Klage gegen Bistum Berliner Erzbischof: "Da waren bestimmt blonde Mädchen"

Eine Frau, die als Mädchen von einem Priester missbraucht wurde, klagt in Köln gegen die katholische Kirche. Dazu hat das Gericht auch den Berliner Erzbischof als Zeugen gehört.
Der Berliner Erzbischof Heiner Koch hat in einem Prozess vor dem Landgericht Köln als Zeuge ausgesagt. In dem Verfahren hat eine 58-jährige Frau das Erzbistum Köln auf 830.000 Euro Schmerzensgeld verklagt.
Die Frau ist die frühere Pflegetochter eines Geistlichen, der nach Feststellung des Kölner Landgerichts von 1993 bis 2018 neun Mädchen teils schwer sexuell missbraucht hat. Die Klägerin ist in den 70er- und 80er-Jahren zu seinem Opfer geworden. Damals war der Mann noch als Diakon tätig und befand sich in der Ausbildung zum Priester. Immer wieder verging sich der Mann über die Jahre hinweg an seiner Pflegetochter, die zusammen mit ihrem Bruder bei ihm im Priesterseminar gelebt haben soll.
Im Februar 2022 wurde der Geistliche wegen schweren sexuellen Missbrauchs in Köln zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Dem Richterspruch ging ein spektakulärer Strafprozess voraus, in dem zahlreiche Opfer zu Wort kamen. Unter den Betroffenen waren sowohl Töchter von Freunden des Priesters als auch Kinder aus seiner Kirchengemeinde.
Pflegekinder schildern Begegnungen im Speisesaal und Schwimmbad des Priesterseminars
Aufgrund der Verjährungsfristen zum Tatzeitpunkt ist der Mann zivilrechtlich nicht mehr zu belangen. Im aktuellen Verfahren geht es deswegen darum, ob das Bistum Köln im Sinne einer Amtshaftung die Ansprüche auf Schmerzensgeld erfüllen muss.
Die Klägerin und ihr Pflegebruder lebten mit zwölf und 13 Jahren in einem Bonner Kinderheim. Dorthin kam der Geistliche zunächst als Besucher. Schließlich beantragte er, die zwei Kinder in Pflege zu sich zu nehmen, was ihm auch bewilligt wurde. Während ihrer Jugend lebten die Pflegegeschwister mit dem Mann unter einem Dach.
Daran, dass die Kinder von 1978 bis 1980 bei ihm im Pfarrhaus in Alfter bei Bonn lebten, erinnerte sich auch noch ein 80-jähriger Pfarrer im Ruhestand. Er habe aber nicht gewusst, dass es im Dachgeschoss seines Pfarrhauses für den Diakon samt Kindern nur zwei Zimmer gegeben habe, wie es übereinstimmend die Klägerin und ihr Bruder beschrieben.
Berliner Erzbischof erinnert sich nicht an Kinder
Keiner der damaligen Seminaristen bestätigte die Aussagen der Klägerin. So sagte etwa der Berliner Erzbischof Heiner Koch, die Kinder seien ihm nicht aufgefallen. Koch lebte damals auch in dem Priesterseminar. "Wir glauben, dass es niemandem entgangen sein kann, dass sich ein kleines blondes Mädchen dort aufgehalten hat", hielt ihm einer der Anwälte der Klägerin, vor.
Seine Mandantin und ihr Pflegebruder hatten beschrieben, dass sie beispielsweise das Frühstück mit anderen im gemeinschaftlichen Speisesaal eingenommen hätten. Der Bischof antwortete ebenso ausweichend wie, mit Blick auf die Einrichtung für angehende Priester, erstaunlich: "Da waren bestimmt blonde Mädchen, Erinnerungen habe ich daran aber nicht." Kinder seien immer mal wieder im Priesterseminar gewesen, vor allem Messdiener. Etwa zum Kaffeetrinken nach Gottesdiensten, so Koch. Den späteren Täter habe er nur flüchtig gekannt. "Wir waren nicht befreundet", sagte der Erzbischof. An den Wochenenden sei er selbst kaum dagewesen.
Das Gericht hat beiden Seiten Zeit eingeräumt, schriftlich zu den Aussagen Stellung zu nehmen. Als Entscheidungstermin hat das Gericht den 6. Mai 2025 festgesetzt.
- Reporterin vor Ort
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa