Formel 1 in Russland Vettel-Drama nach Traumstart – Hamilton vor WM-Titel
Der viermalige Weltmeister hat trotz überragenden Beginns und langer Führung kein Glück und muss seinen Wagen am Ende abstellen. Dazu gibt es Unstimmigkeiten mit seinem Teamkollegen. Am Ende profitiert der große Rivale.
Lewis Hamilton hat den Großen Preis von Russland gewonnen. Der Mercedes-Pilot setzte sich beim Rennen in Sotschi vor Teamkollege Valtteri Bottas durch, Ferrari-Fahrer Charles Leclerc wurde Dritter. Für Sebastian Vettel war es ein bitterer Tag, er musste seinen Ferrari trotz langer Führung in Runde 28 abstellen. Für Hamilton war es nach drei Ferrari-Siegen in Serie der erste Erfolg seit Anfang August. "Das war genau das, was wir gebraucht haben. Wir geben niemals auf", funkte er.
Hamilton führt im WM-Klassement jetzt noch deutlicher, mit 322 Punkten liegt er vor Bottas (249) und Leclerc (215). Fünf Rennen vor Saisonschluss ist es nur noch eine Frage der Zeit, wann der sechste Titel des Briten auch rechnerisch perfekt ist. Vettel (194) ist längst abgeschlagen, dabei hatte er noch eine Woche zuvor so viel Hoffnung geschöpft.
"Lass Charles überholen"
Ferrari reiste mit zuletzt drei Siegen in Folge nach Russland, das einzige übergeordnete Thema bei der Scuderia war die Unklarheit über die Hierarchie im Team: Ist Vettel oder der "junge Wilde" Leclerc die Nummer eins? Im Qualifying noch lag der Monegasse vorne: Pole für den Youngster, Vettel auf drei noch hinter Hamilton.
Schon der Start verlief spektakulär aus deutscher Sicht – und nährte die Spekulationen: Vettel kam überragend weg, zog sofort an Hamilton im Mercedes vorbei – und schnappte sich in der zweiten Kurve auch seinen Teamkollegen Leclerc. Schon nach wenigen Runden aber kam die Durchsage im Teamfunk: Vettel solle Leclerc vorbeilassen – wie wohl vor Start des Rennens abgesprochen. Offenbar gab es einen Deal: Vettel durfte zum Start im Windschatten an Leclerc vorbei, um vor Hamilton zu bleiben – und sollte seinen jungen Teamkollegen später wieder passieren lassen. "Let Charles by" ("Lass Charles überholen") hieß es im Funk aus dem Ferrari-Kommandostand nach sechs Runden.
Der Hesse aber setzte sich über die Order hinweg, zog immer weiter davon, lieferte eine schnellste Rennrunde nach der nächsten – und machte damit alle Leclerc-Hoffnungen, schnell wieder heranzukommen, zunichte. Das Signal war klar: Ich bin der Schnellste im Rennen – und nicht der junge Kollege. Leclerc zeterte im Teamfunk, konnte nicht verstehen, warum ihn der Routinier so distanzierte.
Vettels Aus stellte das Rennen aus den Kopf
So stark Vettel aber auch fuhr, das Rennen von vorne dominierte und alles aus seinen Softs herausholte – im Team-Gedanken handelte der 33-Jährige nicht, es war ein deutlicher Ego-Trip des viermaligen Weltmeisters. In Runde 23 kam Leclerc in die Box, vier Runden später der Führende: Tadelloser Boxenstopp, Vettel kommt knapp hinter seinem Teamkollegen heraus, die ursprüngliche Teamorder war endlich wiederhergestellt – doch für den Deutschen sollte es noch ganz schlimm kommen. In Runde 28 das Drama: Vettel wurde immer langsamer, drückte wild am Lenkrad herum, musste seinen Ferrari dann aber stehen lassen. Das Aus – und die Vorentscheidung.
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Denn das Rennen war danach komplett auf den Kopf gestellt: Vettels Auto musste vom Streckenrand geborgen werden, Hamilton kam zum Reifenwechsel an die Box, hatte seinen Stop – ebenso wie Teamkollege Bottas – damit schon hinter sich, übernahm die Führung – und gab sie nicht mehr her. Mercedes wurde der Sieg von der Scuderia geschenkt, ein ganz bitterer Tag für die Italiener.
- Mit Material der Nachrichtenagentur SID
- eigene Beobachtungen