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Hannover schränkt Wassernutzung wegen Dürre ein – übertrieben oder richtig?


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Region schränkt Wasserverbrauch ein
Beginnt jetzt der Kampf ums Grundwasser?

  • Patrick Schiller ist t-online Regio Redakteur in Hannover.
InterviewVon Patrick Schiller

Aktualisiert am 02.07.2023Lesedauer: 4 Min.
Bewässerung auf AckerflächenVergrößern des Bildes
Ein Maisfeld wird bewässert (Archivbild): Der Klimawandel führt zu immer drastischeren Auswirkungen. (Quelle: Julian Stratenschulte/dpa/Symbolbild/dpa)
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Die Region Hannover schränkt wegen des knapper werdenden Grundwasserspiegels erstmals den Wasserverbrauch ein. Im t-online-Interview spricht Regionspräsident Steffen Krach über die Gründe.

Die Folgen des Klimawandels sind in der Region Hannover spürbar: Die anhaltende Dürre führt dazu, dass das Grundwasser immer knapper wird und somit auch 1,2 Millionen Einwohner betroffen sind. Um diesem Problem entgegenzuwirken, hat die Region Hannover zum ersten Mal eine Allgemeinverfügung erlassen, die den Wasserverbrauch in Hannover und den Umlandskommunen einschränkt.

Ab dem 6. Juli 2023 dürfen bei Temperaturen ab 24 Grad Celsius in der Zeit von 11 bis 18 Uhr keine land- und forstwirtschaftlichen Flächen, öffentlichen und privaten Grünanlagen wie Gärten und Parks sowie Sportanlagen (Tennis, Fußball, Golf) mit stationären und mobilen Anlagen bewässert werden. "Wir haben eine historische Dürre in Folge der Klimakrise", begründete die Regionsverwaltung die Maßnahme. Mehr dazu lesen Sie hier.

Die Verordnung sorgt jedoch für gemischte Reaktionen: Während ein Großteil der Einwohner Verständnis für diese Entscheidung zeigt, haben Landwirte, Sportvereine und Golfplatzbesitzer Bedenken geäußert.

Mit t-online spricht der Verwaltungschef der Region Hannover, Regionspräsident Steffen Krach (SPD), ausführlich über die umstrittene Maßnahme.

t-online: Herr Krach, mit der geplanten Allgemeinverfügung zur Einschränkung des Wasserverbrauchs in der Region Hannover wollen Sie die Bewohner zum sparsamen Umgang mit Wasser zwingen. Wie bewerten Sie die gemischten Reaktionen, darauf?

Steffen Krach: Der Großteil der Einwohnerinnen und Einwohner in der Region Hannover hat Verständnis für die Maßnahmen. Natürlich gibt es auch kritische Stimmen, was ich auch nachvollziehen kann. Denn für einige Berufsgruppen ändert sich dadurch der tägliche Arbeitsablauf. Aber eines muss auch klar sein: Wir treffen diese Einschränkungen nicht, um irgendjemanden zu ärgern, sondern weil es die aktuelle klimatische Lage nicht anders hergibt. Wir haben historisch niedrige Grundwasserspiegel, das kann man nicht einfach so auf sich beruhen lassen.

(Quelle: Region Hannover)

Die Region Hannover

Mit einer Fläche von über 2.300 Quadratkilometern und einer Bevölkerung von etwa 1,2 Millionen Menschen ist die Region Hannover der größte Kommunalverband in Niedersachsen und flächenmäßig größer als das Land Berlin. Sie übernimmt die Aufgaben einer Kreisverwaltung. Die Regionsversammlung ist das wichtigste politische Gremium und besteht aus 85 Politikerinnen und Politikern – darunter dem Regionspräsidenten, der direkt von der Bevölkerung gewählt wird. Seit November 2021 bekleidet Steffen Krach (SPD) dieses Amt.

Landwirte und Sportvereine äußern Skepsis und Bedenken bezüglich der neuen Vorschriften. Landwirte befürchten beispielsweise, dass ihre Felder nicht mehr ausreichend bewässert werden können und sich ihr Arbeitsaufwand erheblich verlängert. Wie begegnen Sie diesen Bedenken?

Mit Offenheit. Man muss die Bedenken ernst nehmen – sie sind ja auch nicht unbegründet. Aber wir sind beispielsweise in engem Dialog mit dem Landvolk, um auch diejenigen, die täglich die Herausforderungen der Bewässerung vor der Brust haben, zu hören. Es sind Eingriffe, da kann man nicht drum herumreden. Aber klar ist auch, dass Bewässerung in den von uns genannten Zeiten nicht effizient sind, da das Wasser ohnehin zu großen Teilen direkt wieder verdampft.

Beginnt in der Region Hannover bereits das Abwägen zwischen Trinkwasser und Grundwasser für Nahrungsmittel, Herr Krach?

Unsere Leute prüfen fortlaufend, was sinnvoll ist und was nicht. Aber ich halte nichts davon, jetzt zu spekulieren, was in Zukunft noch passieren könnte, das wäre nicht seriös. Jetzt schauen wir erst einmal, wie die kommenden Wochen laufen und entscheiden dann.

Niedersachsen: Dürremonitor Gesamtboden

Auch Sportvereine stehen vor der Herausforderung, ihre Rasenflächen zu bewässern. Wie wollen Sie sicherstellen, dass die neuen Vorschriften nicht zu einer Beeinträchtigung der Sportaktivitäten führen?

Natürlich sind auch die Sportvereine von der Allgemeinverfügung betroffen – doch der Grundwasserspiegel ist für alle gering – sowohl für Privatmenschen als auch für Sportvereine und auch für Landwirte. Da können wir keine Ausnahmen machen.

Golfplatzbesitzer halten dagegen, bereits jetzt ihren Wasserverbrauch gering zu halten. Gibt es bestimmte Maßnahmen, die Sie auch anderen Sport- und Freizeiteinrichtungen empfehlen würden?

Unsere Expertinnen und Experten – und auch die anderer Regionen – sind sich da einig: Es ist besonders effizient, zu Randzeiten eines Tages, wenn die Sonne noch nicht in ihrem Zenit steht, zu wässern. Das ist auch für Privatpersonen die sparsamste Methode, um über den Sommer zu kommen. Die Menschen in Kleingärten wissen das aber auch und halten sich ohnehin an die Randzeiten.

Tatsächlich geben viele Kleingärtner an, ihre Beete ohnehin nur morgens und abends zu gießen. Wie können Sie sicherstellen, dass auch andere Gartenbesitzer sich an die neuen Regeln halten?

Hundertprozentig sicherstellen kann man das nicht, das ist klar. Das ist aber bei allen Allgemeinverfügungen so, daher setzen wir auf die Kooperationsbereitschaft der Einwohnerinnen und Einwohner. Aber dort, wo wir mitbekommen, dass sich Leute nicht an die Regeln halten, werden wir nachschauen und im Zweifelsfall die entsprechenden Strafen verhängen.

Welche Auswirkungen wird die Allgemeinverfügung auf die öffentlichen Grünflächen in Hannover haben? insbesondere auf die Bewässerung touristischer Highlights wie etwa der Herrenhäuser Gärten?

Die Pläne gelten auch für die öffentlichen Grünflächen – aber auch da ist es in der Regel so, dass die Kolleginnen und Kollegen diese ohnehin nur zu Randzeiten bewässern.

Wie wollen Sie Verständnis und Akzeptanz fördern?

Wir haben die Öffentlichkeit über die Presse informiert und setzen natürlich auch auf die sozialen Medien. Dort bekommen wir viele Rückfragen, das zeigt schon, wie groß das Interesse ist. Wenn Fragen aufkommen, sind wir natürlich schnellstmöglich dabei, diese auch zu beantworten. Wir sind über alle Kanäle erreichbar.

Inwiefern wird die Allgemeinverfügung zur Einschränkung des Wasserverbrauchs in Hannover Teil eines umfassenderen Konzepts zur nachhaltigen Wassernutzung und zur Bewältigung von Trockenheitsperioden in der Region sein?

Die Allgemeinverfügung ist nur ein Teil einer Gesamtstrategie, die wir aktuell ausarbeiten und bereits ausgearbeitet haben. Dazu gehört auch der Hitzeaktionsplan der Region Hannover, der der Bevölkerung wertvolle Hinweise und Verhaltensmaßnahmen bei extremen Wetterbedingungen im Sommer mit an die Hand gibt.

Und wie werden Sie die Auswirkungen der neuen Vorschriften auf den Wasserverbrauch und die damit verbundenen Entwicklungen überwachen und bewerten?

Unsere Fachleute monitoren das ganze Jahr über die aktuellen Entwicklungen, mit denen stehen Umweltdezernent Jens Palandt und auch ich in engem Kontakt. Wir werden immer wieder schauen, wie sich die Gesamtlage entwickelt und dann mit entsprechenden Anforderungen reagieren.

Herr Krach, vielen Dank für das Gespräch.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Steffen Krach
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