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LNG-Terminal Wilhelmshaven: So ist der Alltag im Hochsicherheitsbereich


Seit Dezember in Betrieb
So sieht der Alltag auf einem LNG-Terminal aus

Von dpa
Aktualisiert am 12.09.2023Lesedauer: 4 Min.
Luftaufnahme der "Höegh Esperanza" am LNG-Terminal Wilhelmshaven (Archivfoto): Seit Januar sind hier rund 30 LNG-Ladungen angekommen.Vergrößern des Bildes
Luftaufnahme der "Höegh Esperanza" am LNG-Terminal Wilhelmshaven (Archivfoto): Seit Januar sind hier rund 30 LNG-Ladungen angekommen. (Quelle: Stefan Rampfel/dpa)
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Unauffällig aus der Ferne, Hochsicherheitsbereich an Bord: So sieht der Alltag am LNG-Terminal in Wilhelmshaven aus.

Aus der Ferne vom Deich des friesischen Urlaubsortes Hooksiel scheint das erste deutsche LNG-Terminal kaum etwas größer als ein Schuhkarton. Die echten Ausmaße der schwimmenden Industrieanlage werden erst deutlich, wenn man sich über die rund 1,3 Kilometer lange Umschlagbrücke, die vom Deich zum Schiff führt, nähert: Das Spezialschiff "Höegh Esperanza" ist rund 300 Meter lang und 46 Meter breit – noch etwas höher ragt es aus der Jade empor.

Um den Koloss, der nun seit rund neun Monaten in der Nähe des Tiefwasserhafens JadeWeserPort in Wilhelmshaven liegt, ist ein Hochsicherheitsbereich eingerichtet worden. Zutritt haben neben der Crew nur wenige – selbst Bundeskanzler Olaf Scholz durfte bei der feierlichen Einweihung des Terminals im vergangenen Dezember dem Betreiber Uniper zufolge nur an, aber nicht auf das Schiff. Für eine Handvoll Journalisten machte Uniper nun kürzlich eine seltene Ausnahme.

Wer auf das Schiff darf, muss mehrere Treppen mit Dutzenden Stufen erklimmen. Ein Besatzungsmitglied mit orangenem Overall und weißem Helm öffnet schließlich eine weiße Gittertür: "Welcome on board", sagt er und führt an Deck. Rund 40 Besatzungsmitglieder arbeiten im Schichtbetrieb für mehrere Wochen auf der Industrieanlage - die Crew ist international zusammengesetzt, Kapitän und Offiziere sind Kroaten. Landgang ist für alle eher die Ausnahme.

Eine Lieferung für rund 50.000 Haushalte

Im Schnitt liefere alle acht Tage ein LNG-Tanker neues Flüssigerdgas in Wilhelmshaven an, sagt Thomas Hohmann. Er ist Geschäftsführer der LNG Terminal Wilhelmshaven GmbH, eine Tochtergesellschaft von Uniper, die im Auftrag der Bundesregierung die Betriebsführung des LNG-Terminals übernimmt. Vor neun Monaten, im Januar, kam der erste Tanker. Bis Ende des Jahres sollen es rund 50 Lieferungen sein.

Gerade hat Tanker Nummer 30 am Terminal festgemacht. Wie die "Attalos" kommen bisher fast alle LNG-Lieferungen aus den USA. Rund zwei Wochen war das Schiff vom Golf von Mexiko auf See bis es Wilhelmshaven erreichte. Umweltschützer kritisieren, dass das US-amerikanische Gas mit umstrittenen Fracking-Methoden gewonnen wird. An Bord haben die Tanker bis zu 170.000 Kubikmeter LNG. Diese Menge reicht laut Gasimporteur Uniper, um eine mittlere, deutsche Stadt mit 50.000 Haushalten ein Jahr lang mit Energie zu versorgen.

Neben Wilhelmshaven gibt es auch LNG-Terminals in Brunsbüttel in Schleswig-Holstein und in Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern. Bis zum Jahresende sollen noch zwei weitere hinzukommen: ein weiteres in Wilhelmshaven und eins in Stade. Die meisten Importe laufen bislang über Wilhelmshaven. Laut Uniper waren es bis Ende Juli rund 2,2 Milliarden Kubikmeter oder 25,3 Terawattstunden Gas.

Die Schiffsmotoren und Pumpen dröhnen

Allerdings machen die milliardenschweren LNG-Terminals insgesamt nur einen Bruchteil der deutschen Gasimporte aus. Im ersten Halbjahr 2023 importierte Deutschland insgesamt rund 526 Terawattstunden Gas.

Von der Brücke der "Höegh Esperanza" in gut 40 Metern Höhe lässt sich der Entladevorgang zumindest erahnen: Mehrere schwarze Gummibälle groß wie Treckerreifen hängen zwischen den Schiffen und halten sie auf Abstand. Die Schiffsmotoren und die Pumpen dröhnen. Über sechs weiße Schläuche an der Längsseite wird das Flüssigerdgas von der "Attalos" in vier Tanks unter Deck der "Esperanza" gepumpt.

Von oben betrachtet sehen das Spezialschiff und der LNG-Tanker ähnlich aus. Hunderte Meter Rohrleitungen verlaufen in verschiedenen Formationen über das Deck. "Was die beiden Schiffe unterscheidet, ist die Verdampfungseinheit", erklärt Uniper-Manager Hohmann.

Erdgas wird auf Minus 162 Grad heruntergekühlt

Denn um das von Tankern bei minus 162 Grad angelieferte verflüssigte Erdgas auf der "Höegh Esperanza" wieder in Gas umzuwandeln, muss es an Bord mithilfe von Nordseewasser erwärmt werden. Erst dann kann es über zwei Verladearme in das Erdgasnetz eingespeist werden. Für das Erwärmen gibt es hauptsächlich zwei Verfahren, erklärt Hohmann: einen offenen und einen geschlossenen Kreislauf.

Im offenen Kreislauf wird Nordseewasser als Wärmequelle genutzt, um das LNG zu verdampfen. Das geht bei einer Wassertemperatur ab 13 Grad. Bis vor etwa einem Monat lief die "Höegh Esperanza" noch im geschlossenen Kreislauf, bei dem Dampf aus Dampfkesseln zur Erwärmung des LNGs genutzt wird. In jeder Betriebsweise wird Seewasser benötigt, allerdings in unterschiedlichen Mengen.

Für Ärger bei Umweltverbänden sorgt dabei das Reinigungsverfahren. Denn damit die Seewassersysteme des Spezialschiffes nicht etwa mit Muscheln oder Seepocken zuwachsen, wird Biozid in Form von Chlor eingeleitet. Die Umweltschützer fürchten: Wenn kontinuierlich chlorhaltige Abwässer fließen, könnte das auf Dauer die Natur und Lebewesen im angrenzenden Weltnaturerbe Wattenmeer schädigen.

Umweltschützer fordern Umrüstung

Ein Bündnis von 17 Gruppen, das Netzwerk Energiedrehscheibe, fordert deshalb seit Monaten eine Umrüstung auf ein Reinigungsverfahren per Ultraschall. Es müsse von Uniper jetzt "Butter bei die Fische" gebracht werden, sagt die Wilhelmshavener Nabu-Vorsitzende Stefanie Eilers. "Es ist unerträglich bei den Gasfüllständen, die wir jetzt in unseren Speichern haben, dass da keine Umrüstung gemacht wird." Das Verfahren sei auf mehr als 600 Schiffen erprobt.

Der Betreiber und die Landesregierung verweisen darauf, dass gesetzliche Grenzwerte eingehalten würden und nur so wenig Chlor wie betriebstechnisch nötig zum Einsatz komme.

Uniper erklärt auf Nachfrage, dass eine Umrüstung gut überlegt und technisch sicher sein müsse. Denn sollte es zu Problemen bei der Reinigung kommen, müsste der Prozess des Verdampfens im schlimmsten Fall abgeschaltet werden. "Wir wollen die Ergebnisse der "Excelsior" einfließen lassen, bevor wir uns final entscheiden", sagt Manager Hohmann und verwies damit auf das zweite kommende LNG-Terminal in Wilhelmshaven. Dort soll das Ultraschallverfahren angewendet werden.

Schiff für zehn Jahre gechartert

Mittlerweile hat Uniper ein Minimierungskonzept zu den Einleitungen vorgelegt. Das hatte die niedersächsische Genehmigungsbehörde bis Ende August gefordert. Zum Inhalt machen Uniper und die Behörden bislang keine Angaben. Das gut 100 Seiten umfassende Konzept werde jetzt fachlich vom zuständigen Landesbetrieb NLWKN geprüft, teilte das Umweltministerium in Hannover auf Anfrage mit.

Die "Höegh Esperanza" ist für zehn Jahre gechartert – was aber nicht bedeute, dass sie auch so lange in Wilhelmshaven liegen bleiben müsse, heißt es von Uniper. Das Schiff könne auch als LNG-Tanker weiterverchartert werden.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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