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Mord mit Insulin? Prozess gegen Tochter in Köln startet


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Der Mutter Insulin gespritzt
Mord oder Sterbehilfe? Tochter vor Gericht


14.10.2024Lesedauer: 3 Min.
Christoph Grabitz und Alisa Wiedemann vertreten eine 61-Jährige,die versucht hat, ihre demente Mutter mit Insulin zu töten: Das Kölner Landgericht verhandelt, ob sie dabei Mordabsichten hatte.Vergrößern des Bildes
Christoph Grabitz und Alisa Wiedemann vertreten eine 61-Jährige,die versucht hat, ihre demente Mutter mit Insulin zu töten: Das Kölner Landgericht verhandelt, ob sie dabei Mordabsichten hatte. (Quelle: Johanna Tüntsch)

Zweimal soll eine 62-Jährige ihrer demenzkranken Mutter Insulin verabreicht haben, um sie zu töten. Die Angeklagte gab die Tat zu, sagt aber, sie habe auf Wunsch der Mutter gehandelt.

Zweimal soll die 61-Jährige, die auf der Anklagebank vor der 5. Großen Strafkammer des Kölner Landgerichtes sitzt, versucht haben, ihre Mutter umzubringen: zuerst am 3. September 2023, dann noch einmal am 14. Januar dieses Jahres. Beide Male habe sie versucht, das Leben der demenzkranken, inzwischen 89-jährigen Frau mit der Verabreichung von Insulin zu beenden. So lautet die Anklage. Die Seniorin habe eine Hypoglykämie und Krampfanfälle erlitten, sei aber nach einem Aufenthalt in der Uniklinik ohne bleibende Schäden wieder in das Heim in Köln-Ehrenfeld gebracht worden, in dem sie lebt.

Schon vor Beginn der Verhandlung machte der Vorsitzende Richter publik, dass die Angeklagte durch ihre Tätigkeit als Schöffin ihm und einer seiner Kolleginnen bekannt sei. Dies sei allerdings von einer anderen Richterin geprüft worden. Es sei nicht zu beanstanden. Die Frage nach einer möglichen Befangenheit stellt sich demnach nicht.

Die Angeklagte, die selbst im Pflegebereich tätig ist, bestreitet im Wesentlichen nicht die Tatsachen, stellt sie aber in einen ganz anderen Zusammenhang. Mündlich äußerte sie sich nur zu ihren persönlichen Angaben, dem Namen und dem Wohnort. Dann schwieg sie und überließ das Reden ihrem Verteidiger. Der verlas ein emotionales Schreiben, das die Angeklagte in der Untersuchungshaft verfasst hatte.

"Zeitpunkt für einen würdigen Ausstieg verpasst"

"Ich habe meiner Mutter ein Retard-Insulin verabreicht, um ihr das Leben abzunehmen", das ein "unwürdiges Dahinvegetieren, eine Situation, in die sie niemals geraten wollte", gewesen sei.

Die ausgebildete Buchhalterin sei eine lebensfrohe Frau gewesen. Vom würdigen und unwürdigen Altern und Sterben habe die alte Dame eine sehr genaue Vorstellung gehabt. Umso mehr, nachdem ihre eigene Mutter und ihre Schwester an Alzheimer erkrankt und gestorben seien. "Sie hatten den Zeitpunkt für einen würdigen Ausstieg aus dem Leben verpasst", so die Worte der Angeklagten: "Bald mutierten sie zu grenzdebilen Kleinkindern", und weiter: "Die Persönlichkeit löst sich auf. Wenn man Pech hat, hält die Hochleistungsmedizin den Körper noch jahrelang am Leben."

Seniorin soll Tochter zur Sterbehilfe gedrängt haben

"Meine Mutter wollte mich dazu verpflichten, ihr aktiv aus dem Leben zu helfen." Aus Angst vor einer Gefängnisstrafe habe sie das zunächst abgelehnt. Die Mutter habe daraufhin, einmal mit einer Kombination von Schmerzmitteln und Antidepressiva, einmal mit einer Überdosis von Abführmitteln, selbst versucht, das eigene Leben zu beenden.

Das Leben im Heim sei kein würdiges gewesen. Nach dem Tod des Vaters, der trotz einer Jahrzehnte zurückliegenden Trennung die große Liebe der Mutter gewesen sei, habe diese noch intensiver den Wunsch nach einem Suizid geäußert. Am 3. September 2023 habe die angeklagte Pflegerin daher ihrer Mutter mehrere Tabletten eines Antidiabetikums auf den Nachttisch gelegt – "im Glauben, ihrem Wunsch zu entsprechen." Auch habe sie sich gedrängt gefühlt, da die Mutter ihr immer wieder gesagt habe: "Du bist vom Fach."

Insulin von Arbeitsstelle entwendet

Nachdem es im September 2023 nicht zum Tod der alten Dame gekommen war, habe sich im Januar darauf eine Situation ergeben, in der die Seniorin angesichts alter Fotos weinte und sagte: "Alle tot. Ich will zu Mutti." Auf die Frage: "Wo möchtest du hin?", habe sie explizit geantwortet: "Tot. Nicht hier." Die Angeklagte habe dann ihre Mutter in den Arm genommen und ihr Insulin aus einem Pen -einer Art Spritze- verabreicht. Das Mittel habe sie von ihrer Arbeitsstelle entwendet.

Auf Fragen der Kammer wollte sie zunächst nicht antworten. Dies legte ihr der Vorsitzende Richter jedoch nahe: "Wenn das ein Geständnis werden soll, muss da noch etwas kommen." Auch deutete er an, dass die Auswertung von Suchanfragen der Angeklagten den Begriff "der perfekte Mord" zu Tage befördert habe, "aber von Sterbehilfe findet man da nichts." Der Prozess wird fortgesetzt. Ein Urteil ist für den 11. Dezember geplant.

Verwendete Quellen
  • Reporterin vor Ort
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