Antisemitismusvorwürfe WDR lässt El-Hassan nicht "Quarks" moderieren
Der WDR setzt Nemi El-Hassan nicht als Moderatorin einer Wissenschaftssendung ein.
Nach Antisemitismus-Vorwürfen gegen die Journalistin Nemi El-Hassan hat sich der Westdeutsche Rundfunk (WDR) zum jetzigen Zeitpunkt dafür entschieden, die 28-Jährige die Wissenschaftssendung "Quarks" nicht moderieren zu lassen. Das sagte WDR-Intendant Tom Buhrow am Dienstag im WDR-Rundfunkrat.
Das Problem sei in seinen Augen nicht so sehr ihre Teilnahme an einer Al-Kuds-Demonstration vor sieben Jahren, da sie sich davon klar distanziert habe. Es hätten sich aber auch aus jüngster Zeit problematische Likes von ihr in sozialen Netzwerken gefunden.
"Es ist eine schwierige, schwierige Abwägung", sagte Buhrow. Eine Moderation würde aber in jedem Fall zu einer unangebrachten Politisierung der Sendung führen. Allerdings erwäge man, El-Hassan als Autorin für "Quarks" arbeiten zu lassen, sagte Buhrow – also nicht vor, sondern hinter der Kamera.
Al-Kuds-Demos in Berlin: Offener Antisemitismus
Bei den alljährlichen Al-Kuds-Demonstrationen in Berlin waren in der Vergangenheit immer wieder antisemitische Parolen gerufen und Symbole der pro-iranischen libanesischen Hisbollah-Bewegung gezeigt worden.
Der ganze Fall war durch Berichterstattung der "Bild" ins Rollen gekommen: Die Zeitung hatte bekannt gemacht, dass die Journalistin vor mehreren Jahren bei einer Al-Kuds-Demo in Berlin war. Daraufhin hatte sich El-Hassan von der Demo im Jahr 2014 distanziert.
Der WDR teilte anschließend mit, dass er den geplanten Start der Moderation von El-Hassan bei der Wissenschaftssendung "Quarks" vorerst aussetze. Eigentlich hätte die 28-Jährige im November anfangen sollen.
El-Hassan hinter der Kamera: Kritik an WDR-Entscheidung
Zahlreiche Rundfunkratsmitglieder meldeten sich zu Wort und kritisierten ganz überwiegend, dass El-Hassan weiter für den WDR tätig sein solle. Sie könne weder vor noch hinter der Kamera einen Platz haben. "Wir dürfen doch nicht so tun, als ob es unterschiedlich wichtige Aufgabenbereiche im WDR gibt", hieß es in einer Wortmeldung.
Damit tue sich der WDR keinen Gefallen. Das Problem seien weniger die Jugendsünden als die Bekundungen aus neuester Zeit. Man könne israelkritisch sein, aber Freude über Gewalt gegen Israel sei auf keinen Fall zu tolerieren.
Der Rundfunkratsvorsitzende Andreas Meyer-Lauber sagte: "Antisemitische Positionen können und dürfen im WDR keinen Platz haben." Daran lasse man nicht rütteln. Wie man dann im Detail eine Personalentscheidung treffe, sei nicht Sache des Rundfunkrates.
"Die Entscheidung können wir Ihnen hier und heute nicht abnehmen", sagte er an Buhrow gewandt. Die Grundrichtung der Wortmeldungen sei aber deutlich gewesen. Er wünsche sich eine für alle Seiten akzeptable Lösung.
- Nachrichtenagentur dpa