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WDR pausiert Sendung mit Moderatorin El-Hassan: "Ich schäme mich"


Anti-Israel-Demo
Umstrittene WDR-Moderatorin äußert sich – "Ich schäme mich"

Von t-online, ags

Aktualisiert am 15.09.2021Lesedauer: 3 Min.
WDR und Nemi El-Hassan (Archivbild): Nach der Kritik hat der Sender nun reagiert.Vergrößern des Bildes
WDR und Nemi El-Hassan (Archivbild): Nach der Kritik hat der Sender nun reagiert. (Quelle: Montage/t-online/imago-images-bilder)

Auch wenn der WDR die Zusammenarbeit mit der umstrittenen Moderatorin Nemi El-Hassan pausiert hat, gibt es weiterhin Kritik an dem Vorgehen des Senders – und der Journalistin. Nun hat sie ich geäußert.

Nemi El-Hassan sollte im Oktober als Moderatorin des WDR-Wissenschaftsmagazins "Quarks" anfangen. Nachdem ein Medienbericht eine Nähe der Journalistin zu Islamisten nahegelegt hatte, hat der Sender das Vorhaben vorerst auf Eis gelegt. El-Hassan nahm im Jahr 2014 am Al-Kuds-Marsch durch Berlin teil – bei dem es in den letzten Jahren immer wieder zu antisemitischen Äußerungen, Mordaufrufen und zu Gewalt gegen Juden gekommen ist.

Die Moderatorin hat sich nun im "Spiegel" davon distanziert. "Grundsätzlich kann ich sagen, dass es ein Fehler war, auf diese Demo zu gehen, ohne mich vorher ausreichend zu informieren", sagte sie dem Nachrichtenmagazin. Angesprochen auf die judenfeindlichen Parolen, die auf solchen Demos oft gegrölt werden, sagt sie: "Es ist sehr schmerzhaft für mich, über den Mensch nachzudenken, der ich damals war. Ich schäme mich für diese Zeit."

Auch auf Instagram äußerte sie sich bereits zuvor zu den Vorwürfen. Sie habe damals – als sie 19 Jahre alt gewesen sei – "Solidarität mit Palästinenserinnen und Palästinensern" ausdrücken wollen, schreibt sie.

"Keineswegs habe ich während der Demo antisemitische Parolen von mir gegeben", so die Journalistin. Ein Foto zeigt die heute 28-Jährige mitten unter den Demonstranten. Sie steht mit erhobenem Arm vor einer Palästina-Flagge, ein Victoryzeichen zeigend.

El-Hassan über Al-Kuds-Demo: "Erst später eingehend damit befasst"

"Dass dort Menschen jüdischen Glaubens körperlich attackiert worden sind, habe ich erst im Nachhinein erfahren", sagt El-Hassan. Mit den Hintergründen der Demo habe sie sich "leider erst später eingehend" befasst, erklärt sie im Statement weiter. Dann habe sie auch nicht mehr daran teilgenommen.

Am Al-Kuds-Tag, der am Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan liegt, ruft der Iran jedes Jahr zur Eroberung Jerusalems auf. Hintergrund ist die Besetzung Ostjerusalems durch Israel während des Sechstagekrieges 1967. Al-Kuds ist der arabische Name für Jerusalem. 2020 und 2021 fielen die Demos wegen Corona aus. 2019 waren 1.200 Menschen durch Berlin gezogen.

Für Aras-Nathan Keul ist El-Hassans Teilnahme an der israelfeindlichen Demonstration "keine Jugendsünde", wie er t-online sagt. Der Bundesvorsitzende des Jungen Forums der Deutsch-Israelischen Gesellschaft fragt: "Warum hat sie für diese Distanzierung so viele Jahre gebraucht?"

Auch nach El-Hassans Statement und der Ansage des WDR bleiben Fragen offen, so Keul. "Frau El-Hassan hat nicht geantwortet, warum sie für die Distanzierung sieben Jahre gebraucht hat, jetzt alle Tweets löscht – und wie sie heute zu Israel steht. Journalisten in Deutschland brauchen eine eindeutige Haltung zu Antisemitismus und Israel."

"Hätte mir konsequentere Reaktion gewünscht"

Er finde es aber vor allem merkwürdig, wie der WDR auf die Vorwürfe reagiert hat. "Das Problem ist doch: Wie gehen wir als Gesellschaft mit Extremismus um?"

"Ich hätte mir eine konsequente Reaktion des WDR in der Causa El-Hassan gewünscht," sagt Anna Staroselski, Präsidentin der Jüdischen Studierendenunion Deutschland (JSUD).

"Frau El-Hassans Verhältnis zu Israel und Antisemitismus ist auch nach ihrem Statement nicht geklärt. Der WDR hat in seiner Rolle eine besondere Verantwortung, die Bürger über das Weltgeschehen aufzuklären. Es ist daher brandgefährlich, bei der Auswahl von Journalisten nicht genau hinzusehen."

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Islamwissenschaftler verteidigt El-Hassans Dschihad-Darstellung

Die "Bild" hatte in dem Kontext der geplanten Rolle El-Hassans beim WDR auch über einen Beitrag berichtet, in dem die Journalistin über den Dschihad redet. In einem Erklärvideo der Bundeszentrale für politische Bildung soll sie islamistischen Terror relativiert haben, so ein Islamwissenschaftler in dem Bericht.

El-Hassan widerspricht: Ihre Aussagen seien "aus dem Kontext gerissen". In dem Video legte sie Dschihad etwa auch als "freundlich sein" aus.

"Grundsätzlich bezieht sich Dschihad auf den persönlichen Einsatz für die Sache Gottes und die Ideale des Islams", sagte Islamwissenschaftler Rüdiger Seesemann zum Portal "Watson". "Dieser Einsatz kann unterschiedliche Formen annehmen", so der Professor der Universität Bayreuth. Den "Dschihad des Schwertes" hätten sich dann gewaltbereite islamische Bewegungen als Kampfbegriff und Vorbild angeeignet.

Die mangelnde Konsequenz des WDR hatte auch Arye Sharuz Shalicar kritisiert: "Radikale Islamisten müssen bekämpft und nicht befördert werden", twitterte der deutsch-persisch-israelische Schriftsteller am Dienstag. In einem Kommentar in der "Berliner Zeitung" warf er dem WDR vor, radikalen Islamismus zu stärken, weil der Sender die Teilnahme El-Hassans an der Al-Kuds-Demo von Anfang an nicht "kompromisslos" verurteilt habe. Sollte sich El-Hassan verändert haben, verdiene sie eine Chance, so der Schriftsteller.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Gespräch mit Aras-Nathan Keul
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