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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Traurig zu sehen" So trostlos lief der Karnevalsauftakt unter Corona-Bedingungen
Bis zum frühen Nachmittag verlief der 11.11. in Köln ruhig. Vereinzelte Kostümierte kamen trotzdem – um ein Zeichen in diesen schwierigen Zeichen zu setzen. t-online-Autorin Susanne Wächter hat sich in der Jeckenhochburg umgeschaut.
Wilfried Domberg und seine Bekannte Käthe wollten ein Zeichen setzen. "Und ein bisschen Freude verbreiten", wie er sagt. Verkleidet mit Jackett, etlichen Stickern und natürlich dem obligatorischen rot- weißen Ringelshirt darunter, ganz so wie er sonst auch am 11.11. zum Heumarkt kam, zieht er mit seiner Begleitung durch die Altstadt von Köln. Ganz ohne Alkohol versteht sich, denn der ist an diesem Tag im öffentlichen Raum verboten. Es sei schon traurig zu sehen, dass kaum jemand auf dem Heumarkt sei. "Wir haben das Verbot zähneknirschend zur Kenntnis genommen", sagt er.
Auch die Altstadt zeigt sich von einer eher untypischen Seite. Menschenleere Gassen und geschlossene Lokale prägen das Bild, das es so in diesem Bereich am 11.11. nicht gibt. Dafür eine Menge Polizisten, städtische Ordnungskräfte und Security. Zu tun hatten sie wenig. Nur vereinzelt radelten ein paar Jecken durch die Straßen.
So wie Bellinda und ihr Partner Ingo. Die beiden feiern normalerweise am Tanzbrunnen auf der anderen Rheinseite. An diesem Vormittag fahren sie mit dem Rad durch die Stadt und rufen den Passanten ihr fröhliches "Alaaf!" zu. "Die meisten finden es gut", sagt die 58-Jährige, die bislang mit einem Kostümladen selbstständig war. "Doch jetzt bin ich pleite", sagt sie pragmatisch und zuckt mit den Schultern.
Bunte Hüte als ein Zeichen
Traurig sind Helga und Monika. Das Mutter-Tochter-Gespann ist immer am 11.11. unterwegs. So auch an diesem Tag. Statt Kölsch haben sie kleine Wasserflaschen eingepackt. Und eine Mini-Musikbox für die Stimmung. Den auf kölsche Musik wollen sie dann doch nicht verzichten. Die beiden Frauen wollen ein bisschen Freude an diesem einsamen Sessionsauftakt verbreiten. Bunte Hüte haben sie sich aufgesetzt, ansonsten verzichteten sie auf die übliche Maskerade. "Ich finde es gut, dass auf den Massenkarneval verzichtet wird in diesem Jahr", sagt Monika. Auch wenn es sie als kölsches Mädchen wirklich traurig mache, dass der Karneval in diesem Jahr ausfalle.
Wo man an diesem Tag auch hinschaut, die Worte von Oberbürgermeisterin Henriette Reker im Vorfeld des 11.11., "trink doch kene met" scheinen erhört worden zu sein. Die sonst bereits um 10 Uhr abgeriegelte Zülpicher Straße zeigt sich von ihrer trostlosen Seite. Alle Lokale haben geschlossen, nur die Kioske halten ihre Verkaufsräume geöffnet. In der Südstadt, einer der Hochburgen des kölschen Karnevals, ist es ebenso ruhig. Beliebte Feierhotspots haben geschlossen, auch wenn sie normalerweise Außer-Haus-Verkauf anbieten. Tische und Stühle sind weggeräumt.
Während einige Kölner wehmütig zum vergangenen Jahr schauen, zeigen sich Stadt und Polizei zufrieden. Bislang sei alles ruhig in der Stadt, sagt ein Stadtsprecher auf Nachfrage. Es sei wirklich ein Tag wie jeder andere. Auch die Polizei hatte bis zum frühen Nachmittag keinerlei Einsätze zu melden, die mit unerlaubten Feierenden zu tun hatten. Aber der Tag sei noch lang.
- Eindrücke vor Ort
- Gespräche mit Passanten in Köln