Abgesang "Pegida hat zur Radikalisierung und Verrohung beigetragen"
Die islamfeindliche Pegida-Bewegung hat sich lange totgelaufen. Lutz Bachmann verabschiedet sich mit einer letzten Demo. Dagegen regt sich Widerstand auf dem Neumarkt.
Pegida hat das Ende des Straßenprotests angekündigt. Eine längst überfällige Entscheidung, meint der Dresdner Politikwissenschaftler Hans Vorländer. "Die Anliegen, die Pegida ursprünglich thematisiert oder über die Zeit in radikalisierter Form vorgetragen hat, sind von anderen politischen Kräften wie der AfD, den rechtsextremen Freien Sachsen oder der Identitären Bewegung aufgenommen und zum Teil verstärkt worden", sagte der Professor der Deutschen Presse-Agentur.
Hans Vorländer
ist Professor für Politikwissenschaft an der TU Dresden. Er befasst sich seit der Entstehung mit Pegida. 2016 hat er die erste systematische Analyse von Pegida auf der Basis empirischer Studien mitveröffentlicht.
Vieles davon habe Pegdia angestoßen. Andere griffen die Themen auf, verstärkten und radikalisierten sie. "Pegida hat den Diskurs verschoben, zur Radikalisierung, Enthemmung und Verrohung beigetragen und letztlich auch zu einer neuen Ost-West-Konfrontation in Deutschland."
"Gesundheitliche und finanzielle Gründe": Bachmann kündigt neue Protest-Formate an
Pegida entstand im Oktober 2014 und steht für "Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes". 2015 und 2016 brachte die Gruppierung an ihrem Entstehungsort Dresden Tausende Menschen auf die Straße. In anderen Städten fiel der Zuspruch deutlich geringer aus.
2021 stufte der Verfassungsschutz Pegida als extremistische Bewegung ein. Pegida-Chef Lutz Bachmann – mehrfach vorbestraft – wurde von den Verfassungsschützern zu diesem Zeitpunkt schon als Rechtsextremist bezeichnet. Erst im September wurde er wegen insgesamt drei Delikten zu zwei Bewährungsstrafen verurteilt.
Am vergangenen Wochenende hatte Bachmann in einem Video auf dem Messenger-Dienst Telegram den letzten Pegida-Protest auf der Straße für diesen Sonntag angekündigt – es ist der 10. Geburtstag der Bewegung. Aus gesundheitlichen und finanziellen Gründen müsse man die Reißleine ziehen.
Es brauche neue Ideen, Macher und Gesichter, sagte Bachmann. Man habe aber neue Formate entwickelt, die zeitnah an den Start gehen würden, etwa einen Podcast oder Beiträge in Radio und Fernsehen. Entsprechende Verhandlungen liefen noch.
"Pegida war auch Auslöser für Demonstranten auf der anderen Seite der Zivilgesellschaft"
Vorländer erinnerte daran, dass Pegida aber auch eine starke Welle von Gegenprotesten auslöste. Auch da habe es zum Teil Massendemonstrationen gegeben. "Pegida ist nicht nur ein Auslöser für Protestaktionen im Bereich der Rechtspopulisten und Rechtsextremen gewesen, sondern auch für Demonstranten auf der anderen Seite der Zivilgesellschaft."
Auch zur letzten Pegida-Demonstration am Sonntag sind bislang vier Gegendemonstrationen angemeldet. Das größte Gegenbündnis "Herz statt Hetze" mobilisiert ab 13.30 Uhr vor der Frauenkirche. Die Initiative "Hope – fight racism" startet um 12.30 Uhr vor dem Alaunpark und zieht dann ebenfalls in Richtung Neumarkt. Dort soll ab 14 Uhr Pegida auflaufen. Die Veranstalter rechnen mit bis zu 5.000 Teilnehmenden.
- Nachrichtenagentur dpa
- dresden.de: Versammlungen
- Eigene Recherchen