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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Ex-OB Fritz Schramma zur Wahl "Eine saubere Wahlanalyse findet in der Kölner CDU nicht statt"
Es ist ein kleines politisches Erdbeben, das die Kölner CDU nach der Bundestagswahl verkraften muss. In jedem der Kölner Wahlkreise landen die Christdemokraten bei maximal 20 Prozent. Für Ex-OB Fritz Schramma sind die Probleme hausgemacht.
Der erdrutschartige Absturz der CDU in den vier Kölner Wahlkreisen ist auch ein Fehler der Kreispartei, sagt Ex-OB Fritz Schramma. Kölnweit liegt die Partei mit unter 20 Prozent hinter der SPD, die fast ein Viertel der Kölner Stimmen geholt hat. Die Grünen liegen sogar bei gut 28 Prozent. Auch konnte die CDU kein einziges Direktmandat gewinnen. Die SPD hat dagegen in drei Wahlkreisen gesiegt, Sven Lehmann von den Grünen holte sich das Mandat im Kölner Südwesten.
Im Wahlkreis Köln-Leverkusen IV setzte sich Karl Lauterbach mit 46 Prozent überdeutlich gegen die konservative Mitbewerberin Serap Güler durch, die dem Gesundheitsexperten mit knapp über 20 Prozent unterlag.
Der ehemalige Kölner Oberbürgermeister Fritz Schramma kann das im Interview mit t-online nicht verstehen. "Dass wir keinen unserer Kölner Kandidaten durchbekommen haben, ist äußerst bedenklich", findet er. "Wir hatten ja zumindest mit Serap Güler und Karsten Möhring zwei erfahrene Politiker im Rennen."
Einen Grund sieht er im enormen Zuwachs der Grünen. Allein in der Innenstadt kam die Partei von Annalena Baerbock auf über 40 Prozent, im Studentenbezirk Ehrenfeld noch auf 35 Prozent. Schramma zufolge sei das generell ein Trend in Großstädten. Bei Studenten und auch bei Medienschaffenden kämen die Grünen gut an.
CDU-Parteiführung in Köln laut Schramma Schuld an schlechten Werten
Die Beliebtheit der Grünen sei aber nicht der Hauptgrund für das schlechte Abschneiden seiner Partei, glaubt Schramma: "Irgendwo muss es also doch ein bisschen an der CDU liegen und insbesondere an der Kölner CDU, dass die Wahl so schlecht gelaufen ist." Für ihn hat die Parteiführung in Köln einen entscheidenden Anteil an den schlechten Werten der CDU in der Domstadt.
"Das Problem ist, dass wir schon bei der letzten Kommunalwahl das schlechteste Ergebnis überhaupt eingefahren haben. Eine saubere Analyse hat danach nicht stattgefunden und es wurden daraus auch keine Konsequenzen gezogen", ist er überzeugt. Es brauche eine bessere Diskussionskultur im Kölner Kreisverband und neue Köpfe. Sonst werde die CDU bei der Landtagswahl im Mai das nächste Debakel erleben.
Dass der Wechselwille da ist, zeigt auch die denkbar knappe Wiederwahl des Kölner Parteivorsitzenden Bernd Petelkau, dem der Ex-OB vorwirft, an seinem Posten zu kleben. Mit gerade einmal 51 Prozent hat er den Parteivorsitz verteidigt. Schramma sieht den Neuanfang seiner Christdemokraten in einer Trennung von Partei- und Fraktionsvorsitz im Kölner Rat. Ihm wäre lieber, dass sich mehr Menschen ohne Spitzenamt für die Belange der Partei einsetzen, damit sich inhaltlich etwas bewegt.
Junge Mitglieder wollen lieber schnell aufsteigen statt mitgestalten
"Da geht es unter anderem um Kommunikation, um die Aufarbeitung der bisherigen Defizite und eine bessere Transparenz, auch was die Dezernentenwahl betrifft. Zweimal ist das nicht ganz transparent verlaufen. Und diese Sachen wollen wir diskutieren.“ Eine Diskussion fand beim Kreisparteitag vor drei Wochen allerdings nicht statt, weil Petelkau noch vor der Bundestagswahl den Vorsitz klären wollte.
Schramma wäre ein Termin nach der Bundestagswahl lieber gewesen. Vielen jungen Parteimitgliedern wirft Schramma außerdem vor, dass es ihnen heutzutage mehr um den schnellen beruflichen Aufstieg als um Mitgestaltung in der Partei gehe.
Aber nicht nur innerparteilich, auch programmatisch müsse die CDU in Köln ungewöhnliche Wege gehen, sagt Fritz Schramma: "Was fehlt, sind Visionen, die man aufstellt, wenn man in die Zukunft blickt. Ich bin sehr bei Paul Böhms Idee vom Bahnhof auf der anderen Rheinseite oder auch den Ausbau des Deutzer Hafens bis hin zu einer Überdachung der Hohe Straße." Diese Ideen müsse man mal denken und diskutieren dürfen.
Verkehrswesen in Köln verändern
Auf die Frage, wie er den Grünen wieder Stimmen abjagen könnte, sieht er seine Partei auf dem richtigen Weg. Das Verkehrswesen in Köln muss seiner Meinung nach verändert werden. Tempo 30 in der Innenstadt wäre möglich, aber auch eine unterirdische Ost-West-Achse befürwortet er.
Insofern kann sich Schramma auch gut ein Jamaika-Bündnis vorstellen: "Wenn es sich ergibt, dass die Parteien gut miteinander können und eine Jamaika-Koalition zustande kommen kann, dann hat Armin Laschet natürlich die Möglichkeit, diese Koalition zu schmieden."
Auf kommunaler und Landesebene arbeite die CDU schließlich schon mit den Grünen zusammen. Einen automatischen Anspruch seiner Partei, eine Bundesregierung anzuführen, sieht Schramma allerdings nicht. Und auch von einer möglichen Kanzlerschaft seines Parteifreundes scheint der ehemalige Kölner Oberbürgermeister zumindest nicht ganz überzeugt zu sein.
Zögernd sagt er: "Ich würde mal die Gespräche abwarten. Wir kennen uns schon sehr lange und duzen uns. Was ich ihm aber noch zu sagen hätte, das würde ich ihm lieber persönlich sagen."
- Gespräch mit Fritz Schramma
- "wahlen.stadt-koeln.de": Neuste Ergebnisse zur Bundestagswahl