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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Lieber zurück auf Los" Frankenschnellweg: Stoppt jetzt ein Bürgerentscheid den Ausbau?

Es ist entschieden: Die Stadt darf den Frankenschnellweg ausbauen. Aber ein Bürgerentscheid will das jetzt noch verhindern. Selbst im Rathaus sind nicht alle von den Ausbauplänen begeistert.
Kein Verkehrsprojekt spaltet Nürnberg und die Region so sehr wie der Frankenschnellweg. Die marode Stadtautobahn, auf der es sich häufig zu Stoßzeiten staut, soll nach dem Willen der Stadt saniert werden. Doch die Ausbaupläne mit Tunnel gefallen vielen nicht. Der Bund Naturschutz reichte sogar Klage gegen die Pläne ein. Der Fall ging in einem jahrelangen Rechtsstreit bis zum Bundesverwaltungsgericht.
Das hat die Klage gegen den kreuzungsfreien Ausbau am Mittwoch endgültig abgewiesen, die Stadt hat damit Baurecht. Doch die Gegner des Projekts machen weiter mobil. Stoppt ein Bürgerentscheid den Ausbau? Den will jetzt eine Initiative namens "Lieber zurück auf Los" auf den Weg bringen.
"Wollen das nachholen, was die Stadt versäumt hat"
Einer der Köpfe dahinter ist Michael Hauck aus dem Stadtteil Maxfeld. Hauck tritt in der Initiative als Privatperson auf, ist aber auch SPD-Mitglied. "Wir wollen mit dem Bürgerbegehren das nachholen, was die Stadt versäumt hat. Nämlich die Bürger einbeziehen", sagt Hauck. Er und die anderen Initiatoren wollten bewusst keine eigene Lösung vorschlagen, aber die Stadtgesellschaft über die bestehenden Pläne entscheiden lassen.

Das plant die Stadt
Die Stadt möchte den Frankenschnellweg (A73) in zwei Abschnitten ausbauen. Zwischen der Anschlussstelle Nürnberg/Fürth und der Jansenbrücke soll in Fahrtrichtung Hafen eine dritte Spur angebaut werden. Von der Rothenburger Straße bis zur Otto-Brenner-Brücke soll ein 1.800 Meter langer Tunnel gebaut werden, der eine kreuzungsfreie Durchfahrt ermöglicht. Oberhalb des Tunnels soll der Verteilerverkehr zu den einzelnen Stadtteilen fließen. Auf dem südlichen Tunneldeckel soll Platz für einen Stadtteilpark sein.
Die Pläne selbst bezeichnet Hauck als ein "Projekt aus dem letzten Jahrhundert." Die Mobilität in Großstädten habe sich, seitdem die Pläne entworfen wurden, entschieden verändert. Stichwort: Homeoffice. Zudem sei die Klimakrise eine Herausforderung. Er fürchtet eine "massive Flächenversieglung", wenn die aktuellen Pläne umgesetzt würden.
Ähnlich sieht es auch Achim Mletzko, der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Stadtrat. Seine Partei hat sich, anders als die Kooperationspartner CSU und SPD, immer gegen die Ausbaupläne ausgesprochen – und zuletzt einen wohl günstigeren Alternativplan ohne Tunnel vorgestellt. Das Bürgerbegehren bezeichnet Mletzko "als letzte Patrone", die den Ausbau mit Tunnel abwenden könne.

Das haben die Grünen vorgeschlagen
Die Grünen wollen auf den Tunnel verzichten. Sie planen stattdessen, die Fahrbahnen Höhe Gostenhof ein Stück Richtung Norden zu verlegen. So soll südlich des Frankenschnellwegs ein Park entstehen. Zudem will die Partei die bestehenden Kreuzungen reduzieren. Die Grünen informieren auf ihrer Website über den detaillierten Plan.
Neben der Flächenversieglung fürchtet der Kommunalpolitiker vorwiegend die Kosten des Ausbaus. Diese schätzt die Stadt derzeit auf rund eine Milliarde Euro. Selbst wenn der Freistaat, wie von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) angekündigt, 80 Prozent davon übernehmen würde, müsste die Stadt rund 200 Millionen Euro aus dem eigenen Haushalt stemmen.
"Das Projekt wird den Befürworten im Hals stecken bleiben"
Viel Geld – zumal die Stadt ebenfalls am Mittwoch von der Bezirksregierung zum Sparen gezwungen wurde. Mletzko sagt: "Um 9 Uhr haben uns der Kämmerer und der Oberbürgermeister auf eine sparsame Haushaltsführung eingeschworen, um 10 Uhr, als klar war, dass die Stadt bauen darf, sind alle Dämme gebrochen." Das Jubelgeschrei von CSU und SPD habe man vermutlich bis nach Fürth gehört.
"Ich bleibe aber dabei, dieses Projekt wird den Befürwortern noch quer im Hals stecken bleiben", meint Mletzko und sagt weiter: "Ich hätte mir gewünscht, dass unser Alternativplan zumindest einmal angeschaut wird". Andreas Krielgstein, der Fraktionsvorsitzende der CSU, sprach hingegen am Mittwoch nach der Gerichtsentscheidung von einem "Meilenstein der Stadtreparatur". Auch Oberbürgermeister Marcus König (CSU) und Bürgermeister Christian Vogel (SPD) äußerten sich in einer Pressemitteilung der Verwaltung positiv und sprachen davon, schnell mit den Bauarbeiten beginnen zu wollen.
15.000 Unterschriften für Bürgerentscheid notwendig
Doch gerade aus der SPD gibt es auch zurückhaltendere Stimmen – etwa vom Parteivorsitzenden Nasser Ahmed, der zugleich der nächste OB-Kandidat der Sozialdemokraten ist. Im Gespräch mit t-online sagte er, dass entscheidend sei, ob Bayern tatsächlich 80 Prozent der Gesamtkosten übernehme. "Wir wissen nicht, ob Söder zu seinem Wort steht. Wenn nicht, müssen wir über alles nachdenken – ohne Denkverbote", so Ahmed.
Vielleicht ist es am Ende ja der Bürgerentscheid von Hauck und den anderen Initiatoren, der das Thema im Rathaus erneut auf den Tisch bringt. Damit der überhaupt zugelassen wird, muss die Initiative "Lieber zurück auf Los" zunächst einmal rund 15.000 Unterschriften sammeln. Um die ersten wollen sie am Freitag bei einer Auftaktveranstaltung im Künstlerhaus in der Innenstadt werben.
- Telefonate mit Michael Hauck, Achim Mletzko und Nasser Ahmed
- Pressemitteilung der CSU-Stadtratsfraktion vom 26. März 2025
- Pressemitteilung der Stadt Nürnberg vom 26. März 2025
- Eigene Recherchen