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Explosion in Ratingen: Fünf Einsatzkräfte wegen Behördenversagen im Koma?


Dramatischer Funkruf in Ratingen
Fünf Einsatzkräfte wegen Behördenversagens im Koma?

Von t-online, mtt

Aktualisiert am 13.05.2023Lesedauer: 3 Min.
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Explosion in Hochhaus: Die Einsatzkräfte waren zuvor wegen eines Notrufs zu der Adresse gefahren. (Quelle: reuters)
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Die Horror-Attacke von Ratingen: Kaum standen Feuerwehr und Polizei vor der Tür, traf sie ein Feuerball. Offenbar wussten sie nichts von der lauernden Gefahr.

Sie kamen, um zu helfen: Als die Einsatzkräfte am Donnerstag in Ratingen vor einer verschlossenen Wohnungstür standen, vermuteten sie drinnen eine Person, die dringend Beistand brauchte. In dem Hochhaus quoll der Briefkasten einer Bewohnerin über, die Hausverwaltung hatte die Polizei alarmiert. Das Einsatzstichwort lautete: Verdacht auf "hilflose Person".

Doch als Polizei und Feuerwehr vor der Wohnungstür im 10. Stock standen, riss Frank P., der 57-jährige Sohn der Frau, plötzlich die Tür auf. Er spritze mit Benzin, etwas explodierte und ein Feuerball raste über die Einsatzkräfte hinweg. Nachbarn sahen Brandopfer, die in Unterwäsche aus dem Haus liefen.

Ratingen: Wieso war die Feuerwehr nicht gewarnt?

Die Flammen verbrannten fünf Feuerwehrleute und Rettungsdienstmitarbeiter so schwer, dass diese nun im künstlichen Koma liegen und in Spezialkliniken für Brandverletzte in Köln, Duisburg, Dortmund, Düsseldorf und Bochum behandelt werden. "Die Kollegen erlitten Verbrennungen von bis zu 40 Prozent der Körperoberfläche", teilte die Feuerwehr mit. Nach Angaben der Polizei von Donnerstagabend sind zudem eine 25-jährige Polizistin und ein 29 Jahre alter Polizist lebensgefährlich verletzt worden.

Jetzt stellt sich die Frage: Wurden die Einsatzkräfte unvorbereitet in die Feuerhölle geschickt – und das, obwohl die Behörden ahnen mussten, dass hinter der Tür große Gefahr lauert?

Tatverdächtiger wurde per Haftbefehl gesucht

Denn wie Polizei und Staatsanwaltschaft jetzt mitteilten, handelte es sich bei Frank P. um einen bekannten Gewalttäter. Er war bereits wegen drei Körperverletzungen aufgefallen, deshalb waren zwei Strafbefehle verhängt worden. Weil er eine Geldstrafe nicht bezahlt hatte, sollte er eine Ersatzfreiheitsstrafe antreten.

Vor einigen Tagen habe deshalb ein Beamter mit einem Vollstreckungshaftbefehl bei P. geklingelt, sagte der zuständige Landrat Thomas Hendele. Der Tatverdächtige machte aber nicht auf und der Beamte ging wieder.

Frank P. war wohl ein Prepper und Corona-Leugner

P. hat also wohl gewusst, dass demnächst mehr Beamte kommen würden – und sich offenbar vorbereitet. Der Mann, über den bekannt ist, dass er zur Corona-Leugner-Szene gehören und ein sogenannter Prepper sein soll, verbarrikadierte sich und stellte das Benzin bereit. "Ich gehe davon aus, dass das seit mindestens mehreren Tagen so durchdacht war", zitiert der "Spiegel" Kriminaldirektorin Heike Schultz.

Die Einsatzkräfte, die am Donnerstag wegen einer "hilflosen Person" zur Wohnung gerufen worden waren, hatten hingegen anscheinend keine Ahnung, dass ein gewalttätiger und per Haftbefehl gesuchter Mann auf der anderen Seite der Tür stehen könnte. Polizei und Staatsanwaltschaft räumten ein, dass die Helfer vor Ort nicht informiert waren. Feuerwehrsprecher René Schubert sagte, für seine Kollegen sei es ein Routine-Einsatz gewesen – bis die Situation auf einmal eskalierte. Die SPD-Opposition im nordrhein-westfälischen Landtag kündigte an, wegen des Falls eine Sondersitzung des Innenausschusses zu beantragen.

Funkspruch: Feuerwehr-Fahrer schrie um Hilfe

Funksprüche offenbaren das Entsetzen, das die unvermutete Attacke auslöste. Ein Feuerwehr-Fahrer "schrie um Hilfe", berichtete der "Merkur". Der Mann teilte mit, dass seine Kollegen verletzt seien. "Die Einsatzkräfte haben dann, selber brennend, den Ort verlassen", schilderte ein Polizeisprecher die Situation.

Einige verletzte Einsatzkräfte haben laut "Spiegel" grünliche Hautverfärbungen. Dafür könnten Stoffe verantwortlich sein, die P. dem bereitgestellten Benzin hinzufügte. Es werde noch untersucht, ob es sich um ein Gemisch mit weiteren Brandbeschleunigern gehandelt hat, teilten die Behörden mit. Der "Spiegel" schreibt, auch ätzende Substanzen könnten beigemischt gewesen sein.

Noch ein Todesfall im Hochhaus: Konnte Bewohner nicht geholfen werden?

Der Täter sitzt mittlerweile wegen versuchten Mordes in neun Fällen in U-Haft. Er sei keiner Arbeit nachgegangen und habe in der Wohnung mit seiner 91 Jahre alten Mutter gelebt, hieß es. In der Wohnung wurde eine Leiche gefunden, vermutlich die Mutter, die offenbar schon seit längerer Zeit tot war.

Im Zusammenhang mit dem Einsatz nach der Explosion sei es in dem Hochhaus möglicherweise zu einem weiteren Todesfall gekommen, hieß es. Ein älterer Mann, der in dem Haus gelebt habe, sei gestorben, bestätigte eine Polizeisprecherin. Nach Informationen des "Spiegel" hatte der Mann durch den mehrstündigen Einsatz in dem abgeriegelten Gebäude nicht medizinisch versorgt werden können. Ob der Tod tatsächlich durch den Einsatz bedingt war und dem 57-Jährigen ebenfalls juristisch anzulasten sei, werde noch geprüft, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft.

Verwendete Quellen
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
  • spiegel.de: "Ein Feuerball, Helfer im Koma und ein rätselhafter Täter"
  • merkur.de: "Zwei Leichen, Täter aus Prepper-Szene, dramatischer Funkspruch: Hintergründe zur Ratingen-Explosion"
  • presseportal.de: Mitteilung der Feuerwehr Ratingen vom 12. Mai 2023
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