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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Festnahme vor dem Gericht Prozess in Nürnberg: "Drachenlord" bekommt noch einmal Bewährung
Vom Internetphänomen auf die Anklagebank: Der "Drachenlord" beschäftigte am Mittwoch erneut das Gericht in Nürnberg. Am Ende wurde Rainer Winkler zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt.
Der als "Drachenlord" bekannte Youtuber Rainer Winkler ist am Mittwoch vom Landgericht Nürnberg zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt worden. Der Angeklagte habe sich unter anderem der gefährlichen Körperverletzung und der Beleidigung schuldig gemacht, sagte der Vorsitzende Richter Axel Dunavs in der Berufungsverhandlung.
Freigesprochen hat das Gericht Winkler von den Vorwürfen bei einem Schlag mit einer Taschenlampe gegen einen Mann an seinem Tor und bei Schlägen gegen zwei Medizinstudenten. Die Besucher hätten alle Aufforderungen ignoriert, Winkler in Ruhe zu lassen, er habe keine andere Möglichkeit gehabt, sich zu wehren.
Bei Faustschlägen gegen einen völlig betrunkenen Mann auf seinem Grundstück (zwei Monate) und beim Wurf mit einem Backstein (vier Monate) hat das Gericht ihn schuldig gesprochen. Für Beleidigungen und Verleumdung von Polizisten erhielt er jeweils mehrfach drei Monate. Daraus wurde die Gesamtstrafe von einem Jahr gebildet.
Bewährung mit Auflagen
Die Bewährung ist mit einigen Auflagen und Weisungen verbunden. Erfüllt Winkler diese nicht, kann die Bewährung widerrufen werden. Er muss Kontakt aufnehmen zu einer Medienberatung oder einer Hilfsstelle wie "Hate Aid", außerdem muss er sich mithilfe eines Bewährungshelfers einen Therapeuten suchen, damit er Strategien entwickeln kann, um mit seiner vom Gutachter festgestellten Anpassungsstörung mit paranoiden Zügen umzugehen. Weiterhin muss er 2.500 Euro an eine Initiative von Eltern krebskranker Kinder zahlen.
Die Staatsanwältin hatte zuvor zwei Jahre und drei Monate Haft für den 32-Jährigen gefordert, der Verteidiger auf eine milde Strafe plädiert. In seiner Urteilsverkündung hob Richter Axel Dunavs auf die Besonderheit des Falls ab: Er sieht demnach in dem Streit zwischen dem "Drachenlord" und seinen Gegnern eine Art der "kollektiven Nachstellung", die der Gesetzgeber so nicht kennen würde.
"Ich möchte mein Leben ändern"
Das Amtsgericht Neustadt an der Aisch hatte den Videoblogger bereits im vergangenen Oktober zu zwei Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt. Staatsanwaltschaft und Verteidigung hatten dagegen Berufung eingelegt.
Winkler hatte in seinem Schlusswort gesagt, er hoffe, nicht ins Gefängnis zu müssen. "Ich möchte mein Leben ändern, und ich zeige das." Er habe alles getan, was er tun könne. Winkler hob hervor, dass er zeitlebens gemobbt worden sei und sich die Situation nicht ausgesucht habe. "Ich werde permanent von Tausenden, von Hunderttausenden angegriffen."
- Landgericht Nürnberg: "Drachenlord"-Prozess zusammengefasst
Staatsanwältin Julia Krell hatte vor Richter Dunavs in ihrem Plädoyer erklärt, dass sich die Situation auch durch den Verkauf seines Hauses und den Wegfall der Pilgerstätte nicht grundsätzlich geändert habe. Weil Winkler weiter Videos produziere und sich ein sehr auffälliges Auto gekauft habe, werde es weiter zu Konfrontationen kommen, und dann auf offener Straße, ohne dass Winkler sich wie im Haus zurückziehen könne.
Prozess in Nürnberg: "Drachenlord" vor Gericht
Krell zitierte Winkler mit seinen eigenen Worten: "Der Drache ist lange ruhig, doch wenn er erwacht, dann heftig." Winkler habe unter Bewährung elf Straftaten begangen, es sei nur eine Frage der Zeit bis zur nächsten Straftat. Seine Übergriffe hätten vergleichsweise glimpfliche Folgen gehabt, das sei aber nur dem Glück zu verdanken. Sie hatte zwei Jahre und drei Monate gefordert.
Winklers Verteidiger hatte sich für ein "maßvolle Mindeststrafe" ausgesprochen und erklärt, für die Körperverletzungen seien die Betroffenen Haider selbst verantwortlich. "Wer am Drachengame teilnimmt, weiß, wie die Rahmenbedingungen sind und dass er austicken kann." Die Besucher hätten wissen müssen, dass es potenziell Haue gibt, sich also darauf eingelassen. Der psychiatrische Gutachter Michael Wörthmüller hatte bei Winkler eine erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit festgestellt.
Einer der Besucher habe sogar explizit "Schlag doch, Schlag doch" gesagt. Damit liege bei diesen Attacken ein Einwillungsfall vor, Winkler habe nicht rechtswidrig gehandelt. Schwerpunkt der Vorwürfe sollten damit die Fälle von Beleidigung und Verleumdung von Polizisten sein.
Staatsanwältin zitiert "Drachenlord" vor Gericht
Seit Jahren streitet sich der Youtuber mit seinen Gegnern: im Internet und der realen Welt. Diese tauchten in der Vergangenheit regelmäßig vor seinem Haus in Mittelfranken auf, um ihn gezielt zu provozieren.
Erneut spielten sich am Rande eines Prozesses des "Drachenlords" kuriose Szenen vor dem Nürnberger Gericht ab. Aufregung kam etwa auf, als der erste Zeuge des Tages später vor dem Gebäude rumbrüllte, die Beamten beleidigte und schließlich festgenommen wurde. Dabei verletzte er einen Polizisten.
- Reporter vor Ort
- Mit Informationen der Nachrichtenagentur dpa