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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Bibel-Aussagen sind eindeutig" Experte klärt: Ist die Skandal-Predigt von der katholischen Lehre gedeckt?
Ein Leipziger Religionswissenschaftler ordnet die Weihnachtspredigt in Wittichenau ein. Die Aussagen der Bibel seien eindeutig. Doch wie sind sie heute auszulegen?
Transgender und Homosexualität seien nicht mit der "göttlichen Ordnung" in Einklang zu bringen, hieß es in Pater Joachim Wernersbachs Weihnachtspredigt. Das Benediktinerkloster Tholey im Saarland untersagte ihm wegen dieser Aussagen vorläufig jede Art der pastoralen Tätigkeit im Umland des Klosters. Auch der Görlitzer Bischof positionierte sich.
Dabei würde das konservativ-reaktionäre Familienbild des Paters – einschließlich der damit verbundenen Negationen – sicher von der katholischen Lehre abgedeckt, meint Horst Junginger, Lehrstuhlinhaber am Religionswissenschaftlichen Institut der Universität Leipzig und sagt: "Die Aussagen der Bibel zur Homosexualität sind eindeutig."
Modernistische Theologen gegen Traditionalisten
So steht im dritten Buch Moses: "Wenn jemand bei einem Manne (Knaben) liegt wie bei einer Frau, so ist das ein Gräuel und beide sollten des Todes sterben." Junginger erläutert dazu: "Weil sich die Familienverhältnisse seit Einführung der Zivilehe 1871 grundlegend verändert haben, versuchen 'modernistische' Theologen, die biblischen Texte daraufhin auszulegen. Umgekehrt sehen die Traditionalisten darin den Anfang vom Ende, auch wenn sie sich nicht mehr an den Wortlaut des zitierten Bibelverses halten."
Eine ganz andere Frage ist, ob diese Aussagen in eine Weihnachtspredigt gehören. In seiner Ansprache in der 6.000-Einwohner-Kleinstadt brauchte Pater Joachim Wernersbach keine zwei Sätze, um von der Geburt Christi zur Abtreibungsdebatte und letztlich zur Homo-Ehe überzuleiten: Jesus sei schließlich in einer Patchworkfamilie groß geworden, allerdings in einer, in der das klassische Familienkonzept Mann-Frau-Kind gewahrt wurde: "Gott hat uns Lebensweisen empfohlen, die natürlich und schön sind."
Besonders denen, "die an die traditionelle Familie glauben" und sich von "modernen schädlichen Strömungen" nicht beirren ließen, wünschte Pastor Joachim Wernersbach extra große Freude: "Genau deshalb ist Jesus auf die Welt gekommen, er will nicht, dass wir in Absurdistan landen, in einer Welt, die von Gott nichts mehr wissen will."
- Gespräch mit Horst Junginger des Religionswissenschaftlichen Instituts in Leipzig
- Eigene Recherchen
- Weihnachtspredigt von Pater Joachim Wernersbach