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Tödlicher TikTok-Trend: Kinder klettern auf Züge – Eltern, tut etwas!


Tödlicher TikTok-Trend
Eltern, legt das Smartphone weg!

  • Patrick Schiller ist t-online Regio Redakteur in Hannover.
MeinungVon Patrick Schiller

Aktualisiert am 18.04.2023Lesedauer: 3 Min.
Eine junge Frau macht ein Selfie an einem Bahngleis (Archivbild): Bei Hannover und in NRW haben zwei junge Menschen bei gefährlichen Mutproben schwere Verletzungen erlitten.Vergrößern des Bildes
Eine junge Frau macht ein Selfie an einem Bahngleis (Archivbild): Bei Hannover und in NRW haben zwei junge Menschen bei gefährlichen Mutproben schwere Verletzungen erlitten. (Quelle: urbazon/getty-images-bilder)
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In Hannover und in Schwerte haben sich zwei Jugendliche bei abenteuerlichen Aktionen verletzt – der Grund ist ein Internettrend. Nun sind Eltern in der Pflicht.

"Was, schon wieder?" – Erst Sonntagabend war ein 13-Jähriger in Langenhagen (Region Hannover) durch einen 15.000 Volt starken Stromschlag auf einem Güterwaggon lebensgefährlich verletzt worden. Und schon am Montagabend gleich der nächste Fall, diesmal auf einem Güterbahnhof in Schwerte (NRW): wieder ein Lichtbogen, wieder ein 13-Jähriger. Wieder Lebensgefahr. Sein Zustand ist am Dienstag weiterhin kritisch. Der Junge aus Hannover schwebt ebenfalls nach wie vor in akuter Lebensgefahr.

Dass sich Jugendliche in lebensgefährliche Situationen begeben, um Selfies und TikTok-Videos zu machen oder klassische "Mutproben" zu bestehen, kommt vor. Manche nennen dies unvernünftig oder leichtsinnig, andere kommentieren die Aktionen der Jugendlichen schlicht als irre – oder gar dumm.

Aber das sind sie nicht: Wir haben es stattdessen mit einem gravierenden Generationsdilemma zu tun, das sich in den Unglücken der vergangenen Tage zeigt. Die Art, wie die jüngere Generation mit sozialen Medien und der digitalen Welt umgeht, unterscheidet sich dramatisch von der, mit der wir als ältere Generationen aufgewachsen sind. Es ist wichtig, diesen Unterschied zu akzeptieren und die Jugendlichen bei ihren Herausforderungen zu begleiten, denen sie heute gegenüberstehen.

Social Media: Die Dopamin-Torte

Spektakuläre Aufnahmen auf Social Media liegen voll im Trend. Die meisten Likes bekommen aber die Posts, Bilder und Videos mit den waghalsigen Inszenierungen: Knapp entlang am Abgrund oder in einer gefährlichen Situation? Den zumeist jungen Menschen auf TikTok oder Instagram gefällt es, sie honorieren die Clips einander mit Likes, Follows oder digitalen Geschenken. Die Kirsche auf ihrer persönlichen Dopamin-Torte.

Nach den jüngsten Unglücken spricht die Bundespolizei Hannover mittlerweile gar von einem möglichen Nachahmungseffekt. Dort beobachtet man vor allem in den USA, dass sich Jugendliche in gefährliche Situationen auf Gleisen und Waggons begeben, um Selfies und Videos zu machen. Es ist klar, dass das Risiko von schweren Verletzungen oder gar dem Tod bei solchen Aktionen hoch ist. Doch in der scheinbar perfekten Instagram- und TikTok-Welt wird dies nicht abgebildet. Darüber können auch vorgeschaltete Videowarnungen nicht hinwegtäuschen.

Kinder und Jugendliche werden online immer wieder mit Mutproben konfrontiert, bei denen sich die Teilnehmenden filmen – sogenannte Challenges. Sie reichen von harmlosen Herausforderungen, für die man Ausdauer oder Geschicklichkeit benötigt, bis zu riskanten Challenges, die schwere gesundheitliche Schäden zur Folge haben können.

Ob die bei den aktuellen Vorfällen auch einen Hintergrund darstellen, wird sich im Laufe der Ermittlungen zeigen. Nach bisherigen Erkenntnissen der Polizei wollte zumindest der Junge aus Schwerte mit seiner älteren Schwester auf dem Gelände Fotos machen – sicherlich nicht nur für das private Fotoalbum. Dass solche Challenges auch tödlich ausgehen können, wird in dieser digitalen, cleanen Welt nicht abgebildet.

Weg mit dem Smartphone?

Hier werden Kinder und Jugendliche mit dem Smartphone zu oft allein und unter sich gelassen. Wen wundert es? Viele Eltern hängen ja auch auf den Spielplätzen im Beisein ihrer Kids oft genug selbst am Handy. Und dass vor allem Erwachsene Opfer von Phishing-Mails werden, ist kein Geheimnis. Vielen Jugendlichen würde dies als Digital Natives wohl eher nicht passieren.

Also: Smartphone weglegen, die Kinder raus aus der digitalen Blackbox holen und ihnen deutlich machen, welche Risiken manche Mutproben liefern können – ohne jedoch zu moralisieren.

Und wir als Gesellschaft müssen endlich eine konstruktive Debatte darüber führen, wie man jungen Menschen helfen kann, die Risiken des digitalen Zeitalters besser zu verstehen und sich darin zurechtzufinden. Das muss in Schule sowie Elternhaus geschehen und auch die Politik muss Verantwortung zeigen. Und wir müssen den Jugendlichen als Gesellschaft Raum, Zeit und Ressourcen zur Verfügung stellen, um weniger gefährliche Verhaltensweisen zu entwickeln – und trotzdem glücklich zu sein und Anerkennung zu finden.

Ein Anfang könnte es sein, wenn wir als Eltern ihnen wieder mehr Aufmerksamkeit schenken als unserem Smartphone.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • klicksafe.de: "Challenges – ein Social-Media-Phänomen"
  • socialmediadaily.de: TikTok-Challenge: Die 9 beliebtesten aller Zeiten
  • presseportal.de: Mitteilung der Bundespolizei Hannover vom 18. April 2023

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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