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"Instacop"-Affäre: Pistorius wegen dieser E-Mail unter Druck


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Polizistin liebt Neonazi
Wirbel um "Instacop": Diese E-Mail bringt Pistorius in Erklärungsnot


Aktualisiert am 01.07.2022Lesedauer: 3 Min.
Für Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) entwickelt sich der Fall um eine Polizei-Influencerin zum Politikum.Vergrößern des Bildes
Für Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) entwickelt sich der Fall um eine Polizei-Influencerin zum Politikum. (Quelle: localpic/Instagram (Montage)/imago-images-bilder)

Eine junge Kommissarin wirbt für die Polizei im Netz, liebt aber einen Neonazi. Warum hat das niemanden gestört? Eine E-Mail wirft Fragen auf.

Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) hat ein Problem: Sie heißt Anna J., und arbeitete bis vor Kurzem noch als "Instacop" für die Polizei von Hannover. Die Kommissarin hatte für die örtliche Polizei auf Instagram ihre Arbeit beworben – und ließ dabei aber ihr Privatleben außen vor. Kein Wunder: Ihr Lebensgefährte, Jannik R., ist Rechtsextremist.

Das hatte nun Konsequenzen: Der Account von Anna J., immerhin 8.500 Follower, wurde gesperrt. An diesem Freitag wurde zudem bekannt, dass die Kommissarin in den Innendienst versetzt worden ist: Als Hundeführerin darf J. vorläufig nicht mehr arbeiten. Doch damit ist der Fall nicht abgeschlossen – denn jetzt gibt es mehr Fragen als Antworten.

Hannover: Erste Hinweise gab es bereits im vergangenen Jahr

Ab wann wussten J.'s Kollegen von ihrer Beziehung zu dem Mann, der seit rund zehn Jahren in der rechtsextremen Szene von Ostwestfalen-Lippe gut vernetzt ist? Und wenn sie es schon seit Monaten wussten: Wieso durfte J. weiter prominent in den Medien und im Netz über ihre Arbeit plaudern?

Denn schon im vergangenen September hatte ein Hinweisgeber, der t-online bekannt ist, das Innenministerium vor der Beziehung von Anna J. gewarnt. Die Behörde schickte ihn weiter – an das Polizeidezernat Hannover. Dort bekam man von dem Hinweisgeber später auch noch eine E-Mail mit ausgewählten Screenshots, die das Verhältnis von J. zu dem Rechtsextremen R. eindeutig belegen.

Dass man innerhalb des Innenministeriums schon im vergangenen Jahr von J.'s rechtsextremen Lebenspartner wusste, bestätigte eine Sprecherin des Ministeriums t-online am Donnerstag. Warum gab es nicht dann schon Konsequenzen? Sondern erst neun Monate später, als der Fall dann durch einen Bericht eines Recherchekollektivs veröffentlicht wurde?

Was steht in der E-Mail an die Polizei?

In der fraglichen E-Mail vom 17. August 2021 mit insgesamt vier Anhängen, die bei der Polizei die Alarmglocken hätte schrillen lassen müssen, heißt es unter anderem: "Mir ist bei dem o.g. Instagram-Profil aufgefallen, dass die Diensthundeführerin Anna R. einen privaten Hund in ihrer Story teilt. "Bronson" gehöre ihrem Freund, schreibt sie unter ein Foto und beantwortet so eine ihr gestellte Frage nach der Herkunft des Hundes. Derselbe Hund findet sich auf der Instagram-Seite von Jannik R."

"R. hat sich mit mehreren Aktionen und Teilnahmen bei / mit klar rechten Organisationen und Demonstrationen einen Ruf in Minden und Porta erarbeitet. Strafrechtlich relevante Erkenntnisse über R. müssten ihrer bzw. der nordrhein-westfälischen Behörde vorliegen. Den Namen, den der Hund trägt, teilt er sich mit einer rechtsextremen Band aus Italien."

Erste Konsequenzen für Diensthundeführerin

Angehängte Screenshots zeigen dann auch Ausschnitte vom dienstlichen Account der Polizeihundeführerin. Auch Bilder vom Account von Jannik R. wurden beigefügt. Sie zeigen R. in typischer rechtsextreme Szenekleidung. Auch dabei Hund "Bronson", den J.'s Follower von ihrem Instagram-Account kennen.

Doch die vielen Belege führten zu keinen Konsequenzen: In der Polizei Hannover prüfte man J.'s Verhältnis, sei dann aber zu dem Ergebnis gelangt, dass "alles, was Anna J. auf Instagram macht, alles richtig und gut ist. Und dass die Erkenntnisse nicht dazu führen, dass man das in irgendeiner Form infrage stellen muss." So eine Sprecherin des Innenministeriums am Freitag während der Landespressekonferenz.

Völlig offen bleibt, warum die Diensthundeführerin nun aber doch in den Innendienst versetzt worden ist – wenn vor einem Jahr aus Sicht der Polizei doch alles "richtig und gut" war? Und das informierte Innenministerium sich aus der Sache raushielt?

Parteien im Landtag fordern Aufklärung

Diese Fragen setzten jetzt auch Innenminister Pistorius unter Druck. Im Landtag fordern nun gleich mehrere Fraktionen Aufklärung: CDU-Fraktionsvize Uwe Schünemann, immerhin Koalitionspartner von Pistorius, sagte der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung": "Der Innenminister muss jetzt schnellstmöglich und umfassend informieren, in welchem Umfang er den Verdachtsmomenten nachgegangen ist." Auch Grüne und FDP fordern Aufklärung durch Pistorius.

Bei der Polizeidirektion Hannover übt man sich derweil in Abwehrarbeit: Ein Sprecher sagte t-online am Donnerstag: "Rechtsextremismus hat in keiner Form Platz in der niedersächsischen Polizei." Polizistinnen und Polizisten würden schon in der Ausbildung sensibilisiert für extremistische und populistische Einflüsse. Jedem Verdacht auf eine extremistische Gesinnung werde konsequent nachgegangen.

Trotz gegenwärtiger Untersuchungen ist Anna J. auch an diesem Freitag noch auf Fotos des offiziellen Instagram-Accounts der Polizei Hannover zu sehen.

Verwendete Quellen
  • E-Mail-Verkehr und Telefonat mit Hinweisgeberin
  • Eigene Recherche
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