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Formel 1 – Jost Capitos Hoffnung: "Davon wird Mick Schumacher profitieren"


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Ex-Teamchef zum Formel-1-Start
"Davon wird Mick Schumacher extrem profitieren"

  • David Digili
InterviewVon David Digili

Aktualisiert am 03.03.2023Lesedauer: 6 Min.
Mick Schumacher: Der 23-Jährige fährt 2023 als Test- und Ersatzpilot bei Mercedes.Vergrößern des Bildes
Mick Schumacher: Der 23-Jährige fährt 2023 als Test- und Ersatzpilot bei Mercedes. (Quelle: IMAGO/HOCH ZWEI)

Die Formel 1 startet in die neue Saison. Der langjährige Teamchef Jost Capito spricht über die Favoriten, die USA-Pläne der Rennserie – und erklärt eine Hoffnung für Mick Schumacher.

Es geht wieder los: 23 Rennen, 20 Fahrer, 10 Teams – die Formel-1-Saison 2023 startet an diesem Wochenende. Den Anfang macht der Große Preis von Bahrain (Sonntag ab 15 Uhr im Liveticker bei t-online). Weltmeister Max Verstappen wird alles daran setzen, im Red Bull seinen dritten Titel in Folge zu gewinnen. Sein großer Rivale Lewis Hamilton will sich nach einer schwächeren Saison wieder zurückmelden – der Brite könnte mit seinem achten WM-Titel alleiniger Rekordweltmeister werden. Auch Ferrari zählt erneut zu den Top-Teams, Charles Leclerc hofft auf mehr Konstanz als im letzten Jahr. Mehr zu den wichtigsten Themen und Fragen der Saison lesen Sie hier.

Einer, der sich auskennt, ist Jost Capito. Der 64-Jährige war von 2021 bis Ende letzten Jahres Teamchef und CEO des Traditionsteams Williams, arbeitet bereits seit Jahrzehnten im Motorsport. Capito beobachtet die Königsklasse weiterhin intensiv. Im Interview spricht er über die Favoriten für die neue Saison, die USA-Pläne der Formel 1, den Umgang mit jungen Fahrern – und die Situation rund um Mick Schumacher.

t-online: Herr Capito, an diesem Wochenende startet die Formel 1 in die Saison 2023. Worauf freuen Sie sich besonders?

Jost Capito: Ich glaube, es wird eine sehr spannende Saison. Natürlich ist es nach den Tests immer schwer zu sagen, wie die Kräfteverhältnisse sind. Sicher hatten noch nicht alle Teams alle neuen Teile vor Ort – man versucht, so lange wie möglich zu entwickeln und so spät wie möglich zu fertigen. Da kommen bestimmt noch Updates bei einigen. Die vergangenen Jahre haben ja auch gezeigt, dass sich die vermeintlichen Schlussfolgerungen aus den Testtagen als falsch herausstellen können. Das hat man dann in den ersten Rennen gesehen.

Trotzdem: Was ist Ihre Prognose für die Saison?

Die großen Teams – Red Bull, Ferrari, Mercedes – werden immer noch einen Vorteil haben. Einfach, weil sie im Vergleich zu den anderen eine überlegene Infrastruktur haben – und auch, weil sie schon von einer ganz anderen Basis starten. Sie hatten im vergangenen Jahr konkurrenzfähigere Autos als die anderen Teams und starten damit auch dieses Jahr mit besseren Grundvoraussetzungen. Und das ist nur ganz schwer aufzuholen. Es wird niemand schaffen, vom zehnten Platz plötzlich auf den ersten oder auf den dritten vorzufahren. Das ist unmöglich.

Max Verstappen geht als zweifacher Weltmeister in die Saison und könnte seinen dritten Titel in Folge gewinnen. Wer kann ihm gefährlich werden?

Das ist ja das Gute am Motorsport: Man kann es nie vorher wirklich sagen. Es kann Crashs geben, es kann technische Ausfälle geben – das wird sich über den Saisonverlauf ausbalancieren –, aber generell wird es sicher packend. Dass Max und Red Bull aber das Potenzial haben, wieder alles zu gewinnen, das steht ja außer Frage.

Mick Schumacher galt und gilt noch immer als großes Talent mit Potenzial. In der vergangenen Saison aber sah er sich ständig Druck von Haas-Teamchef Günther Steiner ausgesetzt. Wie sehen Sie den Umgang mit den Rookies, also den noch jungen Talenten?

Man muss sie gewähren lassen. Die Fahrer setzen schon sich selbst sehr stark unter Druck. Es ist ihr Lebensziel, in der Formel 1 zu fahren, und wenn sie es dann geschafft haben, machen sie sich selbst extremen Druck, mit der Konkurrenz mithalten zu müssen. An Mick hat man es ja am besten gesehen: Formel 2 und Formel 1, das ist ein riesiger Unterschied in der Komplexität während des Qualifyings und während des Rennens. Das sind komplett andere Dimensionen. Zwar können sich die Fahrer im Simulator vorbereiten. Aber der Simulator ist eben doch nicht das Auto auf der Rennstrecke. Dazu fahren die Jungen gegen absolute Superstars mit enorm viel Erfahrung. Das ist schwer. Ein George Russell hat bei Williams auch zwei, drei Jahre gebraucht, bis er auf dieses Level kam.

Zusätzlicher Druck ist also der falsche Weg?

Als Teamchef muss man da aufpassen, dass man den Druck von außen nicht noch erhöht, sondern ihn im Gegenteil abbaut. Die Jungs sollen Spaß am Fahren haben, auch wenn sie nicht vorne mithalten können. Wenn es dann aber zu viele Unfälle gibt, wird es schwierig.

Auch das war ein Problem für Schumacher in der vergangenen Saison …

Ja. Alle Unfälle und die zu ersetzenden Teile fallen unter den Kostendeckel, und wenn dann ein Fahrer eventuell viele Ersatzteile braucht, dann kann man eventuell weniger entwickeln, weil man sonst die Ausgabengrenze überschreiten würde.

Ist er also auch ein Opfer der Umstände?

Ja. Es kommt noch dazu: Man bekommt das Preisgeld aufgrund der Teamwertung am Ende der Saison. Das ist nicht unerheblich. Wenn Punkte verschenkt werden durch Unfälle, dann ist es sehr hart für ein Team, das hat enorme finanzielle Folgen auch für das Budget. Und da kann es dann eben dazu kommen, dass man sagt: Okay, jetzt muss man dem Fahrer vielleicht mal eine Pause gönnen.

Wird Steiner nun zu Recht dafür kritisiert, wie er die Situation gemanagt hat?

Nun ja. Man kann auf keinen Fall Entscheidungen treffen im Gedanken daran "Wie bekomme ich die beste Presse?" oder "Wie kann ich es jedem recht machen?". Das kann man sowieso nicht (lacht).

Schumacher ist 2023 Test- und Ersatzfahrer bei Mercedes. Was halten Sie von dieser Lösung?

Ich glaube, dass das für ihn sehr gut ist. Man hat das ja schon bei Esteban Ocon (aktuell Fahrer bei Alpine, Anm. d. Red.) oder Alex Albon (Williams, Anm. d. Red.) gesehen …

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Zwei Fahrer, die auch zeitweise zu Ersatzfahrern herabgestuft wurden und sich dann einen Stammplatz zurück erkämpft haben …

Genau. Die haben mal ein Jahr pausiert und sind dann stärker zurückgekommen. Wenn Mick jetzt immer bei den Rennen dabei ist und einen Einblick bekommt, wie Mercedes funktioniert und arbeitet – davon wird er extrem profitieren. Er hat eine sehr realistische Chance zurückzukommen.

2023 wird die Formel 1 nach über 40 Jahren nach Las Vegas zurückkehren. Es ist bereits das dritte Rennen in den USA im Rennkalender – wie sehen Sie diesen Trend?

Wenn man sich allein schon die Größe der USA anschaut – da ist das Land mit drei Rennen nicht überbelegt. Ich würde außerdem sagen: Da sieht man nicht nur Potenzial – es wird schon genutzt. Auch dank "Drive to Survive" (Doku-Reihe beim Streamingdienst Netflix, Anm. d. Red.) ist das Interesse besonders in der jungen Fangruppe enorm gestiegen. Ganz speziell bei weiblichen Zuschauern ist der Zuwachs stark. Man erfährt mittlerweile viel mehr über unseren Sport, als dass nur Autos im Kreis fahren.

Wie wird das in den Teams und im Fahrerlager aufgenommen?

Ich würde erst einmal sagen: Auch die Fahrer sind Charaktere, gute Typen. Das ist erst durch "Drive to Survive" wirklich an die Öffentlichkeit gekommen. Davor war es schwierig bis unmöglich, mal hinter die Kulissen zu schauen und die Persönlichkeiten kennenzulernen. Es ist nun mal so: Im Training und im Rennen haben die Fahrer ihre Helme auf, man kann kein Gesicht sehen. Die aktuelle Aufmerksamkeit tut dem Sport doch gut, und das wissen auch alle. Und ich muss noch eines anmerken …

Bitte.

Die Formel 1 liefert ja so viele Dramen, die passen in keinen Film. Da braucht man gar nicht viel dazutun, um es interessant zu machen.

Wie beim Saisonfinale 2021, in dem Lewis Hamilton noch in der letzten Runde des letzten Rennens den Titel an Max Verstappen verlor …

Ja genau. Würde jemand so ein Drehbuch vorlegen, man würde es doch sofort ablehnen und sagen: Das ist unmöglich.

Fans hierzulande sehnen sich natürlich auch nach einer Rückkehr der Formel 1 nach Deutschland. Ist das auf absehbare Zeit realistisch?

Es kommt auf viele Faktoren an. Für Veranstalter ist es sehr teuer, Formel-1-Rennen zu organisieren. Allerdings: Audi kommt 2026 in die Formel 1, zusätzlich zu Mercedes haben wir dann noch mehr deutsche Beteiligung, das wird es natürlich auch für die deutschen Zuschauer noch interessanter machen. Ich denke, dass da immer noch Gespräche stattfinden, aber ob die wirklich dazu führen, dass es in absehbarer Zeit wieder einen Grand Prix in Deutschland gibt, das ist schwer zu sagen. Außerdem umfasst der Rennkalender 23 Rennen, eigentlich ja sogar 24, wenn China nicht ausgefallen wäre. Man ist schon an der Grenze des Machbaren.

Verwendete Quellen
  • Telefoninterview mit Jost Capito
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