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Rennfahrer Correa erhebt Vorwürfe gegen FIA: "Wurde mit Familie alleingelassen"


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Nach Horrorcrash in Spa
Rennfahrer Correa: "Ich wurde mit meiner Familie alleingelassen"

InterviewVon Cian Hartung

05.03.2020Lesedauer: 6 Min.
Überlebte einen Horrorcrash in Spa-Francorchamps im vergangenen Jahr: Formel-2-Fahrer Juan Manuel Correa.Vergrößern des Bildes
Überlebte einen Horrorcrash in Spa-Francorchamps im vergangenen Jahr: Formel-2-Fahrer Juan Manuel Correa. (Quelle: Motorsport Images/imago-images-bilder)
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Der Formel-2-Fahrer Juan Manuel Correa überlebte im vergangenen Jahr einen Horrorunfall beim Rennen in Spa-Francorchamps. Nun erhebt er schwere Vorwürfe gegen den Automobilverband FIA.

Juan Manuel Correa kann von Glück sprechen, dass er noch am Leben ist. Der 20-jährige Ecuadorianer wurde Ende August des vergangenen Jahres Opfer eines lebensbedrohlichen Unfalls beim Formel-2-Rennen in Spa-Francorchamps (Belgien). Er kollidierte dabei in der legendären Hochgeschwindigkeitskurve Eau Rouge mit dem französischen Nachwuchsfahrer Anthoine Hubert.

Hubert verstarb noch am Tag des Unfalls. Correa dagegen überlebte und kam mit Beinbrüchen sowie einer Wirbelverletzung davon.

Die Ereignisse erschütterten die Welt des Rennsports. Am Tag nach dem Unfall gedachten Formel-1-Stars wie Lewis Hamilton und Sebastian Vettel des Verstorbenen. Ferraris Rennsieger Charles Leclerc widmete Hubert seinen Triumph auf der Traditionsstrecke.

Der Crash entfachte eine neue Diskussion über die Sicherheit der Rennautos. Vor Kurzem veröffentlichte der Automobil-Weltverband FIA einen umstrittenen Abschlussbericht zu dem Unfall. "Für mich stellt dieser Abschlussbericht mehr Fragen, als er Antworten gibt", schießt Correa gegen die FIA und kritisiert die Aufarbeitung des Unfalls: "Es scheint mir, als ob sie nicht daraus lernen wollen."

t-online.de: Herr Correa, Sie haben zuletzt Videos auf Instagram gepostet, in denen Sie im Rennsimulator durch die Eau Rouge in Spa rasen – die Kurve, in der Sie verunglückten. Wie war das Gefühl, dort wieder am Steuer zu sitzen?

Juan Manuel Correa (20): Die ersten Male waren merkwürdig. Ich konnte nicht aufhören, an den Unfall dort zu denken. Aber mittlerweile habe ich es hinter mir gelassen. Es ist nur noch eine von vielen Kurven.

An welche Details des Unfalls erinnern Sie sich noch?

Ich erinnere mich noch an den kompletten Hergang. Meine Erinnerungen enden aber, als die Streckensanitäter mich aus dem Auto holten und mir Schmerzmittel gaben. Anschließend schlief ich ein und wurde per Helikopter ins Krankenhaus gebracht. An das Krankenhaus in Belgien erinnere ich mich gar nicht mehr.

Woran lag das?

Ich stand so stark unter dem Einfluss von Schmerzmitteln. Einige Tage später erlangte ich wieder mein Bewusstsein. Ich spürte sehr bald Entzugserscheinungen. Es dauerte fast fünf Tage, bis ich wieder klar im Kopf war. Ab dem Zeitpunkt kommen auch meine Erinnerungen wieder.

Anfang Februar warfen Sie den Offiziellen des Automobil-Weltverbands vor, man habe Sie nach dem schweren Unfall im Krankenhaus im Stich gelassen, während Sie in Lebensgefahr schwebten. Die FIA und der Streckenarzt dementierten vehement. Was ist an diesen Vorwürfen dran?

Nach dem Crash hat mich keiner der Offiziellen der FIA im Krankenhaus besucht, das ist wahr. Ich wurde mit meiner Familie alleingelassen. Die Leute von der FIA sind direkt nach dem Grand Prix zum nächsten Rennen nach Monza (Italien) gereist, das eine Woche später stattfand.

Was ereignete sich nach Ihrer Einlieferung ins Krankenhaus?

Ich bin vier Tage nach dem Unfall beinahe gestorben, weil meine Lungen kollabierten. Aber das größte Problem war: Die FIA wusste davon noch nicht einmal etwas! Sie hatten keine Ahnung, wie es mir nach dem Unfall ging.

Wie konnte es zu diesem Gesundheitszustand kommen?

Die Ärzte in Lüttich waren mit meinen Verletzungen überfordert. Sie hatten noch nie jemanden behandelt, der einen solchen Unfall mit so hohen Fliehkräften hatte.

Was würden Sie sich von der FIA bei solchen Fällen wünschen?

Die FIA braucht dringend ein besseres System für Fahrer, die nach einem Unfall ins Krankenhaus kommen. Ich denke, es bräuchte ein Team von Medizinern, das nach einem Unfall bei den Fahrern bleibt und sie in den Folgetagen weiterhin betreut. Das Problem war: Nach dem Unfall wurde ich in den Helikopter gepackt – und weg war ich.

Im Februar veröffentlichte die FIA auch den Abschlussbericht zu Ihrem Unfall. Dieser besagt, dass der Unfallhergang so speziell war, dass er kaum verhindert werden konnte. Wie lautet Ihre Einschätzung?

Für mich stellt dieser Abschlussbericht mehr Fragen, als er Antworten gibt. Ich habe der FIA meine Krankenakte für die Untersuchungen angeboten, aber sie haben nicht einmal danach gefragt. Es scheint mir, als ob sie nicht daraus lernen wollen. Es überrascht mich, dass ich nicht einmal Einsicht in die Akten meines eigenen Unfalls erhalte. Ich werde nun rechtlich dagegen vorgehen und versuchen, die komplette Version des Abschlussberichts zu erhalten.

Ihr Unfall trat in der Formel 1 eine große Debatte über die Sicherheit der Autos los. Wie stehen Sie mittlerweile zu diesem Thema?

Der Unfall hat gezeigt, dass wir nicht zu hundert Prozent sicher sind. Es gibt definitiv Bereiche, wo die Autos in Sachen Sicherheit noch verbessert werden können. Ich denke es ist wichtig, dass die FIA die richtigen Schlüsse aus dem Unfall zieht und daraus lernt. Nach jedem schweren Unfall gab es einen Fortschritt bei der Sicherheit der Autos. Ich hoffe, dass dies auch bei uns der Fall sein wird.

Haben Sie seit dem Unfall jemals darüber nachgedacht, das Rennfahren aufzugeben?

Nein, das habe ich nicht. Als ich im Krankenhaus lag, musste ich entscheiden, was ich mit meinem Leben anstelle. Ich entschied mich klar dafür, weiter Rennen zu fahren. Die Entscheidung habe ich etwa eine Woche nach dem Unfall gefällt.

Haben Sie weiterhin Kontakt mit der Familie von Anthoine Hubert?

Ja, wir schreiben uns regelmäßig und halten uns über unsere mentalen Fortschritte auf dem Laufenden. Es ist hart für uns alle. Ich möchte Anthoine aber meine Ehre erweisen, indem ich so hart wie möglich an meiner Rückkehr arbeite.

Vor Ihrem Unfall waren Sie Fahrer im Nachwuchsprogramm vom Formel-1-Rennstall Alfa Romeo und hatten gerade Ihre erste Testfahrt in einem Formel-1-Wagen absolviert …

… das ist richtig, und die Leute von Alfa Romeo waren sehr zufrieden mit meinen Leistungen beim Test. Wir hatten außerdem gerade Verhandlungen über ein mögliches Engagement beim Formel-1-Team begonnen. Doch dann kam der Crash.

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Haben Sie durch Ihren Unfall nun den Sprung in die Formel 1 verpasst?

Nein, das denke ich nicht. Denn wenn ich zurückkomme, bin ich immer noch jung, und es ist noch nicht zu spät. Ich werde natürlich meine erste Formel-2-Saison wiederholen müssen. Aber ich werde stärker zurückkommen als zuvor. Da bin ich mir sicher.

Werden Sie in das Nachwuchsprogramm von Alfa Romeo aufgenommen, sobald Sie wieder fahren können?

Für diese Saison gibt es keinen offiziellen Vertrag. Aber Alfa Romeo wartet auf mich – wir sind in Kontakt. Sie haben mich nach meinem Unfall sehr unterstützt. Viele Mitarbeiter des Rennstalls kamen in das Krankenhaus in London, um mich zu besuchen. Wir werden sehen, wann ich zurückkomme, und dann schauen wir weiter.

Auch der deutsche Ferrari-Junior und Formel-2-Fahrer Mick Schumacher wird als zukünftiger Fahrer bei Alfa Romeo gehandelt. Träumen Sie von einem Fahrerduo Schumacher/Correa in Zukunft?

Das wäre großartig! Mick und ich kennen uns seit unserer Zeit in den Kart-Meisterschaften.

Wie schätzen Sie seine Chancen auf ein Formel-1-Cockpit ein?

Dieses Jahr wird für ihn entscheidend. Er muss liefern und braucht eine gute Saison. Wir alle wissen das. Ich wünsche ihm für diese Saison nur das Beste. Es wäre großartig, wenn er ein Cockpit bei Alfa Romeo bekommt. Ein paar Jahre später werde ich ihm nachfolgen und ihm den Hintern heiß machen.

Wie geht es nun bei Ihnen weiter?

Nach meiner Entlassung aus dem Krankenhaus habe ich die letzten Monate hier bei meinen Eltern in Miami verbracht. Derzeit habe ich noch eine Prothese an meinem rechten Bein. Im besten Fall kann ich sie in zwei Monaten abnehmen. In drei bis vier Monaten werde ich wieder mit dem Laufen beginnen können.

Haben Sie vor, in diesem Jahr Formel-1-Rennen zu besuchen?

Ja, das werde ich. Ich bin noch nicht sicher, wann ich in der Lage sein werde, den ganzen Weg nach Europa zu reisen. Sobald es geht, werde ich aber vor Ort sein.

Werden Sie auch an Ihren Unfallort in Spa zurückkehren?

Ja, das wäre schön. Spa war immer eine meiner Lieblingsstrecken. Ich möchte dort einige der Sanitäter und Streckenposten treffen, die mir damals nach dem Unfall geholfen haben. Ich möchte mich bei ihnen mit einer Umarmung bedanken. Ich bin mit ihnen seither in Kontakt.

Wann werden Sie wieder in einem Rennwagen sitzen?

Ich denke, in etwa sieben Monaten. Der riskanteste Teil des Heilungsprozesses ist mein rechter Knöchel. Der hat beim Unfall mit am meisten abbekommen. Momentan kann ich ihn wegen des ganzen Metalls in meinem Bein kaum bewegen. Meine Rückkehr hängt wirklich davon ab, wie gut ich ihn letztlich bewegen kann.

Wie würde für Sie das perfekte Comeback aussehen?

In meinem ersten Jahr möchte ich um Podien und Siege fahren. In der Saison danach will ich um den Titel kämpfen. Das ist die beste Möglichkeit, um in die Formel 1 zu gelangen.

Welche Schlagzeile würden Sie nach Ihrem Comeback am liebsten über sich lesen?

Die beste wäre: "Ein Jahr nach dem Comeback: Correa bekommt ein Cockpit bei Alfa Romeo". Das wäre perfekt. Träumen kostet ja nichts (lacht).

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