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Köln: Stadtrat stimmt über Ost-West-Achse ab – kommt der Innenstadt-Tunnel?


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Entscheidung im Herbst erwartet
Elf Jahre Bauzeit: Kommt der Mega-Tunnel für Köln?


Aktualisiert am 05.06.2024Lesedauer: 5 Min.
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KVB-Tunnel in der Südstadt (Symbolbild): Fällt die Entscheidung für den Tunnel, könnte die KVB bald an viel mehr Stellen unterirdisch fahren. (Quelle: Arnulf Hettrich/imago)

Damit künftig mehr Menschen mit der Linie 1 fahren können, plant die Stadt eine große Baumaßnahme. Eine Variante ist ein gigantischer Tunnel durch die Innenstadt. t-online beantwortet die wichtigsten Fragen dazu.

Köln steht in diesem Jahr vor einer zukunftsweisenden Entscheidung für die Innenstadt: Wird die Strecke vom Aachener Weiher über Rudolfplatz, Neumarkt und Heumarkt bis zur Deutzer Brücke untertunnelt oder nicht? Für den Ausbau der sogenannten Ost-West-Achse werden derzeit eine unterirdische und eine oberirdische Bau-Variante diskutiert, der Rat muss sich für eine der zwei Vorschläge aus der knapp 50-seitigen Beschlussvorlage entscheiden. Kommt der Tunnel, steht Köln eine riesige Baustelle bevor, die rund eine Milliarde Euro kosten wird. Das Wichtigste im Überblick:

Was ist die Ost-West-Achse überhaupt?

Mit der Ost-West-Achse bezeichnet die lokale Politik den Streckenverlauf der Linie 1 von Weiden-West bis Bensberg.

Was ist das Problem auf der Ost-West-Achse?

Die Züge der Linie 1 sind zu Stoßzeiten oft überfüllt. Die KVB kann aber nicht einfach mehr Züge einsetzen, weil zum einen das Fahrpersonal fehlt und die Strecke zum anderen durch die Nutzung der drei Linien 1, 7 und 9 bereits stark ausgelastet ist. Also sollen künftig längere Bahnen fahren: statt 60 Metern sind diese dann 90 Meter lang. Dafür müssen 34 Bahnsteige verlängert werden, die derzeit zu kurz für 90-Meter-Bahnen sind.

Den Umbau der Bahnsteige für die längeren Bahnen wird in drei Teilprojekte untergliedert:

  • Bereich West: Weiden bis Universitätsstraße
  • Bereich Innenstadt: Universitätsstraße bis Deutzer Brücke
  • Bereich Ost: Technische Hochschule bis Bensberg

Wo und warum soll der Tunnel gebaut werden?

Für den Bauabschnitt Innenstadt gibt es derzeit zwei Varianten, über die voraussichtlich im Oktober im Stadtrat entschieden werden soll: eine oberirdische Verlängerung der Bahnsteige, so wie auf den anderen Bauabschnitten, oder eine unterirdische Umsetzung, also ein Tunnel. Der Tunnel soll den Verkehr oberirdisch entlasten und eine Alternative zur Verlängerung der Bahnsteige oberirdisch bieten.

Wann würde der Tunnel gebaut?

Der Baubeginn könnte nach derzeitigen Planungen frühestens Mitte 2029 erfolgen und sich bis 2040 hinziehen. Die oberirdische Variante ließe sich nach heutiger Einschätzung bis 2034 fertigstellen.

Könnte die KVB während der Tunnel-Baustelle fahren?

Ja, die Baustelle soll im laufenden Betrieb stattfinden. Dazu werden provisorische Haltestellen eingerichtet. Diese sollen auch für die 90-Meter-Langzüge nutzbar sein.

Was spricht für und gegen den Tunnel?

Die Tunnel-Gegner verweisen auf die hohen Kosten des Projekts, die jahrelange Bauzeit mitten in der Innenstadt und nicht zuletzt die Auswirkungen der Baustelle auf das Klima. Die Tunnel-Befürworter sagen, dass die Bahnen unterirdisch störungsfreier und schneller fahren könnten und oben mehr Platz für Straßen und Plätze mit mehr Aufenthaltsqualität bliebe.

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Was kostet der Tunnel? Und was die oberirdische Variante?

Nach aktuellen Schätzungen kostet der Bau des Tunnels etwa 940 Millionen Euro. Dazu kommen noch Baunebenkosten und Kosten für die Öffentlichkeitsarbeit. Die Gesamtkosten würden somit eine Milliarde Euro übersteigen.

Die rein oberirdische Verlängerung der Bahnsteige könnte die Stadt für rund 160 Millionen Euro realisieren. Auch hier kommen Baunebenkosten und Kosten für die Öffentlichkeitsarbeit hinzu. In Summe würden dann etwa 193 Millionen Euro fällig.

Ein weiterer Kostenfaktor sind die Zinsen, die die Stadt auf Kredite bezahlen muss. Je nach Zinssatz könnten das für die oberirdische Variante zwischen 16 und 20 Millionen Euro sein, für die unterirdische Variante zwischen 105 und 135 Millionen Euro.

Muss die Stadt Köln die Kosten alleine tragen?

Nein. Sowohl der Tunnelbau als auch die oberirdische Variante wären förderfähig, das heißt, die Stadt würde Zuschüsse von Bund und Land bekommen. Sie müsste dann im besten Fall nur zehn Prozent der Kosten selbst tragen. Trotzdem müsste sie für die verbleibenden Kosten Kredite aufnehmen und Zinsen zahlen.

Was kommt auf die Anwohner an der Tunnel-Baustelle zu?

Über die gesamte zu untertunnelnde Strecke sind mehrere offene Baugruben geplant, die teilweise die gesamte Straßenbreite einnehmen werden. Wohnungen und Geschäfte sollen aber weiterhin fußläufig erreichbar sein.

Gab es in Köln schon mal ein vergleichbares Tunnelprojekt?

Ja, der Tunnel, der für die Nord-Süd-Stadtbahn unter der Alt- und Südstadt verlegt wurde, ist länger. Vom Bonner Wall bis zur Haltestelle Rathaus bohrten die drei Tunnelbohrmaschinen, die auf die Namen "Tosca", "Rosa" und "Carmen" getauft wurden, in den Jahren 2006 und 2007 rund 3,7 Kilometer Röhre. Bei dem nun geplanten Tunnel wären es 2,3 Kilometer.

Wer ist dafür? Und wer ist dagegen?

Unter den fünf größten Ratsfraktionen in Köln – CDU, Grüne, Linke, FDP und SPD – sind derzeit nur die CDU und die FDP klar für den Tunnelbau. Grüne und Linke favorisieren die oberirdische Variante, die SPD ist noch unentschieden.

Wie argumentieren die einzelnen Parteien?

Die Grünen sehen den Tunnelbau vor allem auch unter ökologischen Gesichtspunkten kritisch. "Um den ÖPNV in Köln weiter zu stärken, müssen wir die Kapazität auf der Ost-West-Achse erhöhen. Wir Grüne setzen uns dabei für den oberirdischen Ausbau ein. Diese Variante ist – bei vergleichbarem verkehrlichen Nutzen – günstiger, nachhaltiger und kann schneller umgesetzt werden als der unterirdische Ausbau. Für uns ist klar: Köln braucht keinen Tunnel, dessen Bau dem Klima schadet, jahrelange Baustellen im Herzen der Stadt verursacht und obendrein Milliarden kostet", sagt Lino Hammer, Vorsitzender des Verkehrsausschusses und Fraktionsgeschäftsführer der Grünen.

Die CDU argumentiert vor allem mit dem Stadtbild, das ihrer Meinung nach durch oberirdisch fahrende 90-Meter-Bahnen negativ beeinträchtigt werden würde. "Der Testlauf mit den 90-Meter-Bahnen hat uns ganz klar gezeigt: Wir brauchen unbedingt diesen Tunnel auf der Ost-West-Achse. Wenn die 90 Meter langen Bahnen oberirdisch fahren sollten, dann Gute Nacht. Dann sieht man die Stadt vor lauter Bahnen nicht mehr – insbesondere, wenn sich zwei dieser Ungetüme auf der Strecke treffen. Nur mit einem Tunnel erhalten wir die Jahrhundertchance, unsere Innenstadt attraktiv zu gestalten und eine hohe Aufenthaltsqualität zu erreichen. Wir brauchen in Köln einfach wieder den Mut, große Projekte anzugehen", sagte Ronald Larmann, Sprecher der Fraktion, t-online.

Die SPD will sich mit der Entscheidung noch Zeit lassen. Lukas Lorenz, verkehrspolitischer Sprecher der Ratsfraktion, sagte t-online : "Unser Ziel: Mehr Menschen bewegen in Bus und Bahn. Das ist keine Frage der ober- oder unterirdischen Streckenführung. Wir werden jetzt die kommende Beschlussvorlage lesen und eine Lösung erarbeiten, die auch neue Stadtbahnverbindungen und dichtere Takte ermöglicht. Das Beharren auf Maximalforderungen vergiftet die Debatte und schadet der Zukunft Kölns. Deswegen werden wir für die beste Lösung stabile Mehrheiten organisieren und alles dafür tun, noch in diesem Jahr zu entscheiden."

Die Linke stört sich vor allem an der hohen Investitionssumme, die ihrer Meinung nach sinnvoller eingesetzt werden könnte. "Der Tunnel bringt keine höhere Beförderungskapazität und verkürzt die Fahrtzeit laut KVB nur um drei bis vier Minuten. Dafür dürfen nicht Milliarden verbuddelt und die Innenstadt mit einer Baustelle jahrzehntelang lahmgelegt werden. Gelder und Personal sollten in den raschen oberirdischen KVB-Ausbau investiert werden, wo viele Teilstücke fehlen und Vororte keine Schienenanbindung haben. Wir brauchen 100 Kilometer mehr Schienen statt 2,4 km Tunnel. Wichtige Ausbauprojekte will die KVB aber nun fallenlassen zugunsten des Tunnels. Ein Tunnel bringt nicht mehr Zuverlässigkeit, denn Köln hat kein geschlossenes Metrosystem wie andere Großstädte. Darum steht die Stadtbahn vorher und nachher wieder im Straßenverkehr, und jede Störung dort wirkt sich auch auf Bahnen im Tunnel aus."

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Die FDP-Fraktion ist für den Tunnelbau. "Der Tunnel ist die einer Metropole angemessene Lösung, um eine echte Entlastung in der hochverdichteten Innenstadt zu schaffen und sorgt gleichermaßen für viel mehr Aufenthaltsqualität", sagt Ben Schöppen, Pressesprecher der FDP. Wie sich die Fraktionen von Volt und AfD entscheiden, ist noch unklar. Sie könnten mit ihren Stimmen das berühmte "Zünglein an der Waage" sein

Neben den Parteien engagieren sich auch Bürgervereine für das Thema. Die Bürgerinitiative "Bündnis Verkehrswende Köln" hat eine Onlinepetition gegen den Tunnelbau gestartet und bisher rund 9.200 Unterschriften erzielt.

Wann fällt die Entscheidung?

Eigentlich sollte der Stadtrat am 24. Juni final über das Thema abstimmen. Nun ist allerdings eher von einer Entscheidung in der Sitzung am 1. Oktober auszugehen. Der Grund: In den Anlagen zur Beschlussvorlage fehlt ein detaillierter Bericht zur Berechnung des Kosten-Nutzen-Faktors für beide Varianten. Den wollen die meisten Parteien sehen, bevor sie entscheiden.

Verwendete Quellen
  • Anfrage bei der CDU-Ratsfraktion
  • Anfrage bei der SPD-Ratsfraktion
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