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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Nachruf auf die Manager-Legende Willi Lemke: Er formte Werder Bremen zum Bayern-Rivalen
Unter Willi Lemke feierte Werder Bremen die größten Erfolge seiner Vereinsgeschichte. Später prägte der Manager die Bremer Politik. Nun ist er mit 77 Jahren verstorben.
Willi Lemke ist tot. Der gebürtige Ostholsteiner starb am Montag an den Folgen einer Hirnblutung, wie seine Familie am Dienstag bekannt gegeben hat. Die Stadt Bremen und der SV Werder haben in ihm eine über viele Jahrzehnte hinweg prägende Figur verloren.
Die Geschichte zwischen Werder Bremen und Willi Lemke begann so, wie eine Beziehung zwischen Fan und Verein in vielen Fällen aussieht: 1975 wurde der Schleswig-Holsteiner, der wenige Jahre zuvor nach Bremen gezogen und seit 1974 Landesgeschäftsführer der SPD war, Mitglied. 1981 suchte Werder händeringend einen Nachfolger für Manager Rudi Assauer. Lemke überzeugte die Klubbosse um Franz Böhmert – und übernahm mit 35 Jahren die sportlichen Geschicke des Bundesliga-Aufsteigers.
Willi Lemke: Dauerstreit mit Uli Hoeneß
Gemeinsam mit Trainer Otto Rehhagel sollte Willi Lemke in den folgenden 14 Jahren die bis heute erfolgreichste Zeit der Werder-Historie mitgestalten. 1983 wurden die Grün-Weißen Vizemeister – punktgleich mit dem HSV, aber mit der um acht Tore schlechteren Tordifferenz. 1986 "gelang" Werder dasselbe Kunststück hinter dem FC Bayern. 1988 gewannen "König Otto" und "Werder-Willi" dann endlich die ersehnte Deutsche Meisterschaft. Ein weiterer Titel 1993, zwei DFB-Pokalsiege 1991 und 1994 sowie der Triumph im Europapokal der Pokalsieger 1992 folgten. Rehhagel verließ Werder Bremen nach der Vizemeisterschaft 1995 in Richtung München, Willi Lemke hörte 1999 nach einem weiteren Sieg im DFB-Pokal als Manager auf.
Spätestens ab 1985 war Werder Bremen der größte nationale Konkurrent des FC Bayern – und eine langjährige Fehde zwischen Willi Lemke und Uli Hoeneß nahm ihren Lauf. Die kleinen Bremer kämpften gegen die finanziell übermächtigen Münchner, der Norden gegen den Süden, allzu gerne trugen die Kontrahenten ihre Duelle in dieser Zeit in der Öffentlichkeit aus. Willi Lemke genoss sein Image als cleverer Manager und ließ sich gerne mit einem Telefon am Ohr fotografieren. Motto: Es gibt immer etwas zu erledigen.
Erst spät sprachen sich die Kontrahenten aus: "Ich bin jetzt 69, Uli ist jetzt 63. Da muss man das Kriegsbeil auch mal begraben können", sagte Willi Lemke 2015 dem TV-Sender Sky. 2016 war Uli Hoeneß dann sogar Gast auf Lemkes 70. Geburtstag.
Willi Lemke: Thomas Schaaf war sein letzter Werder-Coup
Als sich Willi Lemke 1999 aus dem operativen Geschäft zurückzog, war der Glanz der Jahre unter "König Otto" verschwunden. Werder wurde zwar Pokalsieger, blieb mit einem Punkt Vorsprung auf den Absteiger 1. FC Nürnberg jedoch nur denkbar knapp in der Bundesliga. Die Bayern wurden dagegen souverän Meister, 15 Punkte vor Bayer Leverkusen.
Willi Lemkes letzte große Entscheidung bewies dann noch einmal das erfolgreiche Gespür des legendären Werder-Managers: Mitten im Abstiegskampf feuerte er Trainer Felix Magath im Mai 1999, um den damaligen Trainer der Amateure zu den Profis zu holen. Der hörte auf den Namen Thomas Schaaf – und sollte mit einer Meisterschaft, drei Pokalsiegen und einem Uefa-Cup-Finale später der zweiterfolgreichste Werder-Trainer hinter Otto Rehhagel werden.
2008 wechselte Willi Lemke aus Bremen zu den Vereinten Nationen
Bis zum November 2016 blieb Willi Lemke Werder Bremen als Mitglied des Aufsichtsrats erhalten, dem er zwischen 2005 und 2014 vorstand. Beruflich konzentrierte sich Lemke ab 1999 auf die Politik: Bis Juni 2007 war er unter den Regierungschefs Henning Scherf und Jens Böhrnsen (beide SPD) Senator für Bildung und Wissenschaft, wechselte dann für einige Monate auf den Posten des Senators für Inneres und Sport. Zwischen 2008 und 2016 war Willi Lemke als UN-Sonderberater für Sport tätig.
- Eigene Recherche
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
- werder.de: Ehrenmitglied Willi Lemke