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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Beziehungsdrama vor Kölner Gericht Mann soll hochschwangere Geliebte im Wald misshandelt haben
Ein 25-Jähriger soll seine hochschwangere Geliebte eine Woche vor deren Geburtstermin entführt und misshandelt haben – zusammen mit einer Komplizin.
Wie einen Bühnenauftritt inszenierte ein 25-Jähriger, der aus der Haft vorgeführt wurde, sein Erscheinen vor Gericht: Mit schwarzem Jackett, präzise frisiertem Haar und in kerzengerader Haltung betrat er den Saal. Kaum hatte er sich gesetzt, warf er einen Handkuss in Richtung der Zuschauerreihen. "Meine Frau und meine Kinder", kommentierte er später in Richtung des Vorsitzenden Richters und zwinkerte den kleinen Mädchen, die das Geschehen mit großen Augen und mucksmäuschenstill verfolgten, immer wieder fröhlich zu.
Die Vorwürfe, die die Staatsanwaltschaft ihm und einer mitangeklagten 21-Jährigen macht, passen zu diesem familienfreundlichen Auftritt ganz und gar nicht. Im September 2021 soll er eine Frau, die von ihm schwanger war, in ihrer Wohnung mit Faustschlägen und Tritten verletzt haben, um sie zur Herausgabe von Geld zu zwingen.
Weil sie ihr Geldversteck nicht verriet, habe er die Wohnung durchsucht, im Bad schließlich 600 Euro gefunden, diese mitgenommen und die Frau in der Wohnung im 25. Obergeschoss eingeschlossen, ohne ihr einen Schlüssel zu überlassen. Erst einen Tag später soll er sie wieder freigelassen und ihr einen verbliebenen Betrag von 70 Euro zurückgebracht haben.
Prozess in Köln: Einschüchterung im Wald
Anfang November sollen er und die Mitangeklagte dieselbe Frau bei einem Spaziergang in Deutz abgefangen und gegen ihren Willen in ein Waldstück nahe der belgischen Grenze gebracht haben, um sie dort unter Druck zu setzen, mit dem Ziel, dass die Frau ihre Anzeige wegen des Vorfalles in der Wohnung zurücknehme.
Laut Staatsanwaltschaft zogen die beiden Angeklagten die Frau bis auf die Socken aus, schlugen sie und drohten, sie allein im Wald zurückzulassen, wenn sie die Anklage nicht zurückziehe. Die hochschwangere Frau, deren Geburtstermin für die darauffolgende Woche berechnet war, habe den Forderungen schließlich zugestimmt.
Chatprotokolle dokumentieren emotionale Achterbahnfahrt
"Ich hatte mit ihr seit Mitte 2018 eine Beziehung", gab der Mann zu. Als Chatverläufe zwischen dem Angeklagten und seiner Geliebten verlesen wurden, verließ die Mutter des Angeklagten mit dessen kleinen Töchtern den Saal. Seine Ehefrau, die bis dahin viel gelächelt hatte, hörte mit unbewegter Miene und glasigem Blick zu.
Den Kurznachrichten zufolge flehte der Angeklagte seine Geliebte an, das gemeinsame Baby nicht von einem Stiefvater aufziehen zu lassen, nannte das ungeborene Kind "die kleine Prinzessin". Er bettelte um Nachrichten der Mutter und schrieb, dass er kurz vor dem Selbstmord sei. Liebesbeteuerungen wechselten in den Nachrichten mit Beleidigungen. Auch Geldstreitigkeiten waren dem Austausch zu entnehmen.
Angeklagter sieht im Gerichtssaal erstmals sein Neugeborenes
Als erster Zeuge wurde ein Freund des Angeklagten vernommen. Er gab an, über die Beziehung zwischen dem Angeklagten und der Frau, die dieser außerehelich geschwängert und anschließend misshandelt haben soll, nichts sagen zu können: Dafür sei der Kontakt nicht eng genug gewesen. Er kenne sie aber aus der Nachbarschaft, das Paar habe in Meschenich zusammengelebt.
Der Angeklagte hatte zuvor dem Gericht geschildert, dass er und seine Frau nach einigen Umzügen glücklich gewesen seien, endlich eine gemeinsame Wohnung in Porz gefunden zu haben. Bis zu seiner Inhaftierung habe er dort mit seiner Frau und vier Kindern gelebt, inzwischen ist ein fünftes Kind des Paares geboren.
Die Mitangeklagte kenne er ebenfalls nur flüchtig über den Angeklagten, so der Zeuge. Über die Rolle der 21-Jährigen in dem Beziehungsdrama wurde am ersten Prozesstag noch nichts bekannt. Ihr Verteidiger kündigte Angaben zu einem späteren Zeitpunkt an. Zu den Vorwürfen schwiegen zunächst beide Angeklagten.
Kurz vor der Rückführung des 25-Jährigen in die Haft bat er: "Ich möchte einmal mein neugeborenes Baby sehen". Die Bitte wurde ihm gewährt. Umringt von drei Wachtmeistern nahm er das eine Woche alte Kind aus dem Kinderwagen und gab ihm einen Kuss, während seine fünf und sechs Jahre alten Töchter die Arme um den Vater schlangen.
- Besuch der Gerichtsverhandlung