Gericht schützt Mitarbeiterin Kündigung nach Treffen zur "Remigration" aufgehoben
Eine Angestellte der Stadt Köln nahm an einem Treffen in Potsdam teil, bei dem über "Remigration" gesprochen wurde. Laut Gericht wurde sie deshalb zu Unrecht gekündigt.
Allein die Teilnahme an dem Potsdamer Treffen über "Remigration" rechtfertigt nach einem Gerichtsurteil noch keine außerordentliche Kündigung. Die von der Stadt Köln ausgesprochene Kündigung gegen Simone Baum, eine der Teilnehmerinnen des Treffens, sei unwirksam, entschied das Arbeitsgericht Köln laut einer Mitteilung. Gegen das Urteil kann Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln eingelegt werden.
Die 64-Jährige ist seit dem Jahr 2000 bei der Stadt Köln beschäftigt und war zuletzt zentrale Ansprechpartnerin für das Beschwerdeamt im Umwelt- und Verbraucherschutzamt. Am 25. November vergangenen Jahres hatte sie an dem Treffen in Potsdam teilgenommen, woraufhin die Stadt mehrere außerordentliche Kündigungen ausgesprochen hatte. Die Stadt begründete das damit, dass Baum durch die Teilnahme an dem Treffen mit mutmaßlich rechtsextremen Teilnehmern und der Diskussion von Remigrationsplänen gegen ihre Loyalitätspflicht gegenüber ihrem Arbeitgeber verstoßen habe.
Teilnahme rechtfertigt keine Kündigung
Das Arbeitsgericht entschied jedoch, dass allein die Teilnahme noch keine außerordentliche Kündigung rechtfertige. Aus der Teilnahme lasse sich noch nicht ableiten, dass sich Baum "in innerer Übereinstimmung mit dem Inhalt der Beiträge befunden" habe. Ein Eintreten für verfassungsfeindliche Ziele etwa durch Wortbeiträge ihrerseits sei ihr nicht vorgeworfen worden.
Das Gericht sah bei Baum außerdem nur eine sogenannte einfache und keine gesteigerte politische Treuepflicht. Das Maß an Loyalität und Treue zum öffentlichen Arbeitgeber sei von der Stellung und dem Aufgabenkreis des jeweiligen Arbeitnehmers abhängig. Danach schuldet ein Arbeitnehmer lediglich ein solches Maß an Loyalität, "das für die funktionsgerechte Verrichtung seiner Tätigkeit unabdingbar" sei. Diese einfache Treuepflicht werde erst durch ein Verhalten verletzt, das darauf ausgerichtet sei, verfassungsfeindliche Ziele aktiv zu fördern oder zu verwirklichen.
Stadt Köln kann noch in Berufung gehen
Die Stadt Köln hat noch nicht entschieden, ob sie gegen das Urteil in Berufung gehen wird. "Sobald das mit den Urteilsgründen versehene Urteil zugestellt wird, wird es insbesondere im Hinblick auf die Erfolgsaussichten eines Berufungsverfahrens geprüft", teilte eine Sprecherin mit. Ein Vergleich zwischen den beiden Parteien war zuvor nicht zustande gekommen.
Über das Treffen radikaler Rechter in Potsdam hatte das Medienhaus Correctiv berichtet. An der Konferenz hatten auch AfD-Politiker sowie einzelne Mitglieder der CDU und der sehr konservativen Werteunion teilgenommen. Der frühere Kopf der Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, hat der Deutschen Presse-Agentur bestätigt, dass er bei dem Treffen über "Remigration" gesprochen hat.
Wenn Rechtsextremisten diesen Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll – auch unter Zwang. Laut Correctiv nannte Sellner drei Zielgruppen: Asylbewerber, Ausländer mit Bleiberecht und "nicht assimilierte Staatsbürger".
- Nachrichtenagentur dpa