für die Nationalelf."
Trainer entschieden sich für Butt
Doch weder unter Jürgen Klinsmann, noch unter Nachfolger Louis van Gaal konnte sich Rensing durchsetzen. Beide Trainer versuchten es. Allerdings nur, weil es sich der Vorstand so wünschte. Am Ende verlor Klinsmann vor dem Viertelfinal-Hinspiel in Barcelona die Nerven und setzte ohne Vorwarnung für den Rest der Saison auf Hans-Jörg Butt. Van Gaal korrigierte seine Aufstellung schon nach drei Bundesligaspielen und vertraute fortan ebenfalls auf Oldie Butt.
Irgendetwas scheint in dieser Zeit gewaltig schief gelaufen zu sein mit Rensing. Anstatt sich auf das Fußballspielen zu fokussieren, schien er sich in seiner neuen Rolle als zukünftiger Star-Keeper allzu sehr zu gefallen.
Auf den Lorbeeren ausgeruht
Hoeneß, der ihn zuvor noch so sehr gelobt hatte, prangerte damals Rensings fehlende Selbstkritik an: "Als klar war, dass er die Nummer eins ist, hätte ich erwartet, dass er sich den Arsch aufreißt, dass er im Urlaub trainiert wie ein Geisteskranker. Das war alles nicht der Fall. Er kam in einem katastrophalen Zustand zum Training.“
2010 beendeten der Rekordmeister und Rensing die Zusammenarbeit. Doch die Selbstwahrnehmung Rensings schien dermaßen gelitten zu haben, dass er im Anschluss keinen Verein finden konnte, der seinen hohen Ansprüchen genügte. Rensing wandte sich hilfesuchend an Berater Roman Grill, den er noch aus Bayern-Zeiten kannte. "Mein Gefühl war nicht gut und prompt musste ich die Entscheidung bereuen", sagte Grill später in einem Interview mit der "SZ“.
Eigenen Berater verklagt
Philipp-Lahm-Berater Grill vermittelte Rensing im Winter 2010 erfolgreich zum 1. FC Köln. Einen schriftlichen Vertrag gab es zwischen den beiden jedoch nicht. Ein anderer Berater schaltete sich dazwischen und kassierte die Provision. Zu allem Überfluss wurde Grill später von Rensing auch noch auf Zahlung von 358.484 Euro und 64 Cent verklagt. Die Summe, die ihm in seinem halben Jahr Untätigkeit verloren gegangen sein soll. Begründung: Grill habe damals bei der Suche nach einem neuen Verein schwere Fehler begangen. Köln hatte bereits im Sommer Interesse an Rensing bekundet, aber der Transfer kam erst im Dezember 2010 zustande. Rensings abstruse Klage wurde abgewiesen.
In Köln zeigte er in anderthalb Jahr en gute Leistungen. Den Abstieg konnte er aber auch nicht verhindern. Freunde hatte er bei der Geißbock-Elf nur wenige. Allzu sehr spielte er sich als Musterprofi mit Bayern-Gen und Führungsqualitäten auf. Er kritisierte öffentlich seine Mitspieler und sogar Trainer Stale Solbakken. 2012 trennte sich der 1. FC Köln von Rensing, der Glück hatte, bei Bayer Leverkusen als Nummer zwei hinter Bernd Leno unterzukommen.
Giefer-Verkauf platzt
Doch die Reservistenrolle ist nicht Rensings Sache. So heuerte er für die kommende Saison bei Fortuna Düsseldorf an und kündigte gleich mal die Marschrichtung an. "Ich bin nicht der Typ, der sich auf die Bank setzt", sagte der mittlerweile 29-Jährige. Dumm nur, dass der geplante Verkauf der letztjährigen Nummer eins, Fabian Giefer, nicht vollzogen wurde. Und so kündigte Neu-Coach Mike Büskens einen offenen Konkurrenzkampf zwischen den beiden um die Torwart-Position an.
Am Tag des Zweitligastarts gegen Energie Cottbus verkündete der Coach seine Entscheidung pro Giefer. Rensing explodierte, verließ anschließend wutentbrannt das Trainingsgelände und wurde daraufhin aus dem Kader gestrichen. Fortunas Sportvorstand Wolf Werner kündigte eine baldige Entscheidung an, stellte zunächst aber fest: "Michael ist nicht suspendiert. Klar ist, dass ein solcher Vorgang nicht normal ist. Darüber werden wir im Vorstand sprechen und die Situation bewerten. Danach sehen wir weiter." Dass Rensing noch eine Zukunft bei der Fortuna hat, glaubt kaum noch jemand.
Kein Mitleid von den Kollegen
Im Mannschaftskreis weint man dem Querulanten keine Träne nach. "Ich kann seine Reaktion weder verstehen noch nachvollziehen. Aber er muss das selbst verantworten", sagte Kapitän Andreas Lambertz und ergänzte mit Blick auf die neue Nummer zwei Robin Heller: "Wir haben uns keinen Schädel gemacht, weil wir wissen, dass Robbi ein richtig guter Torwart ist."
Laut Statuten könnte Rensing bis Ende der Transferzeit am 31. August innerhalb der Bundesliga noch einmal den Klub wechseln, sofern sich Fortuna und er gütlich auf eine Vertragsauflösung einigen. Gut möglich, dass der Torhüter aber auch seinen früheren Traum von einem Wechsel ins Ausland wahr macht. In Deutschland ist sein Ruf nach der jüngsten Aktion wohl erst einmal ruiniert.