Kampagne gegen sexuelle Vielfalt AfD will mit Penis-Teddy werben – das steckt dahinter
Die AfD Sachsen plant eine umstrittene Kampagne gegen queere Sexualerziehung. Sind solche Plakate auf Schulwegen überhaupt zulässig?
Die AfD-Landtagsfraktion plant eine Plakatkampagne entlang von Schulwegen, die sich gegen Familien- und Sexualerziehung in sächsischen Schulen richtet. Besonders scharfe Kritik übt die Partei an der "Schule der Vielfalt": einem bundesweiten Netzwerk, das sich 2009 in Nordrhein-Westfalen gegründet hat und mittlerweile rund 80 Schulen umfasst.
Aus Sicht der AfD ist das Netzwerk "Schule der Vielfalt" schnell erklärt: Es geht um "Genderideologie, Werbung für Geschlechtsumwandlungen und Frühsexualisierung", so AfD-Landeschef Jörg Urban am Mittwoch. Tatsächlich zielt das Antidiskriminierungsprogramm darauf ab, ein inklusives Bildungsumfeld zu schaffen. Anstelle von Indoktrination liegt der Fokus darauf, Äußerungen innerhalb der Schülerschaft aufzugreifen, einzuordnen und Stereotype abzubauen.
Plakatkampagne der AfD soll Ende Mai starten
Um Eltern "zu informieren", plant die AfD, sich etwa mit Bannern mit dem Bild eines Teddybären mit auffälligem männlichem Geschlechtsteil auf dem Schulweg zu positionieren und Schüler anzusprechen. Aber ist eine solche parteipolitische Aktion überhaupt an Schulen möglich?
Gemäß dem Sächsischen Straßengesetz ist für Plakate, die von politischen Parteien auf dem Schulweg platziert werden, eine genehmigungspflichtige Sondernutzung erforderlich. "Politische Parteien haben grundsätzlich keinen Rechtsanspruch auf die Erteilung einer entsprechenden Erlaubnis zum Aufhängen von Plakaten im öffentlichen Straßenraum", erklärt Juraprofessor Jochen Rozek von der Universität Leipzig t-online. Auf Schulgeländen sind diese laut Landesverwaltungsvorschrift ganz tabu.
Kultusministerium: Sexualerziehung wahrt "Schamgrenzen"
Im Herbst 2022 wurde das Leipziger Reclam-Gymnasium als erste ostdeutsche Schule in das Netzwerk "Schule der Vielfalt" aufgenommen. Laut dem Kultusministerium, das auf eine Anfrage der Leipziger Volkszeitung reagierte, erfolgt die Familien- und Sexualerziehung an der Schule geschlechtersensibel und altersangemessen, wobei die natürlichen Schamgrenzen der Schülerinnen und Schüler gewahrt bleiben.
Das Ministerium stellte zudem klar, dass ein Vetorecht der Eltern gegenüber Lehrplänen und Unterrichtsinhalten laut Schulgesetz nicht vorgesehen ist. Allerdings haben Eltern die Möglichkeit, über die Schulkonferenzen das Leben an der Schule aktiv mitzugestalten.
Doch der AfD geht es nicht ausschließlich um Inhalt oder Art und Weise: Da in Sachsen lediglich 17 diverse Menschen leben, hätte das Thema im Unterricht keine Berechtigung. Tatsächlich sind allein in Dresden 14 Personen im Melderegister als "divers" oder "ohne Angabe" erfasst. Hinzu kommt der Teil, der sich (noch) nicht umtragen ließ. Der Ethikrat schätzt, dass ungefähr 80.000 intergeschlechtliche Personen in Deutschland leben.
Das Bundesverfassungsgericht sprach in seinem Urteil zur dritten Option von möglicherweise bis zu 160.000 Betroffenen – also zwischen 0,1 und 0,2 Prozent der Deutschen. Zudem unterschlägt die AfD mit dieser Aussage, dass auch bei der bundesweiten Initiative die geschlechtliche Vielfalt nur einen Teilaspekt neben der sexuellen Vielfalt ausmacht.
- youtube.de: Video der AfD-Fraktion im Sächsischen Landtag
- Antwort von Jura-Professor Jochen Rozek auf t-online-Anfrage
- revosax.sachsen.de: Erlass zur Durchführung von Veranstaltungen mit Politikern an öffentlichen Schulen
- schule-der-vielfalt.org: Projekt
- lvz.de: Aktion gegen sexuelle Vielfalt an Schulen: Wie weit darf die AfD gehen?
- welt.de: So viele Menschen haben die dritte Geschlechtsoption genutzt