Türkischer Wahlkampf in Nürnberg Heftige Kritik für Erdoğan-Plakate – jetzt reagiert die Stadt
Die Stadt Nürnberg hat Wahlwerbung für die türkische AKP und ihren Kandidaten Erdoğan genehmigt. Die Plakate sind weg und die Stadt hat nun auf Kritik reagiert.
Nach Kritik an Wahlplakaten für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan (AKP) in Nürnberg hat die Stadtverwaltung nun reagiert. Die Plakate waren bereits verschwunden, laut Stadt aber ohne ihr Zutun. In der Zukunft soll sich aber einiges ändern.
Die Stadt will jetzt nämlich die Rechtslage ändern. Wie ein Sprecher der Stadt der Deutschen Presseagentur mitteilte, soll die Sondernutzungssatzung geändert werden, die ermöglicht hatte, die Plakate überhaupt aufzuhängen. Dadurch wolle man verhindern, dass Wahlplakate ausländischer Parteien im Ausland im öffentlichen Raum aufgehängt oder aufgestellt würden.
Die Überarbeitung der Satzung hat für den aktuellen Wahlkampf jedoch keine Auswirkung, denn bis sie in Kraft tritt, wird es laut Stadt noch bis Juni oder gar Juli dauern. Die CSU-Stadtratsfraktion hatte zugleich beantragt, politische Werbung für ausschließlich im Ausland stattfindende Wahlen und Abstimmungen künftig von der Sonderregelung auszunehmen.
Was war passiert?
Die Stadt Nürnberg hatte Werbeplakate für die Türkei-Wahl genehmigt. Allerdings offenbar nur für eine Partei: Auf den Plakaten ist ein lächelnder Recep Tayyip Erdoğan zu sehen.
Der türkische Präsident vertritt die islamisch-konservative AKP. Zu lesen sind die Worte "Doğru Zaman, Doğru Adam" (auf Deutsch: "Die richtige Zeit, der richtige Mann"). Die Schilder wurden in mehreren Stadtteilen gesichtet, unter anderem in St. Peter und am Hauptbahnhof.
"Wer lässt so etwas zu?"
Der Menschenrechtler und Lehrbeauftragte am Centrum für Religionswissenschaftliche Studien (CERES), Volker Beck, zeigte sich auf Twitter zunächst verwundert und schrieb: "Wer lässt so etwas zu?"
Eine Antwort auf seinen Tweet kam prompt: "Aufgrund des Wahlkampfes sind 25 Plakate außerhalb der Altstadt im Rahmen einer Sondernutzung vom 22. April bis zum 5. Mai genehmigt worden", hieß es von dem offiziellen Konto der Stadt. Wer genau die Genehmigung beantragt hatte und ob Wahlplakate ausländischer Parteien in deutschen Städten überhaupt angemessen sind, dazu äußerte sich die Stadt zunächst nicht.
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Beck legte nach: Nürnberg mache nun "Werbung für einen ausländischen Autokraten mit städtischem Segen", schrieb er in einem weiteren Tweet. Zu "Bild" sagte er: "2017 versprach der deutsche Innenminister, dass es so etwas nicht gibt. Nun findet es doch statt. Türkischer Wahlkampf hat auf unseren Straßen nichts verloren. Türkische Parteien genießen in Deutschland nicht das Parteienprivileg."
Erdoğan, der seit 20 Jahren regiert, werden von seinen Kritikern immer wieder Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Unter anderem verfolge und unterdrücke der türkische Präsident Oppositionelle. Verfassungsschützer in NRW hatten zudem jüngst vor einer Einflussnahme gewarnt. Es habe offenbar Versuche der türkischen Regierung gegeben, auf Politiker in Deutschland wegen der Wahlen Einfluss zu nehmen.
Auch von anderen Twitter-Nutzern sowie Gegnern von Erdoğan und seiner Partei gab es kritische Kommentare. "Angesichts der Mitverantwortung der AKP für die 50.000 Opfer des Erdbebens und der verheerenden Menschenrechtsbilanz Erdoğans empfinde nicht nur ich eine solche Entscheidung der Verwaltung als zynisch und höchst ignorant", sagte der Essener Politikwissenschaftler Burak Çopur der "Frankfurter Rundschau". "Zudem ist es moralisch höchst verwerflich und eine Verhöhnung aller Opfer des Erdoğan-Regimes, nun ständig sein Konterfei auf den Straßen von Nürnberg zu sehen."
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Çopur habe in einem offenen Brief an den Oberbürgermeister Nürnbergs, Marcus König (CSU), das Abhängen der Plakate gefordert. Möglicherweise mit Wirkung: Laut dem Grünen-Abgeordneten im bayerischen Landtag, Cemal Bozoglu, wurden die AKP-Plakate mittlerweile abgehängt. Das berichtete "Bild" am Sonntagabend. Ob dies aufgrund eines Rückzugs der Genehmigung der Stadt erfolgte, sei unklar.
Erdoğan konnte Mehrheit an Stimmen aus Deutschland einheimsen
Bei den Wahlen am 14. Mai muss Erdoğan um seine Wiederwahl fürchten. Umfragen sehen allerdings seinen stärksten Herausforderer, den Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu, mindestens gleichauf. Er tritt als gemeinsamer Kandidat für eine Allianz aus sechs Parteien unterschiedlicher Lager an und wird zudem von der prokurdischen HDP unterstützt.
Bei den letzten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in der Türkei machten rund 50 Prozent der Wahlberechtigten in Deutschland von ihrem Wahlrecht Gebrauch. Erdoğan erhielt 2018 in Deutschland deutlich stärkere Zustimmung als in der Türkei selbst.
Zuletzt hatten Spekulationen über den Gesundheitszustand von Erdoğan für Aufsehen gesorgt. Der türkische Präsident musste mehrere Wahlkampfauftritte absagen. Hier lesen Sie mehr dazu.
- twitter.com: @Volker_Beck
- twitter.com: @profcopur
- Frankfurter Rundschau: "Nürnberg lässt Plakate von Erdogan zu"
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa