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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Sitzung des Stadtrates Kölner Flüchtlingsunterkünfte sollen geschlossen werden
Ob Flüchtlingsunterkünfte, KHD-Gelände oder Ost-West-Bahn: Der Kölner Stadtrat hat sich erneut über wichtige Themen der Stadt ausgetauscht. t-online hat die wichtigsten und hitzigsten Debatten zusammengefasst.
Im Kölner Gürzenich, dem pandemiebedingten Ausweichquartier, haben sich die Stadtpolitiker getroffen und unter anderem über die Umsetzung der Ost-West-Achse, den Umgang mit Sammelunterkünften für Geflüchtete und das weitere Vorgehen zur Rettung des KHD-Geländes als kulturelles Erbe der Stadt abgestimmt. t-online hat die Debatte im Stadtrat begleitet und die wichtigsten Entscheidungen der Ratssitzung zusammengefasst.
1. Sammelunterkünfte für Geflüchtete: "Keine gute Lösung"
Der Stadtrat hat beschlossen, alle Sammelunterkünfte für Flüchtlinge zu schließen. Das Thema kam dabei kurzfristig durch einen Eilantrag der Fraktionen von SPD, Linken und den Gruppen Klimafreunde und GUT Köln auf die Tagesordnung. Darin forderten die Fraktionen die schnellstmögliche Schließung der Flüchtlingsunterkunft in der Kölner Herkulesstraße in Neuehrenfeld. Dort war es vor Kurzem zu einem größeren Corona-Ausbruch gekommen. Von 108 Bewohnern haben sich 41 mit Corona infiziert, außerdem 16 Mitarbeiter.
Laut dem SPD-Ratsmitglied Michael Paetzold seien Gemeinschaftsunterkünfte keine gute Lösung mehr. Am Anfang der Flüchtlingskrise seien sie zwar noch nötig gewesen. Mittlerweile sei die Zahl der Geflüchteten aber stark zurückgegangen. Güldane Tokyürek von den Linken äußerte sich ähnlich: "Wir wollen zurück zur regulären Unterbringung an dezentralen Orten."
Laut Oberbürgermeisterin Henriette Reker sei die Notaufnahmeeinrichtung in der Herkulesstraße jedoch nur noch zu 20 Prozent belegt und die Familien seien sehr wohl in einzelnen Zimmern untergebracht. Der Rat hat mit einer deutlichen Mehrheit beschlossen, die Bewohner der Unterkunft so bald wie möglich in Einrichtungen unterzubringen, die einen besseren Infektionsschutz sichern. Auch Hotelzimmer kämen infrage. Außerdem gibt es künftig einen Aufnahmestopp für alle Gemeinschaftsunterkünfte dieser Art und die Verwaltung soll ein Konzept ausarbeiten, unter welchen Voraussetzungen auch die übrigen Sammelunterkünfte geschlossen und ersetzt werden können.
2. "Der Geburtsort des Ottomotors muss erhalten bleiben"
Beinahe einmütig haben sich die Ratsfraktionen bei der Diskussion über das weitere Vorgehen in Sachen KHD-Gelände gezeigt. Mit Ausnahme der AfD-Fraktion haben sich alle dafür ausgesprochen, dieses historische Gelände zu erhalten. Die Stadtverwaltung wird mit dem Kauf des KHD-Geländes beauftragt.
Ob sich der Besitzer aber darauf einlässt, bleibt abzuwarten. Eine Grundbesitzverwaltungsgemeinschaft streitet sich seit mehreren Jahren mit der Stadt um den Erhalt dieses industriegeschichtlich und kulturell wertvollen Gebäudeareals an der Deutz-Mülheimer-Straße. Rettung erhoffen sich die Ratspolitiker durch das Vorkaufsrecht, das sich die Stadt bereits 2020 gesichert hat. Michael Weisenstein von den Linken forderte einen Direktankauf des Areals.
Der FDP Fraktionsvorsitzende Ralph Sterck mahnte allerdings zur Vorsicht: Bei den Verhandlungen mit dem Eigentümer müsse behutsam vorgegangen werden, man dürfe den Eigentümer nicht verschrecken. "Der Geburtsort des Ottomotors muss als Erbe erhalten bleiben", sagte er. Maria Helmis von der SPD setzte sich für den Kauf des Grundstücks ein: "Dieser Dringlichkeitsantrag bietet die letzte Chance, das historische Gelände im Sinne des Gemeinwohls zu installieren."
Erst im Januar hat das Kölner Landgericht zugunsten des Besitzers entschieden, dass die Kündigungen der Gewerbeflächen in der ehemaligen Hauptverwaltung von Klöckner-Humboldt-Deutz wirksam sind.
3. Ost-West-Stadtbahn: "Mammutprojekt" spaltet
Als dritter großer Punkt stand die Debatte über die Umsetzung der Ost-West-Stadtbahn auf der Liste. Zwei mögliche Lösungen stehen im Raum: oberirdisch und unterirdisch als Tunnel.
Die Fraktion von Die Partei kritisierte zunächst die Ausschreibung scharf. "Die Kampagne ist tendenziös und undemokratisch", sagte Michael Hock. Die Kampagne favorisiere die Tunnellösung, so der Vorwurf. Verkehrsdezernentin Andrea Blome soll gegenüber dem "Kölner Stadt-Anzeiger" gesagt haben, dass es durch die PR-Kampagne "bis zum finalen Variantenentscheid möglichst wenig Störfeuer und keine Grundsatzdebatte über das Projekt" geben sollte. Ein Antrag der Partei, die Ausschreibung zu stoppen, wurde dennoch abgelehnt.
Klimafreunde: Beim U-Bahn-Bau wird zu viel CO2 ausgestoßen
Auch über die Ausführung der Stadtbahntrasse waren sich die Ratsmitglieder uneins. Linke und Klimafreunde mahnten an, beim Tunnelbau würde so viel Kohlenstoffdioxid ausgestoßen, dass dies erst nach etlichen Jahren durch die U-Bahn-Linie kompensiert werden würde. Die Grünen wollen beide Lösungen prüfen, bevorzugen jedoch die oberirdische Variante wegen der kürzeren Bauzeit. SPD-Mann Jürgen Kircher hat dagegen die Tunnellösung verteidigt: Nur mit drei Tunneln könne die Kapazität der Bahn gesteigert werden.
Für Niklas Kienitz (CDU) bringt die unterirdische Lösung Köln auch städtebaulich nach vorne, da der Neumarkt und Rudolfplatz dadurch aufgewertet werden könnten.
"Wir vertrauen darauf, dass die Ost-West-Stadtbahn unglaublich teuer wird, ein Chaos mit sich bringt und der Bau sehr lange dauern wird", sagte Thor-Geir Zimmermann von der Ratsgruppe GUT. Er rechnet damit, dass der oberirdische Ausbau der Stadtbahn das Rennen macht, sobald "diese Aspekte" bekannt werden.
Schließlich hat die Mehrheit der Parteien den Antrag von Linken und Klimafreunden abgelehnt. Damit werden weiterhin beide Ausbauvarianten erarbeitet und geprüft. Wenn die Ergebnisse beider Planungen vorliegen, soll die Entscheidung für oder gegen eine Tunnelführung endgültig fallen.
- Eigene Recherche
- Livestream der Stadtratssitzung vom 4. Februar