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"Tag X" in Leipzig: Hunderte verbringen Nacht im Kessel – Verwirrung um Anzahl


"Tag X" in Leipzig
Hunderte verbringen Nacht im Kessel – Verwirrung um Zahlen

Von t-online, yer

Aktualisiert am 04.06.2023Lesedauer: 2 Min.
Proteste nach Urteil gegen Lina E. - LeipzigVergrößern des Bildes
Demonstranten stehen im Polizeikessel: Die Polizei wirft ihnen schweren Landfriedensbruch vor. (Quelle: Sebastian Willnow/dpa/dpa)

Nach Ausschreitungen in Leipzig kesselte die Polizei hunderte Menschen ein. Die Maßnahme dauerte bis in die Morgenstunden. Es gibt Lob und Kritik für die Einsatzkräfte.

Nach der gestoppten Demonstration und Ausschreitungen am Samstag in Leipzig gibt es Lob und Kritik für das Vorgehen der Polizei. Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) dankte den Einsatzkräften und verteidigte die Entscheidung, zwei Demonstrationen zu verbieten. So sei es möglich gewesen, trotz der "fürchterlichen Vorkommnisse" die Stadt lebensfähig zu halten.

Jungs Parteikollege Albrecht Pallas, der für die SPD im sächsischen Landtag sitzt, kritisierte das Vorgehen der Polizei dagegen. Er war der Polizeiführung eine "provozierende Herangehensweise" vor. Die Gewalt einiger Demonstranten sei inakzeptabel. Rund 1500 Menschen hätten am Samstag aber friedlich ihr Demonstrationsrecht wahrgenommen. Die Polizei sei etwa beim Abdrängen umstehender Menschen mit unnötiger Härte vorgegangen und habe viele Menschen stundenlang eingekesselt. Pallas ist von Beruf Kriminalbeamter und war nach eigenen Angaben in Leipzig als parlamentarischer Beobachter selbst vor Ort.

Polizei korrigiert Zahl der Gekesselten massiv nach oben

Eine Demonstration in der Leipziger Südvorstadt war am frühen Abend eskaliert. Es gab Flaschen- und Steinwürfe auf Polizeikräfte. Die Polizei kesselte eine große Anzahl mutmaßlicher Randalierer ein und hielt diese teilweise die ganze Nacht fest. Ihnen wird schwerer Landfriedensbruch vorgeworfen. Erst gegen 5 Uhr morgens wurden die letzten Menschen aus der polizeilichen Maßnahme entlassen.

Verwirrung gab es um die Anzahl der Menschen, die von der Polizei eingekesselt wurden. Am Samstagabend hatten Polizeisprecher noch von etwa 300 bis 400 festgehaltenen Personen gesprochen. Auch mehrere Reporter vor Ort hatten die Anzahl ähnlich eingeschätzt. Am Sonntag korrigierte die Polizei ihre Angaben massiv nach oben. Jetzt heißt es, dass etwa 1000 Personen im Kessel gewesen seien. Aufgrund der "schlechten Einsehbarkeit" des Geländes und der dynamischen Situation habe man die Anzahl am Abend falsch eingeschätzt, sagte ein Polizeisprecher t-online.

50 Polizisten verletzt

Die Linksfraktion im sächsischen Landtag will das Vorgehen der Polizei am Samstag bei einer Demonstration in Leipzig zum Thema im Innenausschuss machen. Dazu werde ihre Fraktion am Montag eine Sondersitzung beantragen, teilte die Abgeordnete Kerstin Köditz am Sonntag auf Twitter mit. "Die Hintergründe der Grundrechtsverletzungen, besonders der Kessel, sind aufklärungsbedürftig." Das Innenministerium stehe in der Verantwortung.

Bei dem Einsatz waren nach Angaben der Polizei neben einer unbekannten Zahl Demonstranten etwa 50 Polizisten verletzt worden. Es hab demnach fast 30 Festnahmen, bei denen nun Haftantrag geprüft wird. Zudem wurden zwischen 40 und 50 Personen vorübergehend in Gewahrsam genommen.

Hintergrund der Proteste ist das Urteil gegen die Leipziger Studentin Lina E. und weitere Angeklagte. Sie waren wegen Überfällen auf vermeintliche oder tatsächliche Neonazis zu Haftstrafen verurteilt worden.

Verwendete Quellen
  • Mehrere Telefonate mit Sprechern der Polizei Leipzig
  • Reporter vor Ort
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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