Geplanter Neubau Darum geht es im Streit um die Wuppertaler Ditib-Moschee
Der Verband Ditib plant den Neubau einer Zentralmoschee und eines Kulturzentrums in Wuppertal. Der Stadtrat stimmt zu, es gibt aber auch Widerstand.
Der Ditib-Moscheeverband möchte eine neue Zentralmoschee in Wuppertal errichten. Gegenüber ihrem jetzigen Standort auf einem städtischen Grundstück an der Gathe in Elberfeld. Auf diesem befindet sich jedoch das Autonome Zentrum. Und dessen Akteure stellen sich quer. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.
Was ist los in Wuppertal?
In Wuppertal-Elberfeld herrscht Streit. Grund dafür ist der geplante Neubau einer Ditib-Zentralmoschee an der Gathe – am Standort des hier ansässigen Autonomen Zentrums (AZ). Dieses müsste für den Neubau weichen, die Autonomen aber geben sich kämpferisch. "Wir werden ab jetzt einen Kampf wieder aufnehmen, der lange befriedet schien. Den Kampf um ein Autonomes Zentrum in Wuppertal", verkünden sie auf ihrer Website mit Blick auf einen Entschluss des Wuppertaler Stadtrats von Anfang März.
Im Stadtrat nämlich stimmte eine Mehrheit von FDP, CDU, Grünen und Teilen der SPD für den Neubau der Moschee. Das neue Grundstück der Ditib soll 6.000 Quadratmeter messen, neben der Moschee soll es eine Kita sowie Wohnheime für Studierende und Senioren geben. Während die Moscheegemeinde und der Stadtrat sich durch den Neubau eine Aufwertung des Gathe-Quartiers erhoffen, stößt das Bauvorhaben auch auf Kritik. Schließlich ist die Ditib, der größte sunnitisch-islamische Verband der Bundesrepublik, umstritten.
Was ist die Ditib?
"Ditib" ist die türkische Abkürzung für "Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion". Der Verband hat seinen Hauptsitz in Köln-Ehrenfeld, vor dem Kölner Amtsgericht wird er seit Mitte der 80er-Jahre als eingetragener Verein geführt. Nach eigenen Angaben vereint der Dachverband "bundesweit 896 Ortsgemeinden". Das Vereinsziel sei es, "Musliminnen und Muslimen einen Ort zur Ausübung ihres Glaubens zu geben und einen Beitrag zur Integration zu leisten", schreibt die Ditib auf ihrer Website. "Darüber hinaus engagieren wir uns intensiv im sozialen Bereich."
In der Kritik steht der Verein unter anderem deshalb, weil er direkt dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan unterstellt ist. Somit befindet er sich unter der Leitung, Kontrolle und Aufsicht des staatlichen Präsidiums für religiöse Angelegenheiten (Diyanet) und wird deshalb von Kritikern als verlängerter Arm der türkischen Regierung betrachtet.
Diyanet veröffentlichte 2016 einen Comic für Kinder, in dem der Märtyrertod als erstrebenswert verherrlicht wird. Mitglieder der Ditib wiederum sind durch antisemitische sowie rassistische Äußerungen aufgefallen, der Verband leugnet darüber hinaus den Völkermord an den Armeniern während des Ersten Weltkrieges. Mustafa K., Vorsitzender der Ditib-Gemeinde in Göttingen, wurde 2022 wegen Volksverhetzung verurteilt, Gefängnis-Imame des Verbandes wurden vom Verfassungsschutz überprüft.
Darüber hinaus werden immer wieder Vorwürfe laut, dass die Ditib mit den türkischen Geheimdiensten zusammenarbeite. Der Verband soll zudem Kontakte zu der islamistischen Muslimbruderschaft und den rechtsextremistischen Grauen Wölfen pflegen.
Welche Verbindungen hat die Ditib zu Erdoğan?
Die Ditib ist eng mit dem türkischen Staat verbunden und untersteht dem direkten Einfluss des Präsidenten. Die Imame des Moscheeverbands werden an staatlichen theologischen Hochschulen ausgebildet und für die Dauer von fünf Jahren nach Deutschland geschickt. Sie werden vom türkischen Staat bezahlt und sind daher als Beamte von ebendiesem zu betrachten.
Deutlich geworden ist die politische Einflussnahme auch nach dem Einmarsch der türkischen Truppen in Nordsyrien 2018. Im Anschluss, so berichtete unter anderem die Deutsche Welle, "hatte der Leiter dazu aufgerufen, in Moscheen für den Sieg der Türkei zu beten. In der Folge tauchten auch in Ditib-Moscheen in Deutschland Videos auf, die uniformierte Kinder im Vorschulalter zeigten."
Im selben Jahr eröffnete die Ditib ihre Zentralmoschee im Kölner Stadtteil Ehrenfeld. Zur Eröffnung reiste Erdoğan persönlich an. Der damalige nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet hatte seiner Teilnahme an der Eröffnung eine Absage erteilt, da diese nicht der richtige Ort für offenen Austausch und einen kritischen Dialog sei.
Wie stehen die Chancen für die neue Moschee?
In Wuppertal sprechen die Befürworter im Stadtrat von einem "vertrauensvollen Verhältnis" zu den Mitgliedern der Ditib. "Der Neubau eines Kultur- und Gemeindezentrums soll Bildungs- und Dialogchancen sowie ein Umfeld des Zusammenkommens unterschiedlicher Kulturen und Religionen bilden", heißt es in der Beschlussvorlage des Rates. Damit das neue Gemeindezentrum der Ditib entstehen könne, sei jedoch der Ankauf des Grundstücks nötig, auf dem sich das Autonome Zentrum befindet. Für dieses will sich die Stadt Wuppertal aktiv auf die Suche eines alternativen Standortes begeben.
Die Autonomen aber wollen bleiben und haben Widerstand gegen das Vorhaben angekündigt. "Die Stadt kuschelt weiter mit den angeblich so 'netten langjährigen Weggefährten' von der Ditib und lässt sich von deren Kohle locken", schreiben sie auf ihrer Website.
Woher kommt das Geld für den Neubau?
Die Ditib verneint eine Beteiligung am geplanten Neubau aus der türkischen Staatskasse. Das Projekt soll immerhin 30 Millionen Euro kosten. Das Geld dafür will der Verband laut Domradio über Spenden und Partner akquirieren, die sich in das Projekt einkaufen können.
- az-wuppertal.de: Statement zum Stadtratsbeschluss
- ditib.de: Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V.
- ditib-rvd.de: DITIB Zentralmoschee Wuppertal
- domradio.de: Streit um geplanten Neubau einer Ditib-Moschee in Wuppertal
- bild.de: Neue Macht-Moschee in Wuppertal
- dw.com: Erdogan und DITIB: Das passt
- ris.wuppertal.de: Beschlussvorlage vom 24. Januar 2023
- ris.wuppertal.de: Verleihung einer Ehrenbürgerschaft der Stadt Wuppertal an Recep Tayyip Erdogan gemäß § 34 der Gemeindeordnung für das Land NRWAntrag der Ratsgruppe Die PARTEI vom 15.02.2023