Hannover Hilbers erwartet höhere Steuereinnahmen in Niedersachsen

Die öffentliche Hand in Niedersachsen muss den Gürtel in den kommenden Jahren weniger eng schnallen als noch im Mai befürchtet. Nach der aktuellen Steuerschätzung werden deutlich höhere Steuereinnahmen erwartet als bisher prognostiziert. Das Ergebnis eröffne nur geringe Handlungsspielräume und Möglichkeiten für Ausgabensteigerungen, sagte Finanzminister Reinhold Hilbers am Montag in Hannover. Er sei froh über die Schätzergebnisse, sie seien aber "kein Anlass zur Euphorie", betonte der CDU-Politiker. Demnach wird das Land von 2021 bis 2025 rund 7,1 Milliarden Euro mehr einnehmen als im Mai veranschlagt.
Hilbers kündigte an, bislang eingeplante konjunkturelle Nettokreditaufnahmen würden nicht benötigt, frühere Kredite würden aufgelöst. Der Minister betonte aber auch, die Prognose der Steuereinnahmen sei in hohem Maße ungewiss und mit "einigen Risiken" verbunden, wie die stark steigenden Corona-Infektionszahlen zeigten: "Das kann in der Pandemie auch in eine andere Richtung gehen." Auch sei der Anstieg der Steuereinnahmen gerade im laufenden Jahr auch durch die hohe Inflation getrieben, erklärte er. Höhere Preise bedeuteten höhere Steuern.
Dennoch habe sich die deutsche Wirtschaft in der Krise als robust erwiesen, Deutschland habe sich schneller erholt als der Rest Europas. Das erlaube es, früher als geplant zu einem ausgeglichenen Haushalt zurückzukehren, kündigte Hilbers an.
Der Landeshaushalt kann in diesem Jahr mit rund 31,2 Milliarden Euro, im kommenden Jahr mit rund 32,1 Milliarden Euro, 2023 mit 32,7 Milliarden Euro, 2024 mit 33,6 Milliarden Euro und 2025 mit 34,4 Milliarden Euro an Steuereinnahmen rechnen. Netto ergeben sich laut aktueller Steuerschätzung 2022 zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten von 177 Millionen Euro, 2023 sind es 111 Millionen Euro.
Nach der Steuerschätzung im Mai hatte Hilbers das Land angesichts befürchteter ausbleibender Steuereinnahmen in der Corona-Krise auf einen Sparkurs eingeschworen. In den vergangenen Jahren war das Landesbudget - gespeist von sprudelnden Steuereinnahmen - kräftig angewachsen.
Laut aktueller Steuerschätzung werden die Erwartungen auch für die niedersächsischen Gemeinden nach oben korrigiert. Im Vergleich zur Mai-Schätzung ergeben sich rechnerisch Zuwächse von 484 Millionen Euro für die Städte im laufenden Jahr, 481 Millionen Euro im kommenden Jahr, 2023 sollen es dann 258 Millionen Euro sein, 2024 immerhin 193 Millionen Euro und 2025 dann 192 Millionen Euro.
Angesichts der erwarteten Mehreinnahmen forderte der niedersächsische Beamtenbund, "entsprechend positive Signale in Richtung des öffentlichen Dienstes" zu senden. Beamtenbund-Landeschef Alexander Zimbehl wertete die Steuerschätzung als eine klare Aufforderung an die Landesregierung, in den Tarifgesprächen für die rund 220 000 Landesbeschäftigten "endlich" ein angemessenes Angebot vorzulegen.
Auch die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi forderte ein Ende der "Blockadehaltung" des Finanzministers im Tarifstreit der Länder. Die Haushaltspläne in Niedersachsen müssten nachgebessert werden, mahnte der Verdi-Landesbezirksleiter Detlef Ahting. Die Arbeitgeber hätten kein Angebot für die Beschäftigten der Länder vorgelegt. Ahting sagte: "Insbesondere die Kolleginnen und Kollegen im Gesundheitswesen der Länder haben die warmen Sonntagsreden satt." Der Deutsche Gewerkschaftsbund erwartet ebenfalls ein "angemessenes Angebot": "Die Zeit der Ausreden ist endgültig vorbei", betonte Niedersachsens DGB-Chef Mehrdad Payandeh. "Die bisherige Blockadehaltung des Finanzministers ist respektlos."
Der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im niedersächsischen Landtag, Christian Grascha, forderte "weiter haushaltspolitische Zurückhaltung". Die Ankündigung, die zusätzlichen Mittel zu nutzen, um weniger Schulden aufzunehmen, "darf keine heiße Luft bleiben", forderte er.
Die Fraktionschefin der Grünen im Landtag, Julia Hamburg, rief dazu auf, den Haushaltsentwurf für 2022 und 2023 "dringend" zu korrigieren und geplante Einschnitte zu streichen. Die Große Koalition solle den Weg für überfällige Investitionen frei machen, auch müsse ein Niedersachsenfonds zur Anschubfinanzierung für eine klimagerechte Zukunft der Wirtschaft aufgelegt werden.