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Sachsen: Die umstrittensten Punkte im neuen Versammlungsgesetz


Kontroverse um Versammlungsrecht
Sachsens neues Demonstrations-Gesetz: Das ändert sich ab September


21.06.2024Lesedauer: 3 Min.
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Eine Sitzblockade in Dresden (Archivbild): Unter gewissen Voraussetzungen sind friedliche Störungen von anderen Demo-Aufzügen künftig nicht mehr strafbar.Vergrößern des Bildes
Eine Sitzblockade in Dresden (Archivbild): Unter gewissen Voraussetzungen sind friedliche Störungen von anderen Demo-Aufzügen künftig nicht mehr strafbar. (Quelle: Sven Ellger/imago-images-bilder)

Die sächsische Kenia-Koalition feiert das neue Versammlungsgesetz. Die Opposition aus Linken und AfD hat dagegen gestimmt. Das sind die umstrittenen Punkte.

Der Sächsische Landtag hat ein neues Versammlungsgesetz beschlossen. Ab dem 1. September regelt es, wie Demonstrationen im Freistaat ablaufen. Armin Schuster (CDU) hält es für das modernste seiner Art in Deutschland. Doch einige Änderungen wurden stark kritisiert.

Wirken sich die Änderungen auf Aufzüge von Fußballfans aus?

Bei einem umstrittenen Absatz der Neufassung liegt der Ärger im Detail. Bei einem Paragrafen zum Waffen- und Vermummungsverbot ist auf einmal nicht mehr von Versammlungen, sondern von Veranstaltungen unter freiem Himmel die Rede. Eine Formulierung, die dann nicht mehr nur auf politische Versammlungen angewendet werden könnte. "Diese Neuerung bietet ein Einfallstor für massive Repressionen, etwa bei Fußballfanaufzügen", kritisiert Landtagsabgeordnete Juliane Nagel (Die Linke).

Innenpolitiker Valentin Lippmann (Grüne) versichert hingegen, dass der Absatz in der Praxis kaum über Hochrisiko-Fußballspiele und Neonazi-Konzerte hinaus Anwendung finden dürfte.

Wie geht das Gesetz mit Demos ohne Versammlungsleiter um?

Während der Pandemie hat es sich in Sachsen eingebürgert, Corona-Protest ohne Versammlungsleiter auf die Straßen zu tragen. Meistens kannte die Polizei dann nicht einmal die Demoroute – die Protestzüge konnten trotzdem starten.

Das neue Versammlungsgesetz enthält für solche Situationen nun eine klare Regelung: Teilnehmer der Demo sollen vor Ort einen Versammlungsleiter aus ihren Reihen bestimmen. Gelingt das nicht, soll die Behörde den Ablauf regeln können. Mit dieser Neuerung hat das Innenministerium "gelebte Praxis in ein Gesetz" gegossen, sagte ein Ministeriumssprecher bereits vor wenigen Wochen.

Werden von Ordnern persönliche Daten gespeichert?

Das neue Versammlungsgesetz ermöglicht ebenfalls, persönliche Daten auch von Ordnern zu erheben und zu speichern – wenn von der Demo eine unmittelbare Gefahr für die Öffentlichkeit ausgehe. "Diese Datenüberprüfung ist bundesweit einmalig und passt eher in den Besteckkasten eines autoritären Staates", meint die linke Landtagsabgeordnete Nagel. Ein weiterer Kritikpunkt: Die erhobenen Daten dürfen bis zu zwei Jahre gespeichert werden.

Innenpolitiker Lippmann hält dagegen: Die Voraussetzungen, personenbezogene Daten abzufragen, seien weiterhin enorm hoch. "Erst wenn die Behörde zur Einschätzung kommt, dass von der Versammlung eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht, darf die Behörde die Daten der Ordner abfragen", sagt Grünenpolitiker Lippmann.

Sind friedliche Straßen-Blockaden künftig straffrei?

Ab dem 1. September sind Störungen anderer Demonstrationen – etwa durch friedliche Blockaden – nicht mehr so schnell strafrechtlich relevant. Bislang ist eine Störung bereits strafbar, wenn die Absicht besteht, nicht verbotene Versammlungen oder Aufzüge zu verhindern. "Fortan reicht eine (grobe) Störung nicht mehr aus", so Lippmann.

Zum einen muss die Aktion tatsächlich zur kompletten Verhinderung der Versammlung führen. Zum anderen muss die Störung die öffentliche Sicherheit gefährden. Vollkommen friedlicher Protest wäre davon nicht betroffen.

Für AfD-Innenpolitiker Sebastian Wippel liest sich diese Passage wie eine Drohung in Richtung des Veranstalters.

Schützt das neue Gesetz Journalisten besser?

Der Schutz von Medienvertretern bei Versammlungen ist jetzt ausdrücklich als Aufgabe der Behörden formuliert. Journalisten sollen sich demnach gegenüber der zuständigen Behörde oder dem Polizeivollzugsdienst zu erkennen geben, damit geeignete Schutzmaßnahmen ergriffen werden können.

Lars Radau vom Journalistenverband in Sachsen begrüßt die neue Regelung. Sie sei eine gute Grundlage, um die Sicherheit von Journalisten gerade bei der Demo-Berichterstattung zu verbessern. Radau weiter: "Die Praxis wird zeigen, ob die neue Regelung auch in der Fläche umgesetzt wird."

Verwendete Quellen
  • Antwort auf Anfrage an Grünen-Innenpolitiker Valentin Lippmann – per Mail eingegangen
  • Telefonat mit Pressestelle des Innenministeriums
  • Antwort auf Anfrage an Lars Radau, Geschäftsführer des DJV Sachsen – per Mail eingegangen
  • Antwort auf Anfrage an Landtagsabgeordnete der Linken Juliane Nagel – per Mail eingegangen
  • freipresse.de: Wird Demonstrieren in Sachsen ab 1. September wirklich leichter?
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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