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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Energiekrise Nürnberg schließt Hallenbäder: Wie ernst ist die Lage?
Nürnberg muss Energie sparen. Deshalb schließt die Stadt im Sommer einen Großteil ihrer Hallenbäder. Wie geht es jetzt weiter? Und was bedeutet das für die Mitarbeiter?
Kinder, die planschen; Eltern, die plaudern; Hobbyschwimmer, die trainieren. Eigentlich wäre hier im Nordostbad gerade Hochbetrieb. Doch statt Gekreische herrscht hier Stille, statt Abkühlung Leere. Die Energiekrise ist in Nürnberg angekommen.
"Geschlossen" steht auf einem Schild an der Eingangstür des Nordostbads – und das wird den Sommer über vorerst so bleiben. Wie auch in den anderen zwei städtischen Hallenbädern, in Katzwang und der Südstadt; einzig das Langwasser Hallenbad bleibt im August geöffnet. Der Grund für die drastische Maßnahme: Energie sparen. Dazu sieht sich die Stadtspitze angesichts der Energiekrise bedingt durch den Ukraine-Krieg gezwungen. Am Freitag sorgte die Nachricht bundesweit für Aufsehen.
"Wir wollen in der Krise ein Signal setzen", erklärt Joachim Lächele, der zweite Werkleiter des städtischen Eigenbetriebs NürnbergBad. Bäder seien sehr energieintensiv. Die Schließungen nun seien ihr Beitrag, um für volle Energiespeicher im Winter vorzusorgen, sagt er.
Die Bäder werden größtenteils mit Fernwärme beheizt. "Und wenn kein Gas mehr, dann auch weniger Fernwärme", erklärt Lächele. Die Verantwortlichen prüfen alternative Möglichkeiten der Energieversorgung: etwa Photovoltaikanlagen oder Solarthermie auf den Dächern. Das solle dabei helfen, dass wir uns da unabhängiger machen.
Wäre es keine Lösung, die Wassertemperatur zu senken? Davon hält Lächele nichts. Wenngleich diese energiesparende Maßnahme die Sportschwimmer wohl nicht stören würde, so müsse auf die Rücksicht genommen werden, die sich im Wasser langsamer fortbewegen: Kinder, ältere Schwimmer, Menschen mit Behinderung. "Denen würden wir das Schwimmen vermiesen und sie ausgrenzen."
Schließung von Bädern: Was ist mit den Mitarbeitern?
Was ist mit den Mitarbeitern? Kündigungen gebe es keine, erklärt Matthias Bach, der operative Geschäftsleiter von NürnbergBad auf t-online-Nachfrage. Die Mitarbeiter würden anders eingesetzt, zum Beispiel in den Freibädern oder für Revisionsarbeiten.
Normalerweise würden sie im August im Südstadtbad auf rund 20.000 öffentliche Badegäste treffen. Im Nordostbad hielten sich zur selben Zeit etwa 15.000 Nürnberger auf. Sie alle müssten nun auf das Hallenbad in Langwasser oder die Freibäder ausweichen. Die Stadt Nürnberg rechnet deshalb mit Mindereinnahmen in Höhe von 60.000 Euro, erklärt Bach – abhängig vom Wetter. "Dem stehen aber Einsparungen bei den Energiekosten und Aufwendungen gegenüber, die erheblich über diesen Wert erwartet werden."
Bürgermeister: "Die Lage ist ernst"
"Die Lage ist ernst", sagt auch der zuständige Bürgermeister Christian Vogel in der Pressemitteilung. "Klar ist: Wir müssen Energie einsparen." Klar sei außerdem auch, dass eine merkliche Einsparung nicht ohne Einschnitte und Unannehmlichkeiten einhergehe.
"Damit reagieren wir auf die sich abzeichnende Energieknappheit und machen Wärmeenergie für 383 Haushalte oder rund 1.500 Menschen in Nürnberg frei", heißt es in der Mitteilung weiter. NürnbergBad ist einer der großen städtischen Verbraucher von Wärme und Strom. Insgesamt benötige der gesamte Bereich einen Wärmebezug von etwa 9,4 Millionen Kilowattstunden Fernwärme und circa 800.000 Kilowattstunden Gas.
Was ist mit dem Schulschwimmen?
Deshalb werden die Hallenbäder nun vom 16. Juli bis zum 25. September trockengelegt. Ob sie danach tatsächlich wieder geöffnet werden, das hänge von der Situation im Herbst ab. Sollte dann noch immer Gasknappheit bestehen, muss laut Lächele durchaus darüber nachgedacht werden, die Hallenbäder auch im Winter dicht zu lassen.
Das "Geschlossen"-Schild an der Eingangstür des Hallenbads Nordost verweist derweil auf das Naturgartenbad in Erlenstegen, rund fünf Autominuten entfernt. Die städtischen Freibäder sind von den Schließungen nicht betroffen – ihre Öffnungszeiten werden verlängert, genauso wie ihre Badesaison bis zum 25. September.
Ins Westbad und Stadionbad sowie eben das Naturgartenbad sollen Schulklassen für ihren Schwimmunterricht ausweichen können. Wie viele Schulen von dem Ersatzangebot Gebrauch machen wollen beziehungsweise können, werde gerade mit der Stadt abgestimmt, erklärt Geschäftsleiter Bach.
- Stadt Nürnberg: Pressemitteilung vom 8.7.22
- Nachfrage bei NürnbergBad und Bürgermeister Christian Vogel
- Mit Material von News5