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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Zu wenig Pflegepersonal und Betten Kölner Kinderärzte sorgen sich vor Erkältungswelle
Ungewöhnlich früh im Jahr trifft die Erkältungswelle Köln. Die ersten Fälle traten schon Mitte August auf. Kinderärzte sind besorgt. Im Herbst und Winter rechnen sie mit besonders vollen Krankenhäusern.
Schniefnasen, Husten oder Fieber – in Kölner Kinderarztpraxen geht gerade die Erkältungswelle um und bringt Kinderärzte ins Schwitzen. So früh wie in diesem Jahr hat die Saison noch nie begonnen. Das spürt auch der Kölner Kinderarzt Marc Neukirch, der seine kleinen Patienten in Köln-Seeberg behandelt: "Das Besondere an dieser Erkältungswelle ist, dass sie so früh kommt. Das haben wir hier in unserer Praxis bisher nicht erlebt. Die Zahl der Patienten mit grippeähnlichen Symptomen, Husten, Schnupfen und Fieber ist besonders hoch für diese Jahreszeit."
In der vergangenen Woche seien 200 Patienten in seiner Notfallsprechstunde gewesen. Normalerweise sei der Höhepunkt zwischen November und März zu erwarten.
"Die Kinder müssen die saisonalen Infekte irgendwann nachholen"
Hauptgrund dafür, dass die Erkältungen nun so früh kommen, sei, dass die Kinder wegen der Isolations- und Hygieneregeln zuletzt kaum Kontakt zu den alljährlich auftretenden Viren hatten. "Diese Infekte holen die Kinder jetzt nach", sagt auch Axel Gerschlauer, der NRW-Sprecher für den Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) Nordrhein, "mit den saisonalen Infekten ist es wie mit nicht gemachten Hausaufgaben. Irgendwann muss man sie nachholen."
Und so bekommen die Kinder in diesem Jahr häufiger Infekte als sonst. Eine Erkältung, die ein Kind letztes Jahr gehabt hätte, kommt in diesem Jahr dann noch obendrauf. "Deshalb fällt die Erkältungswelle auch umso heftiger aus", weiß Gerschlauer.
Das RS-Virus ist eine Gefahr für Neugeborene
Die Eltern, die in dieser Zeit zum Kinderarzt gehen, stresst das momentan besonders, weil sich gerade jetzt in Form sogenannter Infektketten eine Erkältung an die andere reiht. "Kaum ist die eine Krankheit vorbei, kommt auch schon die nächste", berichtet Marc Neukirch. Das bringt besonders Berufstätige in Schwierigkeiten, da sie immer wieder wegen ihres Kindes zu Hause bleiben müssen.
Hauptverursacher der Schnupfnasen ist aktuell das Respiratorische Synzytial-Virus (RS-Virus). Das gehört aber zu den alten Bekannten, die jedes Jahr wieder umgehen. Deswegen ist es auch nicht gefährlicher als üblich. Für Früh- und Neugeborene sieht das allerdings anders aus, weiß Axel Gerschlauer: "Bei Früh- und Neugeborenen kann eine Infektion deutlich schwerer verlaufen. Deren Immunsystem ist noch nicht ausgereift, die Atemwege enger und daher anfälliger. Das sind die Fälle, die dann vermehrt im Krankenhaus landen."
Kölner Intensivbetten für Kinder fast ausgelastet
Da jetzt so viele Kinder mit diesem Virustyp in Kontakt kommen, machen sich die Kinderärzte deshalb Sorgen wegen einer drohenden Überlastung der Kinderstationen. Gerschlauer und Neukirch sehen beide einen Grund in der geringen Zahl an Krankenhausbetten für Kinder. Das habe vor allem mit Personalmangel, aber auch mit unzureichender Vergütung der Leistungen auf den Kinderstationen zu tun. Teilweise seien auch jetzt schon die Betten knapp.
In den drei Kliniken der Stadt Köln sei die Situation zurzeit jedoch nicht besonders angespannt. Im Kinderkrankenhaus an der Amsterdamer Straße würde nach Aussage einer Kliniksprecherin die Pflege sichergestellt, indem bei personellen Engpässen die Zahl der verfügbaren Betten reduziert würde. Zumindest das DIVI-Intensivregister zeigt dagegen, dass zumindest die Intensivbetten für Kinder in diesem Krankenhaus ausgelastet sind. Auch im Krankenhaus in Holweide sieht die Situation nicht besser aus. Lediglich die Uniklinik hat noch ausreichend Intensivbetten zur Verfügung. Konkrete Zahlen konnten die Kliniken der Stadt Köln aber nicht liefern.
Im Bereich der Ausbildung von Pflegekräften sehen sich die Kliniken der Stadt Köln aber auf einem guten Weg: "Unsere zur Verfügung stehenden Ausbildungsplätze sind in jedem Jahr voll besetzt, die erfolgreichen Absolventen verbleiben zum weitaus größten Teil bei den Kliniken der Stadt Köln", heißt es. Der Mangel an Pflegenachwuchs ist aber auch hier nicht erst seit gestern ein Thema.
Fachkräftemangel in Pflegeberufen ist "hausgemacht"
Dass dieses Problem schon länger besteht, macht der Deutschen Gesellschaft für Kinder und Jugendmedizin (DGKJ) Sorgen. Sie wirft der Politik vor, den Mangel in den Pflegeberufen teilweise mit verursacht zu haben. Sparzwang hätte Bettenschließungen und Leistungskürzungen zur Folge.
Der Leiter der Kinderklinik der Universität zu Köln und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder und Jugendmedizin (DGKJ) Prof. Jörg Dötsch richtete sich mit einem Appell an die Verantwortlichen und forderte mehr Personal für die Pflege von Kindern: "Kranke Kinder brauchen mehr Zeit und mehr Aufwand der pflegerisch und ärztlich Tätigen. Ihre Erkrankungen sind andere, der Krankheitsverlauf ist anders als in der Erwachsenenmedizin", sagte er auf dem Kongress für Kinder- und Jugendmedizin.
Auch die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen bemängelt die politischen Entscheidungen zu Pflegepersonaluntergrenzen, die auch auf Kinderstationen regelt, wie viele Patienten eine Pflegekraft zu versorgen hat. Danach gilt seit Februar, dass eine Pflegekraft sechs Patienten zu versorgen hat, in der Nachtschicht sind es zehn.
Vor diesem Hintergrund liegt es nahe, dass der Personalmangel so bald nicht beseitigt werden kann. Viele schreckt die Perspektive auf Schichtdienste und schwere Arbeit ab. Der Pflegeberuf ist für viele zu unattraktiv geworden.
- Gespräche mit Axel Gerschlauer und Marc Neukirch
- Stellungnahme der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen
- Stellungnahme der Kliniken der Stadt Köln
- Bundesgesundheitsministerium: Personaluntergrenzen
- Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V
- DIVI-Intensivregister