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Kölns berühmteste Baulücke – Eigentümer zahlt 10.000 Euro Strafe pro Monat


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Skurriler Streit in Köln
Eigentümer zahlt 10.000 Euro pro Monat – für eine Baulücke


Aktualisiert am 16.06.2021Lesedauer: 3 Min.
Die Baulücke mitten in Neustadt-Südt: Wie es mit dem 400-Quadratmeter-Gelände weitergeht, ist unklar.Vergrößern des Bildes
Die Baulücke mitten in Neustadt-Südt: Wie es mit dem 400-Quadratmeter-Gelände weitergeht, ist unklar. (Quelle: Rebecca Welsch)
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Ein Gelände in der Kölner Innenstadt steht seit dem Zweiten Weltkrieg leer – und sorgt für jede Menge Ärger. Die Stadt will den 86-jährigen Besitzer zum Bau von Wohnfläche zwingen, er wehrt sich. Nun hofft manch einer auf sein Ableben.

Das Grundstück ist begrenzt durch Backsteinmauern, die mit Graffiti bemalt sind. Ein paar Autos parken auf dem Schotter, ein bisschen Grün säumt die Ränder. Doch ein Haus sucht man vergeblich auf dem Gelände der Richard-Wagner-Straße 6. Seit Kriegsende ist das etwa 400 Quadratmeter große Grundstück mitten in der Innenstadt unbebaut.

Der Eigentümer, der 86-jährige Eberhard Stöppke, dem auch die Richard-Wagner-Straße 8 und 10 gehören, erwarb das Grundstück bereits im Jahr 2007. Weil er seiner vertraglichen Verpflichtung zum Bau nicht nachkam, zahlt er seit 2010 monatlich 10.000 Euro an die Stadt. Ganz freiwillig tut er das aber nicht: Die Stadt musste die Zahlung dreier Strafen vor Gericht einklagen. Derzeit läuft das vierte Verfahren für den Zeitraum bis März 2020.

Ein im Januar angesetzter Gerichtstermin wurde aufgrund von Corona jedoch abgesagt. Das weitere Verfahren wird schriftlich fortgesetzt. Wann das Gericht zu einer Entscheidung kommen wird, ist der Stadt Köln nicht bekannt. Und wenn das Verfahren entschieden ist, wird ein neues Verfahren nötig – für den Zeitraum März 2020 bis Juni 2021.

Keine Bebauung, kein Verkauf

Dabei hatte Stöppke eigenen Angaben zufolge anfangs noch versucht, das Gebiet zu bebauen: Auf seiner Webseite teilt er mit, dass er insgesamt 14 Bauanträge stellte, diese aber alle abgelehnt wurden. Auch weil es einige Auflagen der Stadt gab: Er wollte etwa eingeschossig bauen, was nicht erlaubt wurde. Als er dann 2014 schließlich eine beschränkte Baugenehmigung für ein Geschäftshaus erhielt, wies die Baustelle erhebliche Mängel auf und wurde stillgelegt. Seitdem versucht Stöppke gar nicht mehr zu bauen. Verkaufen möchte er das Grundstück aber auch nicht.

"Ich bin nicht frustriert, ich bin unendlich traurig", sagt der Bezirksbürgermeister Andreas Hupke. Er kennt die Baulücke seit 47 Jahren und findet es "krass, wie ein Eigentümer die Politik und Verwaltung am Nasenring durch die Innenstadt führt". Auch der CDU-Fraktionsvorsitzender der Bezirksvertretung Ralf Uerlich findet es "ein Unding, dass ich mir die Baulücke noch immer jeden Tag ansehen muss."

Enteignungsvorstoß scheitert

Um die Lücke zu schließen, hat die Bezirksvertretung Innenstadt zweimal mehrheitlich den Beschluss gefasst, ein Enteignungsverfahren zu eröffnen und die Verwaltung mit der Einleitung einer Enteignung beauftragt. Zum Wohl der Allgemeinheit ist dies laut Gesetz auch möglich.

Die Antragsteller verwiesen auf die angespannte Wohnungslage in der Kölner Innenstadt und schlugen vor, auf dem Grundstück beispielsweise Mehrgenerationen-Wohnungen oder einer Kindertagesstätte Platz zu bieten. Die Verwaltung stellte jedoch nach Prüfung fest, dass die Erfolgsaussichten nicht gegeben seien, da das "Allgemeinwohlerfordernis nicht begründbar" sei.

Allein der vorhandene Wohnungsbedarf in Köln sowie stadtgestalterische Gründe würden nicht ausreichen, um eine Enteignung zu rechtfertigen. Auch gebe es keinen dringenden Infrastrukturbedarf, der alternativlos nur auf diesem Grundstück zu decken wäre.

Besitzer nennt Verwaltung "hochkriminell"

Eberhardt Stöppke schweigt indessen. Auch auf mehrmalige Anfrage von t-online äußert sich der 86-Jährige nicht zu seinen weiteren Plänen. Die Bezirksvertretung spricht schon länger nicht mehr mit dem selbstständigen Vermögensverwalter.

Über eine Millionen Euro kostet ihn der Streit, wenn das aktuell laufende Verfahren auch zugunsten der Stadt entschieden wird. Zuzüglich Zinsen.

Stöppke scheint nicht zu versuchen, die Wogen zu glätten. Der frühere Polizist druckte riesige Plakate mit seinen Briefen an die Kölner Oberbürgermeisterin und hängte sie auf seinem Parkplatz in der Richard-Wagner-Straße 10 auf. Zwei von ihm erstellte Webseiten informieren über "die hochkriminellen Kölner Klüngelmethoden". Auf diesen wirft er Stadtverwaltung und Justiz vor, ihm verboten zu haben, seine Bauverpflichtung zu erfüllen.

Neues Gesetz könnte Bebauung voranbringen

Wie es – abgesehen von dem neuen Verfahren – weitergeht, ist unklar. Der Bezirksvertreter der Linken, Michael Scheffer, setzt Hoffnungen in das neue Baulandmobilisierungsgesetz. Künftig sollen Gemeinden anordnen dürfen, dass ein Grundstück mit Wohnungen zu bebauen ist, wenn im Bebauungsplan Wohnnutzungen zugelassen sind. Dies soll in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt gelten. "Und die Wohnungssituation in Köln ist katastrophal", meint Scheffer. Für ihn ist "alles, wirklich alles, besser als der jetzige Zustand".

Auch Bezirksbürgermeister Hupke wünscht sich Gesetze, die ein solches Verhalten eines Grundstücksbesitzers nicht zulassen, auch für die Zukunft. Auf dem Gelände wünscht er sich ein Studierendenwohnheim. Wie dies aber umgesetzt werden soll, weiß auch er nicht: "Die Macht der Kommune ist für mich am Ende. Nicht wenige hoffen darauf, dass der liebe Gott den Mann zu sich nimmt."

Doch was in diesem Fall mit dem Grundstück passieren würde und ob der Streit um Kölns berühmteste Baulücke damit ein Ende hätte, ist fraglich.

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Andreas Hupke
  • Telefonat mit Ralf Uelrich
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