Nach "Tag X" in Leipzig Innenminister lobt "sehr professionellen" Polizeieinsatz
War der Elf-Stunden-Kessel und Teile der Polizeitaktik rechtswidrig? Der sächsische Innenminister verteidigt den Einsatz im Innenausschuss.
Aus Sicht des Innenministeriums hat es während der Polizeieinsätze bei den Demonstrationen gegen die Verurteilung der Linksextremistin Lina E. keine grundsätzlichen taktischen Fehler gegeben. "Ich bin der festen Überzeugung, dass diese Einsatzführung die verhältnismäßigste Möglichkeit war, in Leipzig keine Scherben-Demo zu haben", sagte der sächsische Innenminister Armin Schuster (CDU) am Montag, nachdem der Innenausschuss in Dresden mehr als sechs Stunden getagt hatte.
Neun Tage nach dem sogenannten "Tag X" äußerte sich der Innenminister erstmalig detailliert zum Polizeieinsatz. Dass am betreffenden Wochenende in Leipzig so viele Veranstaltungen gleichzeitig stattfinden konnten, sei "das Ergebnis eines sehr professionellen Polizeieinsatzes" gewesen.
In Leipzig hatte es am Samstag vor gut einer Woche nach dem Urteil gegen Lina E. wegen linksextremistischer Gewalttaten heftige Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten gegeben. Die Einsatzkräfte kesselten einen Teil der Demonstranten ein, denen schwerer Landfriedensbruch vorgeworfen wurde.
Leipzig: Elfstündiger Kessel sei nicht geplant gewesen
Der Einsatz sorgte medial für viel Aufsehen und Kritik. Das stundenlange Festhalten von mehr als 1.000 Menschen und zum Teil Minderjährigen könnte aus Sicht der Kritiker rechtswidrig gewesen sein. Erst gegen 5 Uhr morgens wurden die letzten Menschen aus der polizeilichen Maßnahme entlassen. In einem MDR-Interview berichtete eine 17-Jährige, dass die Polizei den Kessel anfangs so eng gezogen hätten, dass "alle Haut an Haut aneinandergepresst standen".
Manche Teilnehmenden hätten schlecht Luft bekommen. Da die Menschen bis zu elf Stunden festgehalten wurden, hätten die Festgehaltenen Trinkwasser und Toiletten – aber kein Essen – zur Verfügung gestellt bekommen. Die 17-Jährige, die zehn Stunden festgehalten wurde, berichtet, dass die Leute, die auf Toilette waren, nicht wieder kamen, weshalb diese Möglichkeit nicht mehr genutzt worden seien.
Den Vorwurf, die Polizei habe die Situation eskalieren lassen, um das Laufen der Demonstranten von vornherein zu verhindern, wies Schuster zurück. Die Versammlungsbehörde und die Polizei haben aus Sicht des Ministers auf die angemeldete Versammlung mit Aufzug nicht brachial reagiert, sondern so angemessen und kooperativ reagiert wie immer.
"Man hat versucht, diese Versammlung stattfinden zu lassen, indem man gesagt hat: kein Aufzug, aber eine stationäre Versammlung." Die Stadt habe laut Schuster "alles versucht, Versammlungen zu ermöglichen". Dass diese Versammlung komplett aus dem Ruder gelaufen ist, habe nicht an der Polizei gelegen, sondern an den Übergriffen einiger gewaltbereiter Demonstranten.
Polizei Dresden prüft Anschuldigungen gegen Kollegen
Zudem seien die eingekesselten Menschen laut Schuster rechtzeitig aufgefordert worden, sich von den gewaltbereiten Demonstranten zu distanzieren. Eine elf Stunden dauernde Umschließung sei nicht das Ziel des Einsatzes gewesen.
Allerdings sei die Aufarbeitung nicht abgeschlossen: Die Polizeidirektion Dresden werde extern zu den Anschuldigungen gegen die Leipziger Kollegen ermitteln. Der Ausschussvorsitzende Ronald Pohle (CDU) sagte dem MDR, dass der Prozess noch nicht ganz beendet sei. Pohle könne das Verhalten der Einsatzkräfte persönlich nachvollziehen. In der heutigen Ausschusssitzung sei es vor allem darum gegangen, das Gesamtgeschehen sachlich herauszuarbeiten.
- Nachrichtenagentur dpa
- mdr.de: 17-Jährige: "Sie zogen den Kessel so eng, wir standen Haut an Haut aneinandergepresst"
- mdr.de: Krawalle am "Tag X": Innenminister Schuster sieht Eskalation bei Demonstranten
- Eigene Recherchen