Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Briefwahlchaos mit Ansage Dresden muss ausbaden, was in Berlin verbockt wurde
Die Probleme sind seit Wochen bekannt, doch wer sie ansprach, wurde verspottet. Den Städten bleibt jetzt nur noch Schadensbegrenzung. Die Demokratie wird dennoch beschädigt.
17 Tage. Mehr Zeit bleibt Dresdens Briefwählern nicht, um ihre Stimme für die Bundestagswahl abzugeben. Wer ausgedehnte Winterferien macht, hat keine Chance zu wählen. Aber auch für alle anderen bleibt nur genug Zeit, wenn alles reibungslos abläuft. Sollte etwa die Post aber Lieferschwierigkeiten haben, wird es knapp.
Dresden appelliert deshalb jetzt an seine Bürger, nur im Ausnahmefall Briefwahl zu beantragen. Die Stadt hofft, dass der straffe Zeitplan aufgeht, wenn weniger Briefwahlunterlagen gedruckt und verschickt werden müssen.
Wer jetzt mit dem Finger auf die Stadt zeigt, hat den falschen Schuldigen im Visier. Dass Dresden überhaupt einen konkreten und realistischen Zeitplan für den Versand der Briefwahlunterlagen vorgelegt hat, spricht eher für eine vorausschauende Planung. Bereits Mitte November begann das Rathaus mit den Vorbereitungen. Damit steht die Stadt im Vergleich zu anderen Kommunen, von denen viele noch gar keinen Termin genannt haben, gar nicht so schlecht da.
Klar ist: Alle Kommunen müssen nun ausbaden, was in Berlin verbockt wurde.
Die Probleme kamen mit Ansage
Denn bereits Anfang November warnte Bundeswahlleiterin Ruth Brand eindringlich vor Neuwahlen im Februar. Sie sah "eine hohe Gefahr, dass der Grundpfeiler der Demokratie und das Vertrauen in die Integrität der Wahl verletzt werden könnten".
Die Reaktion? Spott über den vermeintlichen Papiermangel. Die übrigen schwerwiegenden Bedenken der Bundeswahlleiterin wurden kaum diskutiert. Stattdessen ließ sich Olaf Scholz nur wenige Tage nach Eingang des Briefs im Kanzleramt von Friedrich Merz dazu drängen, die Vertrauensfrage früher zu stellen.
Rückblickend liest sich Brands Brandbrief wie eine Prophezeiung: Besonders alarmierend war ihre Sorge, dass "nicht nur in einzelnen Wahlbezirken, sondern in größerem Ausmaß" die ordnungsgemäße Durchführung der Wahl gefährdet sein könnte – sei es durch fehlende Wahlunterlagen oder unzureichend geschulte Wahlvorstände. Die aktuelle Situation in Dresden gibt ihr auf tragische Weise recht.
Wenn Rathäuser ihren Bürgern von der Briefwahl abraten müssen, klingt das, als wäre die Demokratie in Not. Es ist bitter, dass es so weit kommen musste. Aber wenn dadurch jene, die wirklich auf die Briefwahl angewiesen sind, eine bessere Chance auf ihre Unterlagen bekommen, ist die Forderung nachvollziehbar. Neben Dresden haben deshalb bereits Wuppertal und Bonn ähnliche Appelle formuliert. Wetten, dass es nicht die letzten Städte bleiben werden.
- spiegel.de: Bundeswahlleiterin warnt vor "unabwägbaren Risiken" bei einer Neuwahl im Januar
- bonn.de: Wahlamt empfiehlt persönliche Stimmabgabe im Wahlraum
- wdr.de: Bundestagswahl in Wuppertal: "Briefwahl nur, wenn unbedingt nötig"
- rbb24.de: Berliner Landeswahlleiter rät Briefwählern von Postversand ab
- sueddeutsche.de: Was Sie zur Bundestagswahl 2025 in München wissen sollten