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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Aufruf von "NRW erwacht!" "Querdenker" und Rechtsextreme demonstrieren in Köln
"NRW erwacht!" ist ein Sammelbecken für Impfgegner, Rechtsradikale und ein Überbleibsel der Corona-Demos. Nun will das Bündnis in Köln auf die Straße gehen.
Zunächst demonstrierten sie gegen die Corona-Maßnahmen. Heute kämpfen sie gegen das Weltwirtschaftsforum (WEF), "den grünen Mist" und "Volksverräter", wollen "Frieden schaffen ohne Waffen". Die Mitglieder des Bündnisses "NRW erwacht!" haben sich einem bunten Potpourri an Feindbildern und Zielsetzungen verschrieben, die sie in den sozialen Medien und via Messenger-Diensten verbreiten.
Für den kommenden Samstag hat der Zusammenschluss eine Demonstration auf dem Kölner Heumarkt angekündigt. Das Motto der Versammlung: "Tut es für das Vaterland, jagt die Grünen aus dem Amt." Die Organisatoren schreiben bei Telegram: "Es liegt an uns, zu zeigen, was wir wollen bzw. nicht wollen." Und weiter: "Also werdet aktiv, und zwar über das normale Maß hinaus. So wie früher."
Demos fanden schon in Essen und Bochum statt
Die Gruppe hat bereits in anderen Städten in NRW Versammlungen und Demonstrationen auf die Beine gestellt. Etwa in Solingen, Wuppertal, Essen und Bochum. Teilnehmer der Demo forderten mit Plakaten, dass man die Grünen "an die Ostfront" schicken sollte, skandierten gegen Amerika und den Kapitalismus, aber für Russland. Redner sprachen sich unter anderem gegen den "Great Reset" der "globalen Finanzelite" aus.
"Great Reset" ist der Name einer Initiative des Weltwirtschaftsforums, um die Weltwirtschaft und -gesellschaft nach der Corona-Pandemie neu zu gestalten. Verschwörungsideologen sehen in ihr die Schaffung einer neuen Weltordnung (New World Order) unter der Herrschaft einer finanziellen und politischen Elite.
Wer steckt hinter "NRW erwacht!"?
Bei "NRW erwacht!" handelt es sich um ein Bündnis mehrerer Gruppierungen, die sich zum Großteil ab dem Beginn der Corona-Pandemie gebildet haben. Aus dem nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz heißt es auf Anfrage von t-online, dass sich der Zusammenschluss am 29. Juli 2022 gegründet habe. Ziel sei es, die Demonstrationen der einzelnen Gruppen zu bündeln. So seien auf den Demonstrationen eine Vielzahl von Gruppierungen vertreten, heißt es aus dem nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz weiter.
Unter den Gruppen befänden sich etwa der "Demokratische Widerstand Dortmund", die "Freiheitstrommeln", die "Corona Rebellen Bergisch Land", "Bielefeld steht auf" (BSA) und die "Corona Rebellen Düsseldorf". Eine entscheidende Rolle aber würden die "Freien Düsseldorfer" spielen, die sowohl den Anmelder als auch einen Großteil der Ordner bei den Demonstrationen stellen.
300 Teilnehmer in Köln erwartet
Die letzte Demonstration des Bündnisses fand mit 300 Teilnehmern im Mai in Bochum statt. "Darunter auch Personen, die der Reichsbürger- und rechtsextremistischen Szene zuzurechnen sind", so der Verfassungsschutz NRW weiter. Auf Anfrage von t-online teilte die Kölner Polizei mit, dass für die Demonstration am Samstag ebenfalls 300 Teilnehmer angemeldet sind.
In Bochum hatten sich Gegendemonstrationen angemeldet, um den Mitgliedern von "NRW erwacht!" etwas entgegenzusetzen. Dabei sei es auch "zu Wortgefechten zwischen Teilnehmern beider Demonstrationen gekommen", wie es aus dem Verfassungsschutz heißt. "Das ist auch für die kommende Veranstaltung in Köln prognostizierbar."
"Zunehmende Einflussnahme von Rechtsextremisten"
In Köln haben etwa die "Omas Gegen Rechts" auf Twitter zum Gegenprotest aufgerufen. "Die sind gefährlich, wir können jede Unterstützung brauchen", heißt es dort mit Blick auf die kommende Versammlung des Bündnisses. Eine Anfrage von t-online, diese Aussagen zu konkretisieren, blieb von den "Omas Gegen Rechts" zunächst unbeantwortet.
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Laut Verfassungsschutz finden sich in den Reihen des Bündnisses auch Teile der rechtsextremen Szene in NRW. So stelle der Verfassungsschutz bei den Demonstrationen von "NRW erwacht!" "eine zunehmende Einflussnahme von Rechtsextremisten fest". Bekannte Rechtsextremisten würden als Ordner oder Redner eingesetzt und bei den Veranstaltungen geduldet. Aber was macht das Bündnis für das rechte Spektrum attraktiv?
Laut Verfassungsschutz werde bei den Versammlungen versucht, den "sogenannten 'harten Kern' der Corona-Protestszene zu vernetzen" und "die Anschlussfähigkeit an die bürgerliche Mitte wiederherzustellen". Dies geschehe etwa dadurch, dass aktuelle Themen wie die Energiekrise und der Krieg in der Ukraine bei den Demonstrationen aufgegriffen werden.
"Dies bietet für vereinzelte Rechtsextremisten und Reichsbürger ein willkommenes Sammelbecken und die Möglichkeit, in die bürgerliche Mitte einzusickern, was dementsprechend auch vereinzelt beobachtet werden kann", heißt es dazu aus dem Verfassungsschutz.
Verfassungsschutz behält die Entwicklung im Blick
Neben diesen Themen hätten aber auch Verschwörungsmythen einen hohen Stellenwert innerhalb des Bündnisses und den einzelnen Gruppierungen, die ihm angehören. "So werden wiederkehrend der 'Great Reset", die 'New World Order', die 'Macht der Banken und Konzerne', eine Unterjochung der Menschheit unter Leitung des Weltwirtschaftsforums und Klaus Schwab, 'Chemtrails' und die 'Flacherde' thematisiert."
Der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz gibt an, die Entwicklung des Bündnisses genau im Blick zu behalten.
- Eigene Recherche
- Anfrage beim nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz
- Anfrage bei der Polizei Köln
- ruhrbaron.de: "NRW erwacht: Sambatrommeln, Konzentrationslager Bundesrepublik und Drohnenträume"
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