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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Russischer Oligarch in Berlin Das ist die Villa von Putins "Held der Arbeit"
Um Russland wegen seines Angriffskriegs in der Ukraine unter Druck zu setzen, gibt es viele Möglichkeiten. Dazu gehören Sanktionen gegen Oligarchen. Doch die erweisen sich oft als schwierig. Auch in Berlin.
Hohe, dichte Eibenhecken. Ein Zaun, der kaum einen Blick auf das gepflegte Grundstück zulässt. So schützt der Oligarch Arkadi Rotenberg seine Villa am Entensteig im noblen Viertel Schmargendorf. Die Gegend ist von eleganten Villen geprägt, am Randstein parken Sportwagen neben teuren Geländewagen und Luxuslimousinen.
Dass die imposante Villa einem Vertrauten Putins gehört, ist von außen nicht zu erkennen. An dem Klingelschild steht kein Name. Das Grundstück wird von Kameras überwacht. Obwohl es gepflegt ist, wirkt es verlassen. Auf mehrfaches Klingeln hin passiert nichts auf dem 1.850 Quadratmeter großen Anwesen, niemand ist da. Auch von Gärtnern oder Haushältern keine Spur.
Berlin: Der Oligarch "ist ein netter Mann"
Doch wer hier zumindest zeitweise wohnte, hat sich inzwischen rumgesprochen. "Ja, das ist die Villa von Arkadi Rotenberg", bestätigt ein Anwohner. "Er ist ein netter Mann. Aber ich habe ihn seit Jahren nicht gesehen." Nur Personal komme regelmäßig, um das Haus und das Grundstück in Schuss zu halten, die Hecken zu beschneiden. Die meisten Anwohner geben vor, nichts über den Oligarchen und seine Villa zu wissen – oder weigern sich, darüber zu sprechen.
Besonders die Nachbarn mit Russisch klingenden Namen am Klingelschild halten sich bedeckt. Auf hartnäckige Nachfrage berichtet eine Nachbarin des Mannes, er habe Gerüchten zufolge die Villa vor einem Jahr verkauft. Eine Bestätigung dafür gibt es nicht.
Für rund 1,8 Millionen Euro soll das Grundstück damals gekauft worden sein – von Rotenbergs Tochter Lilija. Jedoch nicht im eigenen Namen, sondern für eine Berliner Firma. Die genauen Besitzverhältnisse zu verschleiern, hat Methode. Stehen Ehefrauen, Kinder oder Briefkastenfirmen im Grundbuch, ist es für die Behörden deutlich schwieriger, die Oligarchen mit Sanktionen zu treffen. Wie sollen diese gegen Einzelpersonen durchgesetzt werden, wenn sie kaum zu ermitteln sind?
Doch wer ist Arkadi Rotenberg? Der Oligarch gilt als einer der reichsten Russen. Er gilt als ein enger Vertrauter des Kremlchefs. Wie Putin stamme er aus Sankt Petersburg, beide begeistern sich für Judo. Bereits in den 1960er Jahren sollen sich die beiden kennengelernt haben. Während Putin zum Staatenlenker wurde, avancierte Rotenberg zum "König der Staatsaufträge".
"Held der Arbeit" für umstrittene Staatsaufträge
Der Unternehmer ist in vielen Bereichen tätig, vom Baugewerbe bis hin zum Bankwesen. Auch haben Rotenbergs Firmen unter umstrittenen Umständen Aufträge für den Umbau des Moskauer Flughafens Scheremetjewo und bei den Olympischen Spielen in Sotschi bekommen. Und: Seine Firmengruppe baute für Putin eine 19 Kilometer lange Brücke von der annektierten Krim zum russischen Festland. Von Putin bekam er dafür den begehrten Titel "Held der Arbeit" – Die EU setzte ihn deshalb seit 2014 auf ihre Sanktionsliste.
Dennoch konnte er wohl weiterhin auf dem Berliner Immobilienmarkt Geschäfte machen – und seine Spuren verwischen. Eine Recherche des "Spiegel" ergab, dass die Villa in Schmargendorf über seine Tochter Lilija und eine Firma auf Zypern erstanden wurde, die zumindest zeitweise Rotenberg zugerechnet wurde. Auch bei mindestens drei weiteren Immobilien in exklusiver Lage sollen der Oligarch und seine Familie die Finger im Spiel haben. Doch so genau lässt sich das schwer sagen.
- Reporter vor Ort
- Eigene Recherchen
- "Frankfurter Rundschau": "Wladimir Putin: Diese Luxusimmobilien in Deutschland soll der Kreml-Chef besitzen"
- rbb: "Russland-Sanktionen prallen an Berliner Immobilienmarkt ab"
- "Euronews": "Putins Palast: Wer ist Milliardär Arkadi Rotenberg"
- "Der Spiegel": "Das sind die Berliner Luxusvillen der russischen Elite"